Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 3 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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er regte ihre Lebensgeister an.

      »Jetzt sage etwas dazu«, forderte sie ihr Vater auf.

      Tina lehnte sich an den Küchenschrank und verschränkte die Arme vor dem Körper. Sie schaute auf ihre Schuhspitzen. Sie räusperte sich einige Male. Dann sagte sie leise, ohne ihre Eltern dabei anzusehen.

      »Ich kann net verstehen, dass alles, was ihr mir gesagt habt, nimmer gelten sollt. Es hieß immer, ein Gerstmair verlässt seinen Hof nur im Sarg, mit den Füßen nach vorne. Und jetzt soll auf einmal alles anders sein? Wir sollen packen und fortziehen. Das verstehe ich nicht. Mei, wenn das Dach undicht ist, dann lassen wir es machen. Ich habe gespart, das wisst ihr. Und das mit der Modernisierung von den Fremdenzimmern, das bekommen wir auch hin. Wir müssen ja nicht alles auf einmal machen. Wir machen es nacheinander, wie wir eben Geld haben. Wir müssen keine Hypothek auf das Haus nehmen, wenn ihr nicht wollt.«

      Ihr Vater schmunzelte. »Tina, das ist sicherlich gut von dir gemeint. Aber das kommt nicht in Frage.«

      »Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen«, sagte Tina hart.

      »Tina, stelle dich doch deinem Glück nicht in den Weg. Deine Mutter und ich wollen nicht, dass es dir so geht wie uns und du dich so plagen musst. Du sollst net als erstes in deinem Leben an den Hof denken müssen, wie wir es immer tun muss­ten. Immer kam erst der Hof und dann die Leut’. Verstehst denn gar net, Tina?«

      »Was du sagst, klingt logisch, Vater. Das streite ich nicht ab. Aber im Leben kann es doch nicht nur nach Logik gehen und danach, was profitabel ist. Es gibt doch auch noch etwas anderes. Ich bin hier groß geworden. Ich dachte immer, dass ich hier bleibe, bis ich alt bin und der Herrgott mich zu sich ruft.«

      Tina spürte wieder den Kloß im Hals. Sie ging zum Spülbecken und trank ein Glas Wasser.

      »Es gibt ein Sprichwort. Ihr habt es mir immer gesagt. Es lautet: ›Einen alten Baum verpflanzt man nicht‹. Aber es gibt auch junge Bäume, die in fremder Erde keine Wurzeln bilden und sich niemals mehr festigen können. Ich will nicht von hier fort. Ich bin doch hier daheim! Ich käme mir wie ein Flüchtling vor, dem man die Heimat genommen hat. Es ist, als würde ich mein Herz verlieren.«

      »Tina, jetzt tust übertreiben!«, sagte ihr Vater hart. »Du bist immer noch in Waldkogel und den schönen Bergen. Wir wohnen nur in einem anderen Haus.«

      »Trotzdem! Könnt ihr mich denn gar nicht verstehen?«

      Franz Gerstmair wäre am liebsten aufgesprungen und hätte seine Tochter in den Arm genommen und getröstet, wie er es immer gemacht hatte, als sie noch ein Kind war. Kleine Kinder kleine Sorgen, große Kinder große Sorgen, dachte er.

      »Tina, wir verstehen, dass dich des mitnehmen tut. Es kam ja alles so überraschend für dich. Wir wollten erst mal alle Fakten zusammentragen, bevor wir mit dir reden. Du bist doch immer die, die sagt, dass man sich eine Sache genau ansehen und die Zahlen prüfen muss. Deshalb haben wir den Besitz schätzen lassen und gründlich überlegt. Wir hatten die Hoffnung, dass du es einsiehst.«

      Tina zuckte hilflos mit den Achseln.

      »Ich weiß, was du sagen willst, Vater. Wärt ihr nicht mein Vater und meine Mutter, sondern Klienten in der Steuerkanzlei, dann wäre die Sache klar. Aber das seid ihr nicht, und ich bin euer Madl, und das ist meine Heimat. Hier geht es nicht nur um Zahlen und was sinnvoll und profitabel ist. Es geht um etwas, für das es in keiner Bilanz eine Rubrik gibt und das doch so groß und so wichtig im Leben ist – es geht um Heimat. Ich will nicht, dass der Hof verkauft wird. Selbst wenn wir so viel Geld dafür bekämen, dass wir Graf Tassilo sein Waldschlösschen abkaufen oder uns ein Hochhaus in der Landeshauptstadt kaufen könnten, auch wenn wir so viel Geld bekämen, dass ich nie mehr arbeiten müsste – wollte ich es nicht.«

      Tränen hingen an ihren Wimpern, als sie leise sagte: »Heimat kann man mit keinem Geld der Welt kaufen! Wenn man eine Heimat hat, dann sollte man alles tun, damit sie erhalten bleibt. Nur wirkliche Heimat bietet Schutz und Geborgenheit. Und der Gerstmair Hof ist doch unser aller Heimat oder?«

      Tinas Eltern schwiegen. Ihr Vater trank einen Schluck Bier. Auch sein Herz war schwer.

