Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten. Hunter S. Thompson

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Die Odyssee eines Outlaw-Journalisten - Hunter S. Thompson

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      Der andere Grund, warum ich überhaupt hier bin, hat damit zu tun, dass ich nicht das Geld habe, um es woanders zu versuchen. Erst hatte ich genug, aber jetzt ist es futsch. Ich bin gezwungen zu arbeiten.

      Den letzten Monat habe ich zusammen mit drei Jurastudenten verbracht, einer von ihnen war mit mir in Eglin. Ich wohne jetzt in der Nähe der Columbia, habe aber vor, in den nächsten zwei Wochen weiterzuziehen. Wenn Du einen guten Tipp hast, wo sich’s wohnen lässt, gib mir Bescheid. Am liebsten wär mir natürlich das Village, aber ich würde auch woanders hingehen, Hauptsache billig: die Idee ist, ein bisschen Geld auf die Seite zu legen, damit ich nächsten Herbst an die Uni kann … nicht, dass die Uni das höchste der Gefühle wäre, aber es gibt ein paar Dinge, die ich mir eher in einem akademischen Umfeld als in einer alkoholgetränkten Bohème-Szenerie aneigne. Wie es umgekehrt Dinge gibt, die ich niemals an einer Schule, sondern nur in einer Bohème-Szenerie lernen würde. Ich schätze, das weißt Du inzwischen.

      Ab sofort bin ich also ohne Job. Innerhalb einer Woche muss ich was gefunden haben. Ich habe da beim Time Magazin etwas am Laufen, aber das ist noch völlig unsicher, und es könnte gut sein, dass ich Flugzeuge beladen muss oder etwas in der Richtung; wenn es nur Geld bringt. Wenn Du eine Idee hast, wo ich Arbeit bekommen könnte, gib mir schnellstens Bescheid. […]

      Hunter

      AN SALLY WILLIAMS:

       Sally Williams zog von Eglin, wo sie mit ihrem Vater, einem Oberst lebte, nach Mobile, Alabama, um dort als Kosmeti kerin zu arbeiten. Thompson feiert hier das Leben als »Slacker«.

      17. Januar 1958

      110 Morningside Drive, Apt. 53

      New York, New York

      Mein verrücktes Huhn,

      genau, ich bin’s wieder: wahrscheinlich sehr zu Deiner Überraschung, sofern Du zu den Menschen gehörst, denen ich zuletzt geschrieben habe. Denn offenbar erwecke ich nicht den Eindruck, einer von der Sorte zu sein, von dem man jemals wieder etwas hört … außer natürlich, wenn er zufällig Geld braucht.

      Wie auch immer: Mir war gar nicht klar, dass ich so viele merkwürdige, zynische Bekannte habe. Jeder will mich zu einer Religion bekehren, mir Sympathie entgegenbringen, Hoffnung spenden, Geduld aufbringen, jede Art von idiotisch-priesterlicher Fürsorge, damit ich für die finsteren Zeiten der Arbeitslosigkeit gerüstet sei.

      Arbeitslos, hol’s der Teufel: Ich finde es großartig. Es gefällt mir, den Tag zu verschlafen und nichts zu tun zu haben, außer zu lesen, zu schreiben und ins Bett zu gehen, wann immer mir danach ist. Es gefällt mir, morgens aufzuwachen und mich auf der Stelle wieder hinzulegen, wenn das Wetter mies ist. Kurzum, ich bin in einer Situation, die kaum besser sein könnte: allerdings unter der Voraussetzung, genug Geld für Essen und Miete zu haben.

      Hab ich aber nicht … und deshalb muss ich arbeiten: Aber was soll’s? Soll ich heulen und um Vergebung bitten? Soll ich mich zu Tode schämen und meine Seele unendlichen Qualen aussetzen, die nur durch das Mitleid der halben Welt gelindert werden können? Nein, das wäre das Letzte. Ich bin es leid, Briefe zu kriegen, in denen mir gesagt wird: »Kopf hoch«, ich solle »mich aufrichten«, »nicht den Mut verlieren«, »beten und tugendhaft sein« und Bücher von Horatio Alger lesen. Es gefällt mir, arbeitslos zu sein. Ich bin faul. Es gibt haufenweise Jobs, aber ich habe verdammt noch mal keine Lust darauf. Es ist ganz einfach: Du arbeitest in Fort Walton, weil du ein guter Sportjournalist bist … und du hängst in New York herum, weil du kein so guter Sportjournalist bist. Alles ist relativ … und hier kommt meine Ode:

