Medienrezeptionsforschung. Helena Bilandzic

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Medienrezeptionsforschung - Helena Bilandzic

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von Schemata

      Da Schemata relativ stabil sind, stellt sich die Frage, wie sie entstehen und wie sie sich verändern können. Rumelhart (1980) und Rumelhart & Norman (1978) schlagen hierfür drei Prozesse vor: Anlagerung (accretion), Anpassung (tuning) und Neustrukturierung (restructuring). Accretion bezeichnet das sukzessive Ansammeln von Faktenwissen, z. B. beim Lernen von Telefonnummern oder Namen. Neue Informationen werden zu einem bereits bestehenden Schema hinzugefügt, ohne dass es zu strukturellen Veränderungen in der Wissensorganisation kommt. Wenn allerdings kein Schema für die neue Information herangezogen werden kann, dann ist Lernen durch Accretion nicht mehr effektiv. In diesem Fall muss entweder ein bereits bestehendes Schema modifiziert werden (tuning) oder es wird ein neues Schema gebildet (restructuring). Tuning kann auf drei verschiedene Arten erfolgen: Zum Ersten kann durch die mehrfache erfolgreiche Anwendung eines Schemas auf eine Situation das Schema stärker an die Gesamtpopulation der betroffenen Situationen angepasst werden. Zum Zweiten kann ein Schema auf neue Situationen oder Stimuli generalisiert werden, indem ein neuer Aspekt zu dem Schema hinzugefügt wird. Im Gegensatz zu dieser Art des Tunings kann zum Dritten auch die Anwendung eines Schemas wiederum nur auf ganz bestimmte Situationen beschränkt werden. Die letzte Form der Schema-Veränderung, das Restructuring, bezieht sich auf die Entstehung von neuen Schemata. Hierfür schlagen die Autoren wiederum zwei Prozesse vor: Patterned Recognition und Schema Induction. Zunächst kann durch Analogie-Lernen ein neues Schema aus einem bereits bestehenden entstehen (patterned recognition). Beim Prozess der Schema Induction wird hingegen ein neues Schema gebildet, wenn wiederholt eine vorher unbekannte Stimuluskonfiguration auftritt.

      Trotz der wichtigen Impulse der Schema-Theorie für die Rezeptionsforschung blieb Kritik nicht aus (vgl. Matthes, 2004). Kritisiert wird u. a., dass der Schema-Begriff zu schwammig ist, und für jegliche empirische Befunde herangezogen werden kann. Auch die Annahme, dass die Rezipienten für viele Nachrichten, Sendeformen, Personen, Genres, Werbegattungen etc. in ihrem mentalen Schubladensystem vorgefertigte, abrufbare Schemata bereithalten, zeichnet ein etwas zu einfaches Bild von Informationsverarbeitungsprozessen. Es gibt kein Element eines kognitiven Netzwerkes, das nur einem einzigen Schema angehören kann. Das kognitive Netzwerk ist plastischer und dynamischer aufzufassen, es ist ständig in Veränderung.

      2.3.3 Konnektionistische Modelle

      Bei der Schema-Theorie geht es in erster Linie um die Aktivierung bzw. den Abruf eines vorher abgespeicherten Schemas: Ein Schema wird entweder aktiviert oder nicht aktiviert. Wird ein Schema gefunden, wird es in derselben Form abgerufen, in der es vorher abgespeichert wurde – ähnlich einer Datei in einem Computer. Für viele Kognitionsforscher ist die Auffassung zu statisch, um menschliche Informationsverarbeitung adäquat zu beschreiben (vgl. Anderson, 1977; Smith, 1996; Wirth, 1997). Es ist unwahrscheinlich, dass ein Element eines kognitiven Netzwerkes nur einem einzigen Schema angehört. Das kognitive Netzwerk ist gemäß dieser Auffassung plastischer und dynamischer. Ausgangspunkt dieser sogenannten konnektionistischen Sichtweise ist der Versuch, auf der Grundlage von Computersimulationen Erkenntnisse über kognitive Prozesse zu erhalten. Kognitive Prozesse werden so modelliert, dass sie dem zugrunde liegenden biologischen Vorbild weitestgehend ähnlich sind. Es geht um eine neuronal inspirierte Modellbildung kognitiver Prozesse (vgl. Pospeschill, 2004, S. 17). Konnektionistische Modelle gehen von adaptiven informationsverarbeitenden Systemen aus, die sich aus einer Vielzahl von Verarbeitungseinheiten (units) zusammensetzen und Signale in Form von Aktivierungsmustern über gerichtete Verbindungen übertragen. Dies ist als eine grobe Analogie zum biologischen Nervensystem aufzufassen, bei dem Informationsverarbeitung durch einen Verbund von Nervenzellen realisiert wird. Vereinfacht ausgedrückt, werden Informationen als Aktivierungsmuster einzelner Einheiten repräsentiert. Diese Units sind in einem Netzwerk von Verbindungen miteinander verknüpft. Damit wird vom strukturellen Aspekt der Informationsverarbeitung Abstand genommen. Wissen wird nach dieser Auffassung nicht in Form von lokalen Symbolträgern wie Schemata gespeichert, sondern es entsteht gewissermaßen als Aktivierungsmuster einzelner neuronaler Elemente. Die Repräsentation von Wissen ist dabei distributiv, aktiv und sie kann sich über Aktivierungsmuster weiter verändern. Ein entscheidender Unterschied zur Schema-Theorie ist die massiv parallele, d. h. gleichzeitige, Aktivität vieler Units. Ferner verläuft die Informationsverarbeitung nicht nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip: Das Informationsverarbeitungssystem muss nicht entscheiden, ob dieses oder jenes Schema herangezogen wird.