      »Tina, ich verstehe dich, aber …«

      »Aber – ich will kein ›Aber‹ hören! Das gebe ich euch auch schriftlich! Wenn ihr denkt, dass ihr jemals dafür meine Zustimmung bekommt, dann irrt ihr euch gewaltig. Ich werde für den Hof kämpfen, für meine Heimat. Ich will kein neues Mehrfamilienhaus. Ich will hierbleiben. Wenn euch der Hof zu sehr belastet, dann überschreibt ihn mir. Ich komme damit klar. Ich lasse das Dach neu decken, noch vor dem Winter. Wir haben in der Steuerkanzlei einen Klienten, der hat eine Dachdeckerei. Er macht mir bestimmt einen guten Preis. Außerdem gibt es viele Arbeiten, die man vorher schon machen kann. Ich trommele die Burschen meines Jahrgangs zusammen. Wenn das Gerüst steht, dann helfen alle, das Dach abzudecken. Anschließend machen wir ein großes Hoffest mit Bier vom Fass und Musik und Tanz. Ich bin mir sicher, dass die Burschen mir alle helfen.«

      Ihre Eltern schwiegen. Tina betrachtete sie.

      »Nun sagt doch etwas!«, flehte Tina.

      Ihre Eltern schauten sich an.

      »Ihr wollte, auf jeden Fall verkaufen, wie?«, fragte sie mit zögerlicher Stimme, in der so viel Angst, Trauer und der Schmerz des angekündigten Verlustes mitschwang.

      »Madl, wir verkaufen nicht heute und nicht morgen. Erst müssen wir das Gutachten abwarten, das die Immobilienhändlerin angefordert hat. Das kann dauern. Bis dorthin hast du vielleicht einen anderen Standpunkt. Du hast Zeit, dich mit dem Gedanken vertraut zu machen. Wir verstehen ja, dass des für dich ein Schock ist.«

      »Vater, Mutter, es ist mehr als ein Schock! Es ist für mich wie ein Weltuntergang.«

      »Der Himmel stehe uns bei! Du weißt net, was du da sagst, Tina. Es gibt eine Menge Leut’, die haben keinen Hof und kein Haus. Die ziehen in ihrem Leben öfters um. Sie sind auch glücklich und fühlen sich bestimmt nicht heimatlos.«

      »Das sagst du so einfach, Vater!«

      Durch die offenen Küchenfenster drang das abendliche Angelusläuten.

      »Zeit fürs Abendessen«, sagte Tinas Mutter.

      Sie stand auf und begann, den Tisch zu decken. Es gab Wurst und Käse, dazu Tomaten aus dem Garten und Brot. Tina setzte sich an den Tisch. Ihr Vater sprach das Tischgebet. Dann aßen sie. Tina zeigte mit ihrer ganzen Körperhaltung, dass sie nichts weiter hören wollte. So schwiegen sie zu dem Thema. Rosel Gerstmair versuchte, ihren Mann und Tina in ein Gespräch über ein anderes Thema zu verwickeln. Aber es schlug fehl. So schwiegen sie weiter. Tina rieb sich mehrmals die Stirn.

      »Hast Kopfschmerzen?«, fragte ihre Mutter. »Willst eine Kopfwehpille?«

      »Gegen meine Kopfschmerzen hilft keine Pille. Gegen Heimatlosigkeit ist kein Kraut gewachsen und kein Doktor hat eine Arznei, die helfen kann.«

      Tinas Augen blitzten zornig auf.

      »Besonders, wenn die eigenen Eltern einem die Heimat fortnehmen. Aber gib schon eine Pille her, besser zwei Stück! Schlechter, als ich mich fühle, kann es mir nicht werden.«

      Ihre Mutter holte Tina zwei Kopfschmerztabletten und brachte ihr ein Glas Wasser.

      »Jetzt nimmst die Pillen und legst dich gleich hin. Morgen früh ist zum Glück

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