      »Ah, lebt dort ein Mann, seine Seele geplagt, der niemals zu sich selbst gesagt, als er wohlig in seinem Kuschelbett lag:

      Zur Hölle die Miete … ich trink jeden Tag!«

      Lass uns die Gläser erheben auf die animalischen Freuden, auf Eskapismus, Regen auf dem Dach und Instantkaffee, auf die Arbeitslosenversicherung und auf Bibliotheks­ausweise, auf Absinth und großherzige Vermieter, auf Musik und warme Körper und Verhütungsmittel … und auf das »gute Leben«, was immer es sei und wo immer es sich zufällig findet.

      Lass uns bis auf die Knöchel ausziehen und alle Sinnenfreuden auskosten: Lass uns über die Welt lachen, wie sie sich durch Atompilzwolkenbrillen spiegelt … und ich gehe davon aus, dass auch wir lieber die Miete zahlen: Zwangsräumung ist, gleich nach Hunger, der schlimmste Begriff des Wörterbuchs.

      Hier hast Du es also: das Bekenntnis eines Slackers zu den Vergnügungen des Daseins. Ich sollte es vierzig Mal abtippen und es an alle schicken, die mir ihr Beileid aussprechen, beiliegend das Motto des Monats: »Jeder zehnte Cent zur Rettung von Hunter.«

      Ich werde Dich wissen lassen, wenn ich im letz­ten Sta­dium der Erniedrigung angelangt bin … Arbeit: dürfte in naher Zukunft unausweichlich sein, aber ich werde mein Bestes tun, einen Job zu finden, der leicht von der Hand geht. Dann wär’s auch an der Zeit für Dich, mich besuchen zu kommen. Bis zum Sommer dürfte ich hier sein. Und auch Dir würde ein bisschen Erholung gut tun.

      Lass von Dir hören und schreib mir, wann Du kommst. Bis dahin …

      … auf ein Neues:

      Hunter

      AN VIRGINIA THOMPSON:

      Es ist womöglich Thompsons entscheidende Erfahrung auf seinem Weg in den Journalismus, als ihn Time als Büroboten anheuert. Auch wenn er nur fünfzig Dollar pro Woche verdient, macht er die unbezahlbare Erfahrung, für das größte amerikanische Wochenmagazin arbeiten zu dürfen.

      23. Januar 1958

      110 Morningside Drive, Apt. 53

      New York, New York

      Liebe Mom,

      nachdem Du in Deinem letzten Brief geschimpft hast, dass ich nichts von mir hören lassen würde, kann ich nur mutmaßen, dass meine letzte Sendung auf dem Postweg verloren gegangen ist oder dass ich vergessen haben muss, eine Briefmarke draufzukleben. Genau heute vor einer Woche habe ich Dir einen ausführlichen Brief geschrieben und Dich auf den neuesten Stand gebracht, Dir in allen Einzelheiten mein Alltagsleben geschildert und sämtliche offenen Fragen beantwortet, die mir eingefallen sind.

      Zu dem Zeitpunkt lagen die Dinge noch in der Schwebe: Die finanzielle Lage war absolut düster, und es sah so aus, als hätte sich jeder Hoffnungsschimmer über den Winter Richtung Süden verzogen. Es war nicht gerade lustig, Hunger zu haben und irgendwie durchkommen zu müssen.

      Ah, aber heute ist es anders: Sogar die Sonne ist rausgekommen, die Luft ist warm, und das Pendel hat doch noch in meine Richtung ausgeschlagen. Du solltest wissen, dass ich jetzt einen Job habe: mit Vertrag und allem, was dazugehört. Am 1. Februar fange ich an, was völlig in Ordnung ist. Ich will’s Dir gerne erklären.

      Damit Du verstehst, welchen Triumph ich da errungen habe, musst Du Dir klarmachen, wie es hier zugeht:

      Nach New Yorker Standards bin ich komplett unerfahren: Nach den Vorgaben des Zeitschriftenverbands zählt alles mit einer Auflage von unter Fünfzigtausend wie eine Schülerzeitung. Mir steht also das Wort »Anfänger« auf die Stirn geschrieben.

      Und für »Anfänger« gibt es im Journalismus genau zwei Glücksfälle: die Stelle eines Büroboten bei der New York Times sowie die Stelle eines Büroboten beim Time Magazin. Das Gehalt

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