Dicke Luft in der Küche. Frank Winter
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Читать онлайн книгу Dicke Luft in der Küche - Frank Winter страница 7
Die Frau sah nur MacDonald an und behandelte Alberto wie Luft. »Sie hatten sich angemeldet? Mrs Lockhart fühlt sich gar schlecht!«
»Ich bin ein Freund von Mrs Sinclair.«
»Eine Dame dieses Namens kenne ich nicht.«
»Hören Sie, wir wollen Licht ins Dunkel des Verschwindens von Mrs Lockharts geliebter Tochter Ann und Enkeltochter Catriona bringen. Wenn Ihnen das nicht behagt, gehen wir besser wieder.«
Die Frau deutete drohend auf sein Köfferchen. »Sie wollen doch nicht etwa hier einziehen?«
»Keineswegs. Mir kam zu Ohren, dass Mrs Lockhart ausschließlich auf den Duke of Edinburgh reagiert. Deshalb habe ich einige Accessoires mitgebracht.«
»Treten Sie ein«, sagte sie sehr höflich.
MacDonald und Alberto sahen sich verdutzt an. Sollte sich hinter dem ruppigen Kern eine weichere Schale verbergen?
»Ich heiße Ailsa Craig.«
»Ailsa Craig? Wie die schöne einsame Insel im Firth of Clyde?«
Mrs Craig taute über der Bemerkung noch etwas auf. Der Herr schien sein Land gut zu kennen. »So ist es. Wissen Sie, in diesen ruppigen Zeiten weiß man nie, wer einem Übles will tun.«
»Aber ja, man kann nicht vorsichtig genug sein.«
»Sind Sie die Haushälterin?«, wollte Alberto wissen.
»Wahrlich bin ich das nicht! Eine gute Freundin nur, die in Zeiten der Not aushilft. Wenn Sie mir bitte in den hinteren Trakt des Hauses folgen möchten. Mrs Lockhart ist sehr lichtempfindlich.«
»Bevor wir eintreten, hätte ich noch eine Frage, Gnädigste.«
»Und die wäre?«
»Verfügt der Raum über einen roten Teppich?«
»Unfassbar! Woher nur wissen Sie es?«
Mrs Abercromby ging Doktor Karen Miller an diesem Vormittag wieder einmal gehörig auf den Geist. Nicht nur, dass sie vergesslich und schusslig war, jetzt hatte sie auch noch den Tick entwickelt, alles zwei Mal zu sagen. Der Tag begann mit »guten Morgen, guten Morgen« und endete mit »schönen Abend, schönen Abend«. Wenn sie nicht von einem Freund ihrer Eltern empfohlen worden wäre, hätte sie schon längst den Hut, in ihrem Fall die Kappe, nehmen und für immer nach Hause gehen können. »Knock, knock«. Hatte sie die Tür geöffnet, ohne vorher anzuklopfen und in der offenen Tür »knock, knock« gesagt? So langsam wurde es absurd. Karen Miller blinzelte. In der letzten Zeit hatte sie nicht gut geschlafen. Zu viele Gedanken kreisten durch ihren Kopf. Alle hatten mit Veränderung zu tun. »Was gibt es, Mrs Abercromby?«
»Dieser Herr hat schon wieder angerufen.«
»Welcher Herr?«
»Na, Sie wissen schon.«
»Wenn ich es täte, würde ich doch nicht fragen. War es Mister MacDonald?«
»Der Dicke? Verzeihung, das sollte ich ja nicht mehr sagen. Nein, der war’s nicht. Mir fällt gerade auf, dass er sich schon lange nicht mehr gemeldet hat. Es wird ihm doch nichts passiert sein?«
Angus rief fast ausschließlich zu Hause an. Doch das musste sie ja nicht auch noch erfahren. »Also, wer war es?«
»Er hatte viele ›a‹ im Namen.«
»Tannahill?«
»Ja, woher wissen Sie das?«
»Das spielt keine Rolle. War das alles?«
»Bitte, was, bitte?«
»Haben Sie weitere wichtige Fragen für mich?«
Mrs Abercromby stützte das Kinn mit der Hand ab und schüttelte dann den Kopf. »Ich denke nicht.«
»Bis später. Sie können die Tür schließen. Von außen bitte sehr.«
Nachdem die Sprechstundenhilfe gegangen war, stand sie auf und ging durch das Zimmer. Bei ihrem energischen Schritt musste sie oft kehrtmachen. Doch die Bewegung beruhigte sie ein wenig. Tannahill also. Sie hatte sich in Edinburgh auch deshalb niedergelassen, weil sie ihre Ruhe haben wollte. Und nun tauchte er wie aus dem Nichts wieder auf. Theoretisch konnte Mrs Abercromby sich natürlich verhört haben. Doch diesem frommen Wunsch wollte sie sich gar nicht erst hingeben. Tannahill war kein Name, den man an jeder Ecke hörte. Gerne hätte sie etwas Kräftiges getrunken, um die Nerven zu beruhigen. Einen guten Single Malt, wie Angus ihn in seiner Hausbar hatte. Es hatte sich alles so gut angelassen, die Praxis, Kollegen, die sie kennenlernte und natürlich der liebe Angus, ein wahrer Gentleman. Bis die Vergangenheit sie abrupt einholte. Als sie Mrs Abercromby um den nächsten Patienten bitten wollte, klingelte das Telefon. Das würde er doch hoffentlich nicht sein. Ein Blick auf das Display versicherte ihr, dass es nicht so war. »Hallo Dad, lange ist es her.«
»Guten Morgen, Liebes. Alles klar bei dir?«
»So weit, so gut. Und bei euch?«
»Alles bestens.«
»Was ist, Dad?«
»Bitte was?«
»Dich bedrückt doch etwas?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Ich merke es an deiner Stimme.«
»Und ich dachte, mein Töchterchen studierte Medizin und nicht Psychologie.«
»Um das zu erkennen, muss man keine Universität besucht haben.«
»Tannahill ist auf dem Weg nach Edinburgh.«
»Das darf doch nicht wahr sein! Woher weißt du es?«
»Seine Mutter rief an, um uns zu warnen. Er ist doch noch nicht da?«
»Nein, aber hat schon zwei Mal angerufen.«
»Von wo aus?«
»Das weiß ich nicht.«
»Habt ihr dermaßen alte Telefone?«
»Nein, nur Sprechstundenhilfen.«
»Verzeihung?«
»Nichts, ich habe eine gehässige Bemerkung gemacht. Kannst du bitte einen Moment dranbleiben?«
Sie rannte ins Vorzimmer, schob Mrs Abercromby, die protestierte, mit ihrem fahrbaren Stuhl zur Seite und rief die Liste der Anrufe ab.
»Hat nach Tannahill noch jemand angerufen?«
»Wie meinen?«
»Kommen Sie mir jetzt bloß nicht auf die Tour!«
Mrs Abercromby zog ihren Kopf entsetzt aus der Gefechtslinie. »Nein, er war der Letzte.«
»Sehr gut.« Sie ging