Die Winterkönigin - Ein historischer Roman. Maria Helleberg

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Die Winterkönigin - Ein historischer Roman - Maria Helleberg

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Nase.

      Das konnten doch unmöglich ihre Schweden sein, schoß es ihr durch den Kopf. Sie war noch nicht bereit dazu. Sie hatten sie ohne Freude angenommen, waren zu ihrer Verlobung gar nicht erst erschienen und hatten ohne jede Erklärung mit ihr und ihrem Vater gebrochen und den Ring zurückgefordert. Und jetzt suchten sie sie hier auf. Die wollen sich absichern, dachte sie, und sie entführen, so wie in den Märchen und Liedern, die sie kannte. Bald würde sie in Schweden sein, wo alle machen durften, was sie wollten, sogar sich gegen den eigenen Vater auflehnen und ihn aus dem Land jagen.

      Sie konnte nicht mehr fliehen. Die Frau in den wallenden Gewändern stand bereits direkt vor ihr. Margarete wollte sie nicht grüßen. Vielleicht würde die Fremde auch glauben, sie sei ein Bettelkind. Aber nein! Die Frau hatte schon alle ihre Röcke angehoben und ging in diesem Augenblick vor ihr in die Hocke.

      »Wie du doch deiner Mutter ähnelst«, sagte sie und streckte ihr eine Hand entgegen. »Du bist meine kleine Schwiegertochter. Ich heiße Blanka und bin Håkons Mutter, einst Königin von Schweden und nun Regentin von Norwegen. Komm mit mir, mein hübsches Mädchen, wir werden gemeinsam deinen Vater suchen.«

      Die Hand, die ihre ergriff, war klein, aber kräftig. Ihre Augen waren wie die von Margaretes Mutter, schmal und dunkel, aber offen und lebendig. Ihr Gesicht war rund und glatt, doch als sie lächelte, tanzten tausend kleine Falten darauf. Sie war doch nicht so jung, wie Margarete zuerst gedacht hatte.

      Hand in Hand gingen sie hinauf zur Burg. Margarete sah über ihre Schultern zurück, aber Blanka hielt sie fest an der Hand und zog sie weiter.

      »Sei vorsichtig, kleines Mädchen, damit du nicht stolperst«, sagte sie. Margarete jedoch begriff, daß es um etwas anderes ging. Nur mit ihr an der Hand konnte Blanka überhaupt bis zum König gelangen und dort Gehör finden. Es war kein Zufall, daß ihr Vater die Schweden so lange in der Vorburg hatte warten lassen. Er ließ seine Handlungen nicht von so einem unberechenbaren Besuch steuern.

      Während sie zur Burg hochstiegen, merkte sie auf einmal, wie die Kälte vom Wasser herüberkam. Der Regen wurde von einem kalten Wind getragen, und kleine Schneeböen schlugen gegen ihre Rücken. Blanka nahm ihren Pelzmantel ab und legte ihn um Margarete, so daß sie vor dieser unwirtlichen Welt versteckt und geschützt war.

      Ihr Vater stand draußen vor dem Turm, die Hände in die Seiten gestemmt, und wartete ungeduldig, was die Fremde ihm zu sagen hatte. Er trug sein langes Schwert, wie Margarete verwundert feststellte. Ob er auch die Rüstung unter seinem Gewand anhatte? Seinen Bart hatte er wohl gestutzt, denn er sah wieder so aus wie vor dem Krieg auf Gotland. Aber damals hätte er diese Gäste mit Respekt empfangen. Nun tat er so, als würden sie ihm seine kostbare Zeit stehlen.

      Blanka kniete vor ihm nieder, und Margarete tat es ihr nach. Lieber wollte sie knien, als neben ihr mit dem schweren Pelzmantel auf den Schultern stehen zu bleiben.

      »Magnus, Håkon und ich sind gekommen, um die Gnade des dänischen Königs zu erbitten«, sagte sie mit ihrer süßen singenden Stimme. »Unsere Jungfrau Maria hat mir meine Schwiegertochter geschickt, das erste freundliche Gesicht im Hause der dänischen Krone.«

      Blanka ließ sie nicht los. Margarete bewegte sich nicht und merkte, wie Kälte und Feuchtigkeit aus den runden Steinen durch Strümpfe und Kleider drangen und sich um ihre Beine legten. Der Schnee wirbelte um den Turm. Ihr Vater stand geschützt, aber der Schnee legte sich auf Blankas dunklen Mantel und auf ihren Hut, der ihr Haar verbarg. War sie genauso schwarzhaarig wie ihre Mutter Helvig? Wenn Vater sie doch nur endlich hereinbitten würde. Aber er schwieg.

