Die Winterkönigin - Ein historischer Roman. Maria Helleberg

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Die Winterkönigin - Ein historischer Roman - Maria Helleberg

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heimkehrte.

      Er ritt zwar mit fliegenden Fahnen auf Vordingborg ein, aber übersah Margarete und Kristoffer, die im Burghof zur Begrüßung standen. Er ging einfach an ihnen vorbei und lief geradewegs in die Burg. Nur wenige folgten ihm. Sie aßen allein mit Eberstein und den drei jungen Schildknappen, die Vater Kristoffer in seiner Abwesenheit zur Seite gestellt hatte. Es herrschte keine Heiterkeit und keine Feststimmung, weder der Sieg noch die Rückkehr des Königs wurden richtig begangen. Drei lange Tage dauerte es, bevor Kristoffer und Margarete wieder hoch in die Burg umzogen. Sie verstanden das nicht, schließlich herrschte doch jetzt Frieden im Land, sogar in Schweden war wieder Frieden eingekehrt, Schonen war zurückgewonnen, und Gotland gehörte zum dänischen Reich. Gerade jetzt konnte man doch aus den klammen Steinhäusern der inneren Burg hinunter in die warmen Holzhäuser der Vorburg ziehen. Dort gab es mehr Platz, es war nicht so laut, und im Sommer war es schön kühl. Das ganze Jahr über in den Steinhäusern zu wohnen war gleichbedeutend mit Unfrieden – das hatten die beiden mittlerweile gelernt.

      Margarete sah ihren Vater erst, als sich der gesamte Hof im Hauptsaal zum Essen versammelte. Er selbst aß nicht viel, trank nur Wasser und sprach mit niemandem. Es schien, als sei es ihm beinahe zuwider, überhaupt jemanden in seiner Nähe zu haben. Margarete vergaß vor Aufregung zu essen, obwohl sich die Tafel unter den herrlichsten Gerichten förmlich bog. Sie hatte nur Augen für ihren Vater.

      Etwas an ihm war gänzlich verändert. Sie hatte junge Knappen in den Krieg ziehen und zurückkehren sehen, entstellt durch furchtbare Verletzungen, verstümmelte und fehlende Gliedmaßen. Die Verwandlung ihres Vaters war nicht so offensichtlich. Aber es war etwas geschehen. Etwas, das sich in all seinen Zügen widerspiegelte: Seine Schultern, die früher so breit und kräftig gewesen waren, fingen an rund zu werden. Seine geraden langen Beine waren vom vielen Reiten ganz krumm. Der Bart war lang und voll, aber sein Kopfhaar lichtete sich und wurde dünner. Er sah keinem ins Gesicht, auch ihr nicht. Er verließ den Saal und ging in Begleitung eines Priesters, den sie noch nie zuvor gesehen hatte, in die Kapelle und schloß sich dort ein.

      »Vater wird bestimmt bald wieder auf Reisen gehen«, sagte Kristoffer voller Zuversicht nach dem Essen, das sie so traurig gemacht hatte. Kristoffer schien nichts bemerkt zu haben.

      »Du wirst doch nicht einen Aufstand gegen Vater anstiften, so wie Håkon?« fragte sie ernst und zog an seinem Ärmel, um ihn festzuhalten.

      »Die Schweden schaffen das schon allein«, antwortete er. Sie verstand seine eigenartige Sorglosigkeit nicht. Sah er denn nicht, was sie sah?

      »Was ist dort auf Gotland geschehen?« fragte sie. Vielleicht konnte sie Kristoffer dazu bringen, ihr Dinge zu erzählen, für die sie laut Eberstein noch zu jung war, um sie zu verstehen.

      »Er hat Visby eingenommen«, sagte er ausweichend und wollte sich frei machen. Aber sie ließ ihn nicht los, und so fuhr er fort: »Die Bauern haben sich gegen sein Heer erhoben, die Stadt aber nicht. Als das Bauernheer dann auf der Flucht um Hilfe bat, gewährte ihm die Stadt keinen Schutz. Vaters Männer haben sie alle getötet.«

      »Alle Bauern Gotlands?« fragte sie entgeistert und ließ seinen Ärmel los.

      Gemessen an der Ermordung aller gotländischen Bauern, war ihr Wunsch, Håkon den Brief über den Herzog von Finnland zu schicken, eine sehr kleine Sünde. Eigentlich könnte sie die Kuriere jetzt sofort aufsuchen. Vielleicht würden sie sich weigern, einen Brief zu einem Mann zu bringen, mit dem sie gar nicht mehr verlobt war. Aber sie mußte es wenigstens versuchen.

      4.

      Margarete hatte sich damit abgefunden, nun nicht mehr Håkons Verlobte, sondern nur noch Tochter und Schwester zu sein. Das war ihr im ersten Jahr sehr schwer gefallen, und zwischendurch hatte sie mit Bemerkungen immer wieder ihre Gedanken verraten. Eberstein hatte sie dann kurz und schnell berichtigt, Vater hingegen hatte ihr immer und immer wieder erklärt, daß die Hoffnung noch nicht verloren war. Doch Margarete hoffte schon lange nicht mehr.

