Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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Drei Tage später war die Geschäftswelt des Viertels in Aufregung über die Kunde von dem Ball, den Birotteau geben wollte. Übrigens konnte jeder die außen am Hause angebrachten Stützen sehen, die das eilige Verschieben der Treppe erforderlich machte, und die viereckigen hölzernen Rinnen, mit denen der Schutt auf die untenstehenden Karren abgeladen wurde. Die geschäftigen Handwerker, die bei Fackellicht arbeiteten, denn es waren Tag- und Nachtarbeiter beschäftigt, veranlaßten die Müßigen und Neugierigen, auf der Straße stehenzubleiben, und dieses Getriebe gab den Anlaß, daß über riesige Prachtentfaltung geklatscht wurde.
An dem für den Abschluß des Terraingeschäftes festgesetzten Sonntage erschienen Herr und Frau Ragon und der Onkel Pillerault um vier Uhr nachmittags. Mit Rücksicht auf den Umbau hatte Cäsar an diesem Tage, wie er sagte, nur Charles Claparon, Crottat und Roguin dazu bitten können. Der Notar brachte das Journal des Débats mit, in das Herr von Billardière folgenden Artikel hatte einrücken lassen:
»Wir hören, daß die Räumung des Landes von ganz Frankreich mit Begeisterung gefeiert werden wird, besonders aber haben es in Paris die Mitglieder der städtischen Verwaltung für an der Zeit gehalten, der Hauptstadt wieder ihren alten Glanz zu verleihen, der aus angemessenen Empfindungen während der fremden Okkupation unterdrückt worden war. Alle Bürgermeister und Beigeordneten beabsichtigen, Bälle zu geben, die Wintersaison verspricht also sehr glänzend zu werden. Unter den Festen, die geplant werden, ist viel die Rede von dem Balle des Herrn Birotteau, der zum Ritter der Ehrenlegion ernannt wurde und der wegen seiner Hingebung für die Sache des Königs allgemein bekannt ist. Herr Birotteau, der bei dem Straßengefecht vor Saint-Roch verwundet wurde und einer der angesehensten Handelsrichter ist, hat diese Auszeichnung zwiefach verdient.«
»Wie schön man heute schreibt«, rief Cäsar aus. »In der Zeitung ist von uns die Rede«, sagte er zu Pillerault.
»Na, und wenn?« antwortete ihm der Onkel, dem das Journal des Débats besonders unsympathisch war.
»Dieser Artikel wird uns vielleicht beim Verkauf der Sultaninnenpaste und des Eau Carminative nützlich sein«, sagte Konstanze, die die Glückseligkeit ihres Mannes nicht teilte, leise zu Frau Ragon. Frau Ragon, eine magere große Dame mit runzligem Gesicht, dünner Nase und schmalen Lippen, konnte an eine Marquise des alten Königshofes erinnern. Ihre Augen umgaben ziemlich große dunkle Ringe, wie so häufig bei alten Frauen, die Kummer gehabt haben. Ihre ernste, würdige, wenn auch liebenswürdige Haltung flößte Respekt ein. Sie besaß ein gewisses fremdartig anmutendes Wesen, das auffiel, ohne komisch zu wirken, und mit ihrer Kleidung und deren Schnitt zusammenhing; sie trug immer Handschuhe und hatte ständig einen Sonnenschirm mit Stock, wie die von Marie-Antoinette in Trianon benutzten, bei sich; ihr Kleid, gewöhnlich von ihrer Lieblingsfarbe, einem matten Braun, wie vertrocknete Blätter, fiel an den Hüften in unnachahmlichen Falten herab, deren Geheimnis die alten Stiftsdamen mit sich, ins Grab genommen haben. Sie hatte die schwarze, mit schwarzen Spitzen und großen viereckigen Maschen garnierte Mantille beibehalten; ihre Hauben von altmodischer Form hatten einen Aufputz, der an die zackigen Ausschnitte alter à jour gearbeiteter Rahmen erinnerte. Sie schnupfte Tabak, wobei sie die peinlichste Sauberkeit beobachtete und jene Handbewegungen sehen ließ, an die sich noch die jungen Leute erinnern werden, die das Glück gehabt haben, ihre Großmütter und Großtanten feierlich die goldene Tabaksdose neben sich auf einen Tisch stellen und die Tabaksspuren von ihren Fichus entfernen zu sehen.
Der Herr Ragon war ein kleiner Mann von höchstens fünf Fuß Größe, mit einem Nußknackergesicht, von dem nur die Augen, zwei spitze Backenknochen, Nase und Kinn zu sehen waren; zahnlos, die Hälfte der Worte verschluckend, führte er eine feuchte, liebenswürdige, gezierte Unterhaltung und lächelte stets mit dem Lächeln, mit dem er früher die schönen Damen, die zu ihm kamen, an der Tür seines Ladens empfing. Auf seinem Schädel zeichnete sich, scharf abgezirkelt, ein schneeiger Halbmond von Puder ab, an den sich zwei Flügellocken anschlossen, zwischen denen ein kleiner, von einem Bande zusammengehaltener Zopf herabhing. Er trug einen kornblumenblauen Rock, weiße Weste, seidene Beinkleider und Strümpfe, Schuhe mit goldenen Schnallen und schwarzseidene Handschuhe. Besonders charakteristisch war an ihm, daß er auf der Straße den Hut in der Hand hielt. Er sah aus wie ein Bote der Pairskammer, wie ein Türsteher des königlichen Kabinetts, wie einer von den Leuten, die ihre Position so nahe bei irgendeiner leitenden Stelle haben, daß ein Abglanz davon auch auf sie fällt, die aber an sich wenig zu bedeuten haben.
»Nun, Birotteau,« sagte er hoheitsvoll, »tut es dir leid, daß du damals uns gefolgt bist? Haben wir jemals an der Erkenntlichkeit unsres geliebten Herrscherhauses gezweifelt?«
»Sie müssen doch sehr glücklich sein, mein liebes Kind«, sagte Frau Ragon zu Frau Birotteau.
»Aber gewiß«, antwortete die schöne Parfümhändlerin, die ständig unter dem Zauber des Stockschirms, der Hauben mit Schmetterlingsflügeln, der engen Ärmel und des großen Fichus à la Julia stand, die Frau Ragon trug.
»Cäsarine ist reizend; kommen Sie her, mein liebes Kind«, sagte Frau Ragon mit ihrer Kopfstimme und ihrem Beschützertone.
»Schließen wir das Geschäft vor dem Essen ab?« sagte der Onkel Pillerault.
»Wir warten auf Herrn Claparon,« sagte Roguin, »er zog sich schon an, als ich ihn verließ.«
»Sie haben ihm doch gesagt,« sagte Cäsar, »daß wir in diesem schlechten Zwischengeschoß essen müssen?«
»Vor sechzehn Jahren fand er es wundervoll«, murmelte Konstanze leise.
»Mitten zwischen Schutt und Arbeitern.«
»Ach, Sie werden sehen, daß er ein guter Kerl und leicht zufriedenzustellen ist«, sagte Roguin.
»Ich