      »Wir haben keinen Ort, an dem wir uns ausruhen und Schutz vor diesem Wetter finden können«, sagte Blanka schließlich. »Wir haben keine anderen Freunde und keinen, bei dem wir Zuflucht finden können. Unsere Pferde sind am Rande der Erschöpfung. Bitte gestatten Sie uns Einlaß, vergeben Sie uns, und gewähren Sie uns Unterschlupf.«

      »Vergebung, Obdach, Schwägerschaft, Geld, Heer und Verhandlungsbeistand«, erwiderte ihr Vater. »Wir haben Ihnen Zugang zu Vordingborg gewährt, der Rest wird folgen.«

      Blanka erhob sich sofort, als hätte sie keine andere Antwort erwartet. Dennoch ließ sie Margaretes Hand nicht los. Sie aber wollte viel lieber zurück in die Vorburg und endlich Håkon sehen. Er war doch auch in ihrem Gefolge. Sie mußte dafür sorgen, daß er nicht sofort wieder aus ihrem Leben verschwand.

      Als sie sich gerade umdrehen wollte, um die beiden zu verlassen, traf ihr Blick den ihres Vaters, und sie gab ihr Vorhaben augenblicklich auf. Das würde er nicht billigen.

      »Es ist so lange her seit meinem letzten Besuch auf Vordingborg«, sagte Blanka. »Vergeben Sie mir, aber ich kann mich nicht erinnern, wo sich die Wohngemächer der Königin befinden.« Der Gastgeber überhörte diese Anspielung und machte keinerlei Anstalten, sie hinunterzubegleiten.

      »Wir haben sie nicht benutzt, seit Helvig umgezogen ist«, antwortete er in einem Tonfall, als würde er jede weitere Unterhaltung verhindern wollen. »Die Wohngemächer der Königin befanden sich in dem langen Gebäude.« Er zeigte in die Richtung des Hauses.

      Blanka war nicht hoch gewachsen, aber wenn sie aufrecht stand, war sie durchaus eine imposante Erscheinung.

      »Es ist doch sicherlich nicht so schlecht um sie bestellt, daß man diese Räume nicht wieder öffnen könnte für die Königin von Schweden, ihre Zofen und ihre Schwiegertochter.« Auf einmal sprach da nicht mehr eine demütige Bittstellerin.

      Und schon war sie auf dem Weg zum besagten Haus, und Margarete folgte ihr, gleichermaßen verzückt und verschüchtert. Ihr Vater ließ sich von Blankas Benehmen nicht beeindrucken, aber er wußte offenbar auch nicht, wie er sie zum Schweigen bringen konnte.

      In dem Augenblick, als sie beide das Haus betraten, konnte sich Margarete plötzlich erinnern. Es war, als hätte Blanka ein Buch für sie geöffnet, das sie vor langer Zeit einmal gelesen hatte. Hier hatte sie ihre ersten Lebensjahre verbracht. Sie erinnerte sich an die großen Kleiderkisten, die an den Wänden standen, an die gemalten Blumenranken, die jedes der schmalen Fenster umrahmten, und an die gelben Steine im Boden.

      Blanka sah sich im Raum um und zog sich ihre feuchten und schmutzigen Überkleider und Mäntel aus, eine Schicht nach der anderen. Sie war offenbar nicht zufrieden mit dem, was sie vorfand.

      »Hier müssen doch Teppiche an den Wänden hängen, schließlich ist es Winter«, sagte sie. »Irgendwo wird er sicher die schönen Möbel von früher versteckt haben. Es ist ja recht und billig, daß er hervorhebt, ein Freund des Kaisers zu sein! Aber er hat keine Zeit, sich um seine Kinder zu sorgen. Komm her, mein kleines Mädchen, sonst erfrierst du noch.«

      Sie wickelte Margarete in ihren Mantel und setzte sie in eine Ecke des Raumes. Dann machte sie sich daran, die Kisten zu öffnen und nach den Wandteppichen zu suchen. Zwei junge Männer kamen herein und brachten neue Kisten, die sie in der Mitte des Raumes abstellten. Blanka rief sie zu sich und wies sie an, die verstaubten Teppiche an die Wände zu hängen und Möbel zu holen.

      »Wenn ihr keine finden könnt, dann fragt euren König«, fügte sie spöttisch hinzu. So hatte Margarete noch niemanden über ihren Vater sprechen hören. Ihn fürchteten doch alle – alle außer dieser schwedischen Dame.

      Bei ihrem geschäftigen Treiben in den Wohngemächern kam Blanka immer wieder bei Margarete vorbei und lächelte ihr zu. Zum Schluß ging sie vor ihr in die Hocke und legte ihre schmalen Hände auf ihre Schultern. Ihre Finger gruben sich in ihre Haut. Blankas Augen funkelten. Alle sagten, daß ihre Mutter so überirdisch schön sei, aber Blankas Gesicht war noch schöner als das der Jungfrau Maria in der Kapelle von Vordingborg. Man konnte die Augen nicht von

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