Sozialraumorientierung 4.0. Группа авторов

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sozialraumorientierung 4.0 - Группа авторов страница 16

Sozialraumorientierung 4.0 - Группа авторов

Скачать книгу

nicht. So ist es etwa bei der Teilhabeplanung denkbar, dass sich am Willen orientierte Ziele lediglich über den in die Zukunft gerichteten Blick entwickeln lassen.

      2 Das innere Gleichgewicht ist nicht mehr vorhanden.

      3 Ich habe noch nie erlebt, dass jemand behauptet, er/sie würde nicht ressourcenorientiert arbeiten.

       „Uns wird der Arsch nicht mehr hinterhergetragen.“ – Behinderte Menschen und die Umsetzung des BTHG1 in Deutschland

      1.Verortung des zweiten Prinzips in den fünf Prinzipien

      Es ist gute wissenschaftliche Tradition, Themen aus einem Gesamtspektrum in ihrem Kontext zu belassen und von dort in die Tiefe zu treiben. An dieser Stelle wird eine solche „Tiefenbohrung“ anhand des zweiten Prinzips der Sozialraumorientierung vorgenommen. Der Wortlaut dieses Prinzips bietet hierbei die Möglichkeit, mehrperspektivisch vorzugehen. Dies wird in diesem Kapitel geschehen. Somit zunächst zum Wortlaut:

      „Aktivierende Arbeit hat grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit: ‚Arbeite nie härter als Dein Klient‘“ (Hinte 2014, S. 15).

      Den angesprochenen Kontext bilden die anderen vier Prinzipien des Fachkonzepts, die in dieser Publikation ausführlich besprochen werden. Um jedoch den Ort zu beschreiben, an dem die Analyse beginnt, muss an dieser Stelle kurz auf die anderen Prinzipien eingegangen werden, ohne diese explizit benennen zu müssen.

      Bei dieser Gesamtschau fällt auf, dass die Prinzipien eins, zwei und vier Imperative darstellen, deren Inhalte als Axiome, also unbestrittene Grundannahmen gesetzt werden. Infolgedessen: „Wille vor Wunsch“ (1. Prinzip), „Aktivierung vor Betreuung“ (2. Prinzip) und „Übergreifende Aktivität vor Singularität“ (4. Prinzip). Die Prinzipien drei und fünf hingegen implizieren mehr den „Befehl“, da sie weniger auf einem Axiom, denn auf Behauptungen beruhen, die Raum für Weiteres lassen: „Ressourcen spielen eine Rolle“ (3. Prinzip) und „… Kooperation und Koordination“ (5. Prinzip).2

      Das zweite Prinzip ist nach dieser semantischen Analyse von einem axiomatischen und einem behauptenden Imperativ flankiert. Als Rangordnung verstanden folgt das zweite Prinzip dem Kern sozialraumorientierten Handelns, nämlich dem axiomatischen Ansatz, dass der Wille eines Menschen der Ausgangspunkt der (sozialen) Arbeit ist. Da dieser Wille immer einer Person zuzuordnen ist, entsteht in der sozialräumlichen Arbeit mit den Prinzipien ein Narrativ aus verschiedenen Erzählperspektiven.

      Die Geschichte beginnt damit, dass ein allwissender Erzähler jemandem für die Ausübung der Profession der Sozialen Arbeit mit auf den Weg gibt: „Geh los und mache Dich auf die Suche nach dem, was der Wille Deines Gegenübers ist“. Darin enthalten ist ein Richtungshinweis, der ausschließlich auf die Person des Gegenübers zeigt. Denn das „Finden“ des Willens ist immer der erste Schritt. Und damit folgt aus dem Richtungshinweis, auf die Person zuzugehen. Nun ist aber eine Person kein starres Gebilde, das nicht zurück- oder sogar ausweicht, wenn jemand, wenn auch in bester professioneller Absicht, auf sie zugeht. Und so wirkt das zweite Prinzip bereits im ersten. Jemand wird unterstützt, respektive aktiviert, seinen/ihren eigenen Willen zu entdecken und zum Ausdruck zu bringen.

      Eine Besonderheit des zweiten Prinzips ändert nun die Erzählperspektive. Der allwissende Erzähler gibt die Faustregel „Arbeite nie härter als Dein Klient“ der sozialraumorientiert handelnden Fachkraft mit auf den Weg. Damit überlässt der Erzähler die beiden Protagonist/innen vorübergehend sich selbst. Ein Aushandlungsprozess beginnt. Denn wer weiß schon vom anderen, wie viel er/sie arbeitet, respektive zu leisten imstande ist? Das gilt es zu klären, damit die Fachkraft nicht mit dem ständigen (vielleicht unerklärlichen) Gefühl „arbeitet“, der/die Klient/in strenge sich nicht an, während der/die Klient/in wahrnimmt, bevormundet oder überfordert zu sein3.

