"Ich schaffs!" in Aktion. Ben Furman

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       Michael White und David Epston

      Noch eine andere Schule der Psychotherapie hat uns geprägt, nämlich der narrative Ansatz mit seinen Wegbereitern Michael White (1945–2008) in Australien und David Epston in Neuseeland. Mitte der 1980er Jahre stießen wir auf einen Artikel von Michael White mit dem Titel »Pseudo-encopresis: From avalanche to victory, from vicious to virtuous cycles« (White 1984). In diesem wegweisenden Artikel beschrieb White einen spielerischen Familientherapieansatz, den er entwickelt hatte, um Kindern zu helfen, die unter Einkoten (wissenschaftlich als Enkopresis bezeichnet) oder Kotschmieren leiden, weil sie sich weigern, altersentsprechend aufs Klo zu gehen. Whites Ansatz basierte auf der Idee, dass man die Schuld und Verantwortung für das Problem des Kindes auf eine externe Figur schiebt, die er »Sneaky Poo« nannte.

      Der Artikel beschreibt ein systematisches Verfahren, bei dem das Kind mit der Unterstützung seiner Eltern in ein Spiel verwickelt wird, um »Sneaky Poo« zu besiegen (auf Deutsch wird das Vorgehen in dem Buch Die Zähmung der Monster [White u. Epston 1990] beschrieben). Das Spiel besteht aus verschiedenen Aktivitäten – zum Beispiel, so schnell wie möglich von Orten, an denen »Sneaky Poo« das Kind attackiert oder es in die Hose machen lässt, ins Badezimmer zu rennen, oder eine Routine einzuführen, bei der das Kind nach den Mahlzeiten 20 Minuten auf der Toilette sitzt, oder dem Kind zur Unterstützung in seinem Kampf gegen »Sneaky Poo« einen Tiger zu geben.

      White berichtete von überraschend guten Ergebnissen mit diesem Ansatz – der so ziemlich allem, was jemals zuvor in der kinderpsychiatrischen Literatur über Enkopresis geschrieben wurde, widersprach. Er legte den Grundstein für ein wachsendes Interesse an spielerischen Ansätzen, mit denen man Kindern helfen kann, mit der Unterstützung ihrer Familie und ihrer Freunde Probleme zu bewältigen. Wer mit diesem Ansatz der »Externalisierung des Problems« vertraut ist, wird leicht erkennen, wie wichtig der Einfluss der narrativen Therapie auf »Ich schaffs« ist.

      Darüber hinaus ist »Ich schaffs« durch die kreativen Ideen und Anregungen der Kinder und Eltern, mit denen wir über die Jahre gearbeitet haben, beeinflusst und inspiriert worden.

       2»Ich schaffs« – Schritt für Schritt

       Die 15 Schritte von »Ich schaffs«

      »Ich schaffs« ist eine Methode für die Arbeit mit Kindern, die sich aus den folgenden 15 Schritten zusammensetzt:

      1.Finden Sie zunächst selbst heraus, welche Fähigkeit das Kind erlernen muss, um das Problem zu überwinden.

      2.Besprechen Sie sich mit dem Kind und einigen Sie sich mit ihm darüber, welche Fähigkeit es zuerst erlernen möchte.

      3.Helfen Sie dem Kind dabei zu erkennen, welche Vorteile es hat, diese Fähigkeit zu erlernen.

      4.Fordern Sie das Kind auf, der Fähigkeit einen Namen zu geben.

      5.Lassen Sie das Kind ein Tier oder eine andere Figur auswählen, die ihm dabei helfen wird, die Fähigkeit zu erlernen.

      6.Veranlassen Sie das Kind, eine Reihe von Menschen dazu einzuladen, seine Helfer zu werden.

      7.Helfen Sie dem Kind dabei, Selbstvertrauen und Zuversicht aufzubauen, dass es die Fähigkeit erlernen wird.

      8.Planen Sie mit dem Kind schon frühzeitig, wie gefeiert werden soll, wenn es die Fähigkeit erlernt hat.

      9.Bitten Sie das Kind, Ihnen zu beschreiben und zu zeigen, wie es sich verhalten wird, wenn es die Fähigkeit erlernt hat.