      Die schwedische Gesandtschaft traf eines späten Abends auf Vordingborg ein. Ein kalter Regen hatte alle schon seit langem ans Haus gefesselt. Der Winter wollte einfach nicht kommen. Statt des erwarteten Schneefalls regnete es in Strömen, dazu kamen Schneeregen und Hagel. Jeden Morgen mußte Margarete daran denken, ganz vorsichtig zu gehen, wenn sie das Haus verließ und auf die Grasfläche zwischen den Häusern in der Vorburg trat. Das Gras war vollkommen durchweicht, der Schlamm widersetzte sich jeglicher Trokkenlegung, obgleich jeden Tag Sand und Kies gestreut wurden.

      Sie hatte bis zu diesem Tag keine Antwort auf ihren Brief an Håkon erhalten. Mit großer Sorgfalt hatte sie damals das Siegel unter das Schriftstück gesetzt, damit es aussah wie ein offizielles Schreiben. Der Kurier war zurückgekehrt, und sie hatte ihm zur Belohnung einen kleinen Ring gegeben, den sie vor langer Zeit von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte. Er hatte sich geweigert, ihn anzunehmen. Vor ihr kniend, hatte er beteuert, daß es seine Pflicht und Schuldigkeit sei, dem König und seinen Kindern zu dienen. Aber sie hatte ihm dennoch den Ring überreicht, und nun trug er ihn.

      Sie vermißte den Ring, schließlich hatte sie so wenig Dinge, die sie an ihre Mutter erinnerten. Aber sie hatte dem Kurier doch ein Geschenk geben müssen. Sie konnte nicht einfach allen Leuten befehlen, dies oder jenes für sie zu tun, so wie ihr Vater es tat.

      Nun stand sie also vor dem Haus in dieser feuchten Luft, die sich auf ihre Haut legte und ihr Haar schwer machte, und sie beobachtete, wie die Fremden auf Vordingborg eintrafen. Die drei vordersten Pferde trugen große Decken, die vor Nässe nur so trieften. Wie schwer das für die Tiere sein mußte, überlegte Margarete. Die Pferde wirkten sehr erschöpft und trotteten mit hängenden Zügeln umher. Nur der Reiter an der Spitze des Zuges schien sich sehr genau umzusehen. Margarete war davon überzeugt, daß der Reiter eine Frau war, obwohl die Person in viele Lagen Kleider und Mäntel gehüllt war. Sie ließ sich als erste vom Pferd gleiten und zog sich die Handschuhe aus.

      Margarete war neugierig und ängstlich zugleich. Die Fremden mußten ohne das Wissen ihres Vaters gekommen sein, er hätte seinen Hof ansonsten auf sie vorbereitet. Dann hätte nämlich jemand die Gäste in Empfang genommen und ihr Banner neben dem des Königs auf dem Turm gehißt.

      Vater hielt sich zur Zeit meistens oben in der Burg auf und zeigte sich sehr selten. Er hatte sich von seiner Umwelt zurückgezogen, war nur von wenigen Dienern umgeben, und nahm seine Mahlzeiten allein im Turm ein. Aber spätestens jetzt müßte er sich doch zeigen, dachte sie, er müßte herunterkommen und seine Gäste willkommen heißen. Es waren schließlich vornehme Leute.

      Sie waren lange und ohne großes Gefolge unterwegs gewesen. Nur fünf Pferde trugen Spaltsattel, die mit Gepäck beladen waren. Sie führten weder Wagen noch Pferde zum Wechseln mit sich, darum waren die Tiere auch so erschöpft.

      Verlegene Stalljungen und Knappen tauchten auf und nahmen sich der Pferde und Gäste an, die nur zögernd ihre Füße auf das matschige Gras von Vordingborg setzten. Aus der Burg war noch immer niemand heruntergekommen. »Ist denn keiner in der Burg?« fragte die Frau. Sie ging ein wenig auf und ab, mit den Handschuhen in der einen Hand. Schließlich griff sie mit der anderen nach einem Stalljungen. Ob denn der König nicht in der Burg sei, fragte sie erneut. Er zeigte wortlos und mit roten Wangen auf das Banner und führte ihr Pferd an den Zügeln fort. Das genügte ihr nicht als Antwort. Sie raffte ihre langen Röcke zusammen, die ihre Füße umwallten. Alles war schon ganz steif vom Schlamm, aber sie wollte es wohl nicht noch schlimmer kommen lassen.

      Sie hatte Margarete entdeckt, die sich in diesem Moment wünschte, gar nicht erst aus dem Haus gegangen zu sein. Vom Fenster aus hätte sie alles sehr gut unbeobachtet verfolgen können. Nun würde sie wieder für etwas herhalten müssen, wie damals, als der Herzog von Finnland sie aufsuchte. In diesem Augenblick kam ein Mädchen aus Ebersteins Haus vorbei,

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