      Im weiteren Verlauf der Geschichte wirkt nun das zweite Prinzip mit seiner Faustregel ins dritte Prinzip hinein, wenn es darum geht, dass die Klient/ innen „durch eigene Kraft erreichbare […] Ziele“ (ebd.) formulieren, um diese dann ressourcenorientiert sukzessive zu erreichen. Sowas braucht Zeit. Deshalb schaltet sich der allwissende Erzähler mit dem vierten Prinzip wieder ein. Er erinnert daran, dass der/die Klient/in nicht isoliert ist, sondern immer in sozialen Bezügen steht. Und so kommt dann auch das fünfte Prinzip zum Tragen, mit dem deutlich wird, dass sich auch Träger sozialer Dienstleistungen vernetzen müssen, damit der sozialräumlichen Öffnung des Klienten/ der Klientin nicht die Verschlossenheit von Organisation entgegensteht.

      Wir werden auf diese Geschichte zurückkommen. Doch zunächst wird das zweite Prinzip in seiner Tiefe weiter betrachtet.

      2.Das zweite Prinzip: Eine semantische Tiefenbohrung

      Zur Erinnerung. Der Wortlaut:

      „Aktivierende Arbeit hat grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit: ‚Arbeite nie härter als Dein Klient‘“ (ebd.).

      Um zu durchdringen, was mit einer Aussage gemeint ist, ist es lohnend, sich mit den einzelnen Begriffen, aus denen die Aussage gebildet wird, auseinanderzusetzen. In diesem Unterkapitel werden die beiden Teile des Satzes deshalb zunächst einzeln untersucht und dann in einem dritten Schritt als Gesamtschau in den Blick genommen.

      2.1.„Aktivierende Arbeit hat grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit“

      Auf einen ersten Blick hat dieser Satz zwei Flanken, nämlich „aktivierende Arbeit“ und „betreuende Tätigkeit“. Aus dem Mittelteil wird deutlich, dass „aktivierende Arbeit“ höher steht als „betreuende Tätigkeit“. Zumindest hat sie „Vorrang“, sodass „betreuende Tätigkeit“ letztlich als Möglichkeit nicht ausgeschlossen, aber in ihrer Bedeutung reduziert wird. Insgesamt wird deutlich, dass die Differenz zwischen „aktivierend“ und „betreuend“ im Fokus steht.

      Doch mit einem zweiten Blick zeigt sich noch mehr. Nämlich, dass „Arbeit“ und „Tätigkeit“ keine Synonyme sind, was sich mit Hilfe der entsprechenden Wordfunktion leicht nachweisen lässt. Kurzum, „Arbeit“ ist mit schöpferischer Anstrengung und Mühe assoziiert, indes mit „Tätigkeit“ eher die Stupidität einer routinierten Handlung gemeint ist. Somit steckt in der Differenz der beiden Begriffe ein Katalysator, der die Differenz zwischen „aktivierend“ und „betreuend“ verstärkt.

      Aus dieser Analyse lässt sich für die Soziale Arbeit insgesamt festhalten, dass die Aufgabe dieser Zunft darin besteht, zu arbeiten und nicht in Tätigkeitsroutinen zu verfallen. Es lohnt sich an dieser Stelle, sowohl die Perspektive der Klient/innen als auch der Auftrag gebenden Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Dann zeigt sich schnell, dass Soziale Arbeit etwas anders als soziale Tätigkeit ist und sein muss.

      Der hier zu analysierende Satz macht jedoch noch etwas anderes deutlich. Denn wie oben angemerkt, werden „betreuende Tätigkeiten“ nicht ausgeschlossen. „Aktivierende Arbeit“ hat lediglich, wenn auch grundsätzlichen, Vorrang. Erklären lässt sich diese Option damit, dass jede Anstrengung (Arbeit) Pausen braucht. Ein Fakt, der für alle Menschen gilt. Und manchmal ist es auch notwendig, dass jemand einem/einer anderen etwas abnimmt oder etwas übernimmt, obwohl die Person es selbst kann. Und dies nicht nur, weil die Person eine Pause braucht, sondern schlicht, weil die Übernahme schön sein kann: „Ich hole Dir einen Kaffee“. Ebenso gilt, dass „aktivierende Arbeit“ für Fachkräfte der Sozialen Arbeit ungleich anstrengender ist, als „betreuende Tätigkeit“. Doch an manchen Tagen fehlt einfach

Скачать книгу