      In einem konnektionistischen Netzwerk könnte man zwar so etwas wie ein Schema modellieren, wenn ein bestimmtes neuronales Muster mehrmals aktiviert und daher stabilisiert wird. Aus konnektionistischer Sicht wird ein Schema nicht mehr gespeichert, gelagert und abgerufen. Damit wird ein flexibleres Bild von Informationsverarbeitungsprozessen gezeichnet (Smith, 1996; Wirth, 1997). Zudem ist dieser Ansatz erklärungskräftiger, wenn es um das Lernen von neuen Informationen geht.

      2.3.4 Mentale Modelle

      Einen weiteren prominenten Ansatz zur mentalen Repräsentation von Informationen bilden mentale Modelle. Mentale Modelle enthalten Vorstellungen über komplexere Teilbereiche der Realität, die sich aber nicht nur auf Strukturen beziehen können, sondern auch auf (komplexe) Prozesse (vgl. ausführlicher Wirth, 1997). Mentale Modelle beinhalten Realitätsbereiche, die aufgrund ihrer Komplexität relativ unanschaulich sind, beispielsweise Problemsituationen oder unsere Vorstellungen über die Funktionsweise von elektrischem Strom oder eines Autos. Im Vergleich zu den vorher erwähnten Repräsentationen können mentale Modelle vor allem Problemlöseverhalten erklären. Im Unterschied zu Schemata sind mentale Modelle zudem flexibel und leicht änderbar. Mit mentalen Modellen wird ein komplexer Prozess vor dem inneren Auge simuliert (z. B. die Vorstellung einer Wohnung). In der Rezeptionsforschung erklären mentale Modelle, wie Rezipienten Nachrichteninformationen oder beispielsweise auch zeitlich strukturierte Geschichten verstehen und repräsentieren. Sie können beispielsweise ein mentales Modell über diesen Text ausbilden – den Text mit seiner Vielzahl an Informationen speichern sie zusammenfassend als Textrepräsentation ab. Dies nennt man ein mentales Modell.

      Das Erinnern beinhaltet den Abruf von gespeicherten Informationen aus dem Gedächtnis. Dabei wird das assoziative Netzwerk nach spezifischen Informationen abgesucht und diese werden reaktiviert. Mit Reaktivierung meinen wir die Übertragung ins Arbeitsgedächtnis. Wovon hängt die Erinnerung von Medienbotschaften nun ab? Hierfür gibt es eine Reihe von Befunden, aus denen wir im Folgenden die wichtigsten herausgreifen.

      Grundsätzlich zeigt sich, dass die Inhalte besser erinnert werden können, die ausführlicher und tiefer verarbeitet wurden (Lang, 2000). Dazu gehören Prozesse wie Interpretieren von Informationen, Nachdenken bzw. Elaborieren über Informationen, das Wiederholen von Informationen, das eigene Generieren von Wissenseinheiten sowie das metakognitive Überwachen und Steuern des eigenen Wissenserwerbs (vgl. ausführlicher Renkl, 2009). Es spielt also eine entscheidende Rolle, wie gründlich und sorgfältig die Informationsaufnahme erfolgt ist. Bei der Medienrezeption ist es durchaus denkbar, dass Informationen weniger sorgfältig verarbeitet und aufgenommen werden (vgl. Lang, 2000). Beispielsweise widmen wir uns beim Medienkonsum den Inhalten nicht immer mit voller Aufmerksamkeit (z. B. Zeitunglesen beim Frühstück während das Radio läuft). Oder eine Botschaft benötigt mehr Ressourcen, als uns zur Verfügung stehen, z. B. bei einem Nachrichtenbeitrag über Steuerpolitik nach einem anstrengenden Arbeitstag.

      Aus dem oben beschriebenen assoziativen Modell des menschlichen Gedächtnisses geht auch hervor, dass die Erinnerung an einen Gedächtnisinhalt stärker ist, je mehr assoziative Verbindungen zu diesem Inhalt bestehen, also je stärker der Inhalt mit anderen Inhalten vernetzt ist (vgl. Lang, 2000). Weiterhin hängt die Erinnerung von der Reihenfolge der Darbietung ab. Die Kognitionsforschung hat gezeigt, dass vor allem zuerst genannte und zuletzt genannte Informationen am besten erinnert werden. Dies nennt man auch Primacy- bzw. Recency-Effekt. Dies lässt sich vereinfacht dadurch erklären, dass zuletzt genannte Informationen noch im Arbeitsgedächtnis abrufbar sind und daher leicht erinnert werden können. Die zuerst genannten Informationen hatten dagegen die insgesamt längste Verarbeitungszeit und damit die besten Chancen,

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