Elvis - Mein bester Freund. George Klein

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Elvis - Mein bester Freund - George  Klein

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früher da sein, nur um meine Post durchzusehen. Beim Verlesen der Musikwünsche während der Sendung entstand mein spezieller Radiospitzname. Viele Briefe waren mit »DJ GK« adressiert, aber wenn ich es in der Sendung laut vorlas, pausierte ich manchmal kurz, weil ich das Geschriebene überflog, um zu sehen, welcher Titel gewünscht wurde. Also kam das Ganze mit einem leichten Stottern heraus: »Lieber DJ – äh – GK.« Das geschah so häufig, dass die Hörer es irgendwann erwarteten, also versuchte ich gar nicht mehr, es korrekt zu lesen. So wurde »DJ – äh – GK« zu meinem Markenzeichen. (Wenn ich mich mit Elvis in der Stadt traf, verkürzte er diesen Spitznamen noch weiter und nannte mich nur noch »DJ Äh«.)

      Meine Vormittagssendung machte mir großen Spaß, doch bald schon überstürzten sich die Ereignisse. Eines Morgens bekam ich einen Anruf von Bill Grumbles, einem Mann, der während meiner Zeit mit Dewey Geschäftsführer bei WHBQ gewesen war und mittlerweile WMC leitete, einen NBC-Sender auf der anderen Straßenseite des Hotels Chisca. »George, sind Sie sich bewusst, dass Sie heute Morgen die Nummer zwei sind?«

      »Was meinen Sie mit ›Nummer zwei‹, Herr Grumbles?«

      »Sie haben die Morgensendung mit den zweithöchsten Einschaltquoten von ganz Memphis – der ganzen Stadt. Glückwunsch.«

      Er rief aber nicht nur an, weil er mir etwas Nettes sagen wollte. Er bot mir an, mir das doppelte Gehalt zu bezahlen, wenn ich die nachmittägliche Rock’n’Roll-Sendung auf WMC übernähme. Einen Namen für diese Sendung hatte er sich auch schon ausgedacht: George Klein’s Rock’n’Roll Ballroom. Das gefiel mir ausgesprochen gut.

      Im Herbst 1955 war »Rock and Roll« eine große Sache. Der Begriff wurde in zunehmendem Maße als Etikett für die Musik von Künstlern wie Chuck Berry, Little Richard, Fats Domino und Bo Diddley verwendet und klang wesentlich moderner als »Rhythm and Blues«. Wenn eine Platte die Rock’n’Roll-Ära vollends einläutete, dann war es wahrscheinlich Bill Haleys »Rock Around The Clock«. Nachdem der Titel im Vorspann des Films Die Saat der Gewalt Verwendung gefunden hatte, wurde er 1955 zu einem Riesenhit. Es war der erste Rock’n’Roll-Song, der in den nationalen Charts auf den ersten Platz gelangte.

      Freilich war nicht jedermann glücklich über den Siegeszug des Rock’n’Roll. Im ganzen Land verdammten konservative Professoren, Priester oder Bürgermeister den »primitiven Rhythmus«, die »unkontrollierten Gefühle« und »sexuellen Inhalte« des neuen Stils. Man hielt Rock’n’Roll-Musik für etwas höchst Unmoralisches und fürchtete, dass die Jugend durch sie auf die schiefe Bahn geriet. Hinter den Protesten verbarg sich aber auch die unausgesprochene Angst vor einer Vermischung der Rassen, was für viele eine vollkommen inakzeptable Vorstellung war.

      Diejenigen, die im Rock’n’Roll den drohenden Niedergang der westlichen Zivilisation sahen, waren der Überzeugung, dagegen ankämpfen zu müssen, wo es nur ging. Die Schulen erließen Kleiderordnungen, Tanzveranstaltungen wurden abgesagt. Auf jeden neuen Rock’n’Roll-Hit in den Charts folgte in den Zeitungen eine Flut von Leitartikeln, die gegen den neuen Sound wetterten. In einem misslungenen Versuch, den Einfluss des Rock’n’Roll zu schwächen, lieferte die Musikindustrie sogar eine ganze Reihe weißer Coverversionen der bekanntesten Songs schwarzer Künstler. Es zeigte sich jedoch ziemlich schnell, dass die Jugendlichen »Ain’t That A Shame« in der Version von Fats Domino hören wollten – und nicht von Pat Boone. Offen gesagt, waren die meisten von uns viel zu beschäftigt mit dieser neuen Musik, um sich allzu viele Gedanken über ihre möglichen negativen Auswirkungen zu machen.

