Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac страница 59
»Er hat so viele Geschäfte«, sagte Roguin.
»Die Geschäfte scheinen ihm wenig Manieren beigebracht zu haben«, sagte Frau Ragon zu Cäsarine. Roguin hörte diese Worte und legte den Finger auf die Lippen.
»Er ist reich, gewandt und außergewöhnlich zuverlässig«, sagte er und beugte sich dabei zu Frau Ragon herab.
»Bei solchen Eigenschaften kann man ihm schon manches zugute halten«, sagte Pillerault zu Ragon.
»Wir wollen den Vertrag vor dem Essen durchsehen,« sagte Roguin, »wir sind jetzt unter uns.«
13
Frau Ragon, Cäsarine und Konstanze hatten die Kontrahenten, Pillerault, Ragon, Cäsar, Roguin und Claparon, allein gelassen, denen Alexander Crottat jetzt den Vertrag vorlas. Cäsar unterzeichnete zugunsten eines Klienten Roguins Schuldscheine über vierzigtausend Franken, wofür eine Hypothek auf die Terrains und seine Fabrik im Faubourg du Temple eingetragen werden sollte; er übergab ferner Roguin Pilleraults Scheck auf die Bank und ohne Quittung zwanzigtausend Franken Wechsel aus seinem Portefeuille und für hundertvierzigtausend Franken Wechsel an die Order von Claparon.
»Ich brauche Ihnen keine Quittung darüber zu geben,« sagte Claparon, »Sie verrechnen sich Ihrerseits mit Herrn Roguin, wie wir uns unserseits. Die Verkäufer erhalten ihr Geld von ihm, ich verpflichte mich nur dazu, den Rest Ihres Anteils mit diesen Wechseln über hundertvierzigtausend Franken zu decken.«
»Das ist in Ordnung«, sagte Pillerault.
»Dann, meine Herren, wollen wir die Damen holen, man wird nicht warm ohne sie«, sagte Claparon und blickte Roguin an, um zu sehen, ob sein Scherz nicht zu stark war.
»Da sind die Damen ja! Oh, das Fräulein ist gewiß Ihre Tochter«, sagte Claparon, sich gerade haltend, zu Birotteau. »Ei, Sie sind wirklich ein geschickter Mann. Keine von all den Rosen, die Sie destilliert haben, läßt sich mit dieser vergleichen. Und wahrscheinlich, weil Sie Rosen destilliert haben, ist es Ihnen …«
»Ich habe wahrhaftig Hunger«, unterbrach ihn Roguin.
»Also zu Tisch!« sagte Birotteau.
»Wir werden vor dem Notar dinieren«, sagte Claparon und warf sich in die Brust.
»Sie haben viele Geschäfte«, sagte Pillerault, der sich mit Absicht neben Claparon gesetzt hatte.
»Kolossal, en gros,« antwortete der Bankier; »aber sie sind schwierig und dornig; da sind die Kanäle, oh, diese Kanäle! Sie können sich nicht vorstellen, was uns die Kanäle zu schaffen machen! Und das ist begreiflich. Die Regierung will die Kanäle haben. Der Kanal ist ein Bedürfnis, das sich allgemein in den Departements fühlbar macht und das auf den ganzen Handel Einfluß hat. Die Flüsse, hat Pascal gesagt, sind wandernde Wege. Es sind Halteplätze nötig. Diese wieder hängen von der Erdbeschaffenheit ab, und da werden erschreckend große Erdarbeiten erforderlich werden; Erdarbeiten sind aber auch von Wichtigkeit für die Armen, so daß schließlich die Anleihe den Armen zugute kommt. Voltaire hat gesagt: Canaux, canards, canaille!1 Aber die Regierung hat ihre Ingenieure, die ihr Aufklärung geben; es ist schwer, sie hineinzulegen, man muß sich mit ihr verständigen, denn die Kammer! … Ach, lieber Herr, die Kammer, die macht uns zu schaffen! Die will durchaus nicht begreifen, daß hinter der Finanzfrage die politische Frage steckt. Treu und Glauben ist auf beiden Seiten nicht vorhanden. Können Sie sich folgendes vorstellen? Diese Kellers! Also, Franz Keller ist ein guter Redner, er greift die Regierung an bezüglich der Ausgaben und der Kanäle. Als er nach Hause kommt, findet unser Mann uns vor mit unsern Vorschlägen; sie sind günstig, und er muß sich mit derselben Regierung, die er eben so frech angegriffen hat, verständigen. Die Interessen des Deputierten und des Bankiers stehen in Widerspruch miteinander, und wir stehen zwischen zwei Feuern! Sie begreifen jetzt, wie dornig solche Geschäfte werden können, es wollen so viele Parteien abgefunden werden: Die Angestellten, die Kammern, die Vorzimmer, die Minister …«
»Die Minister?« sagte Pillerault, der sich durchaus über seinen Geschäftsteilhaber klar werden wollte.
»Gewiß, verehrter Herr, die Minister.«
»Die Zeitungen haben also doch recht«, sagte Pillerault.
»Da ist mein Onkel glücklich bei der Politik angelangt«, sagte Birotteau. »Herr Claparon läßt ihn sein Süppchen kochen.«
»Ach, diese Zeitungsschreiber, diese verdammten Possenreißer«, sagte Claparon. »Diese Zeitungen, lieber Herr, verderben uns alles; manchmal sind sie uns ja von Nutzen, aber sie bereiten mir böse Nächte, die ich lieber anderswie zubringen möchte; mit dem Lesen und Rechnen müssen habe ich mir schon meine Augen verdorben.«
»Kommen wir wieder auf die Minister zurück«, sagte Pillerault, der auf Enthüllungen begierig war.
»Die Minister stellen nur Forderungen im Interesse der Regierung. Aber was ich hier esse, das ist ja das reine Ambrosia«, sagte Claparon, sich unterbrechend. »Solche Soßen bekommt man nur in Bürgerhäusern, niemals bei den Schmierköchen …«
Bei diesem Worte hoben sich die Blumen auf Frau Ragons Haube wie Hörner empor. Claparon merkte, daß er einen unpassenden Ausdruck gebraucht hatte, und verbesserte sich.
»In der großen Bankwelt«, sagte er, »nennt man Schmierköche die Küchenchefs der vornehmen Restaurants, wie Very und die Frères Provençaux. Aber weder die elenden Schmierköche noch unsere erfahrensten Kochkünstler servieren uns kräftige Soßen: bei den einen ist es klares Wasser mit Zitronensaft, bei den andern eine chemische Zusammensetzung.«
Das Essen verlief unter beständigen Angriffen Pilleraults, der diesen Mann zu ergründen versuchte, aber immer ins Leere stieß und ihn für einen gefährlichen Menschen hielt.
»Alles