      10. Informieren Sie die Menschen in seinem Umfeld darüber, welche Fähigkeit das Kind gerade erlernt.

      11. Einigen Sie sich mit dem Kind darüber, wie es die Fähigkeit üben wird.

      12. Bitten Sie das Kind, Ihnen zu sagen, wie es möchte, dass die anderen reagieren, wenn es einmal seine Fähigkeit vergisst.

      13. Wenn das Kind die Fähigkeit erlernt hat, ist es Zeit zu feiern und ihm eine Gelegenheit zu geben, allen Menschen zu danken, die ihn dabei unterstützt haben.

      14. Ermutigen Sie das Kind dazu, die neue Fähigkeit einem anderen Kind beizubringen.

      15. Einigen Sie sich mit dem Kind darüber, welche nächste Fähigkeit es erlernen möchte.

      Wir wollen uns die Schritte nun etwas detaillierter ansehen.

       1. Probleme in Fähigkeiten verwandeln

      Die Grundidee von »Ich schaffs« besagt, dass man Probleme auch als noch zu lernende Fähigkeiten betrachten kann. Das mag zunächst wie Haarspalterei erscheinen – denn schließlich ist es doch das Gleiche, ob man aufhört zu fluchen oder ob man lernt, sich adäquat zu äußern. Aber das Umschalten vom Sprechen über Probleme hin zum Sprechen über Fähigkeiten ist keine bloße Formalie. Denn sobald wir an Fähigkeiten statt an Probleme denken, sehen wir, dass es viel einfacher wird, konstruktiv über die Dinge zu sprechen – sowohl für Kinder als auch für Eltern. Kinder sind – wie die meisten Menschen – nicht gerade begeistert davon, ihre Probleme anzusprechen, wohingegen sie die Herausforderung neu zu erlernender Fähigkeiten genießen. Auch Eltern finden es oft schwierig, über die Probleme ihrer Kinder zu sprechen, und sind viel eher bereit, darüber ins Gespräch zu kommen, welche Fähigkeiten ihre Kinder noch verbessern müssen.

      Wenn Kinder Probleme haben, beginnen Sie am besten damit herauszufinden, welche Fähigkeit sie lernen oder verbessern müssen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Wenn ein Kind z. B. häufig schreit oder zu laut spricht, würde die zu erlernende Fähigkeit lauten, leise oder ruhig zu sprechen. Ähnlich ist es, wenn es mit dem Essen herumspielt – hier bestünde die korrespondierende Fähigkeit darin, ordentlich zu essen.

      Dies sind einfache Beispiele, bei denen das Benennen einer Fähigkeit, die das Problem beseitigen könnte, auf der Hand liegt. In der Realität kann es allerdings ziemlich knifflig sein herauszubekommen, welche spezifische Fähigkeit ein Kind bei einem bestimmten Problem erlernen soll.

      Erstens haben Kinder häufig mehrere Probleme auf einmal. Ein Kind kann z. B. gleichzeitig den Drang verspüren, immer der Erste sein zu wollen, dazu neigen, Erwachsene zu unterbrechen, und auch noch Schwierigkeiten damit haben, sich auf eine einzige Sache zu konzentrieren. In einem solchen Fall können Sie eine Liste mit all diesen Problemen erstellen und diese dann eins nach dem anderen in Fähigkeiten verwandeln, die das Kind zur Problembewältigung erlernen müsste. So wird aus der Liste von Problemen eine Liste von Fähigkeiten, die als Grundlage für den Einsatz von »Ich schaffs« bei diesem Kind dienen kann.

      Zweitens ist es wichtig, die angestrebte Fähigkeit nicht als etwas zu definieren, was das Kind nicht tun sollte, also etwa »Ich soll nicht fluchen«, »Ich soll nicht schreien« oder »Ich soll keine anderen Kinder schlagen«. Das ist entscheidend, weil die Fähigkeit für das Funktionieren von »Ich schaffs« beobachtbar bzw. »übbar« sein muss. Es muss etwas sein, das das Kind zeigen und vormachen kann. Ein Kind kann nicht zeigen oder üben, »nicht zu fluchen«, »nicht zu schreien« oder »andere nicht zu schlagen«, aber es kann die korrespondierenden Fähigkeiten sowohl demonstrieren als auch üben: »sich freundlich ausdrücken«, »leise sprechen« oder »in aufreibenden Situationen ruhig bleiben«.

      Drittens

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