      Elvis zählte natürlich zu den Pionieren des Rock’n’Roll und machte seinen musikalischen Standpunkt mit großartigen Sun-Singles wie »Good Rockin’ Tonight« unmissverständlich klar. Als er bekannter wurde, bezog er ständig Prügel dafür, dass er angeblich eine Gefahr für die Jugend der Nation sei. Im Jahre 1955 jedoch verband er in seinem Sound immer noch Country, Blues, Gospel und Pop und wurde von vielen als Country-Musiker betrachtet, weil er das ganze Jahr hindurch in den Radiosendungen Louisiana Hayride auftrat. Ich kann mich noch gut an ein Gespräch mit Elvis in jenem Jahr erinnern. Es war an einem Abend, als wir beide wieder einmal bei WHBQ landeten und darauf warteten, bis Dewey mit seiner Sendung fertig war, damit wir mit ihm gemeinsam noch etwas anstellen könnten. Ich wusste, dass Elvis mit seinen Auftritten in den Louisiana Hayride-Sendungen großen Erfolg hatte und er rasch vom Newcomer zum ernstzunehmenden Musiker und schließlich zum Star aufgestiegen war.

      »Elvis, es sieht so aus, als würdest du bald Webb Pierce, Ferlin Husky und Hank Snow Konkurrenz machen«, sagte ich und nannte damit drei der bekanntesten Country-Stars, mit denen er dort aufgetreten war.

      Er schüttelte den Kopf und musste ein wenig lachen.

      »Nein, George. Ich will es mit Bill Haley aufnehmen.«

      Wir konnten es zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht wissen, aber nur wenige Monate später rockte Elvis tatsächlich an der Spitze der Charts. Niemand hielt ihn nun noch für einen Country-Schnulzensänger.

      Als ich an meinem ersten Tag bei WMC zum ersten Mal mit The Rock’n’Roll Ballroom auf Sendung ging, war mir sehr wohl bewusst, dass der Rock’n’Roll eine Kraft besaß, die als erregend, aber auch als anstößig empfunden werden konnte. Ich beschloss, dass ich, wenn ich schon anstößig sein wollte, dies gleich im ganz großen Stil tun sollte. Ich stellte mich den WMC-Hörern mit der lautesten, härtesten Rock’n’Roll-Platte vor, die mir in den Sinn kam: Little Richards neuester Single »Tutti Frutti«. Ich war nun offiziell ein Rock’n’Roller.

      Auf WMC spielte ich auch weiterhin die lauten und harten Rock’n’Roll-Platten, die ich so mochte, und ziemlich schnell bekam ich ebenso viel Post wie zuvor bei KWEM. Es dauerte nicht allzu lange, da tauchten die Briefschreiber selbst auf. Damals gestatteten viele Sender Jugendlichen, den DJs während der Sendung zuzusehen, doch gab es in den WMC-Studios nicht sonderlich viel Platz. Also beschloss die Geschäftsführung, mir einen richtigen Ballsaal zur Verfügung zu stellen – ein Auditorium mit 300 Plätzen im Gebäude des Goodwyn Institute, wo die Studios ihren Sitz hatten. Man baute speziell für mich eine Sendekabine, damit ich auf der Bühne arbeiten konnte, wo ich meine Sendung wie gewohnt moderierte. Die Jugendlichen konnten kommen, Platz nehmen und wie bei einem Live-Konzert zuschauen. Manchen Radioleuten wäre es vielleicht nicht so recht gewesen, wenn man sie plötzlich derart zum Live-Unterhalter machte. Ich hingegen muss offen gestehen, dass ich es in vollen Zügen genoss. Es war ein tolles Gefühl, die Energie des Publikums zu spüren, und nichts machte mich glücklicher, als einen Song zu spielen, zu dem die Leute in den Seitengängen des Saales tanzten.

      Elvis hatte inzwischen eine ganze Reihe von Singles bei Sam Phillips’ Label Sun Records veröffentlicht, und ich spielte sie alle. Stets beeindruckte es mich, dass seine Musik immer besser zu werden schien (»Milk Cow Boogie« fand ich zwar ein bisschen unbeholfen, aber Songs wie »Mystery Train« und »Baby Let’s Play House« waren Abräumer). Gelegentlich schaute Elvis auch selbst während meiner Sendung herein, um eine neue Platte abzugeben. Dann leistete er mir in der Sendekabine Gesellschaft, genauso, wie er es auch bei Dewey schon getan hatte. Es schien ihm sehr zu gefallen, wie ich meine verrückten Reime aus dem Ärmel schüttelte, wenn ich eine Platte ansagte. Außer »DJ Äh« fiel ihm daher noch ein weiterer lustiger Spitzname für mich ein: »Der verrückte Dichter unter den Bühnenlichtern«.

      Besonders gut gefiel ihm ein Spruch, den ich immer häufiger verwendete, um seine Platten anzusagen: »Jetzt singt der King.« Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen, ob ich der erste DJ war, der Elvis »King« nannte, aber weder er noch ich hatten es zuvor irgendwo gehört.

      Da ich für vornehmlich weiße Jugendliche hauptsächlich schwarze Rock’n’Roll-Platten spielte, hätte ich mich eigentlich mittendrin im kulturellen Spannungsfeld dieser Musik befinden müssen. Ich kann mich, ehrlich gesagt, jedoch nicht daran erinnern, jemals einen wütenden Brief von einem Priester, einem Lehrer oder besorgten Eltern erhalten zu haben. Ich lebte zwar im von der Rassentrennung

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