Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
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Die Regelungen in der GeschO müssen darüber hinaus aber vor allem die zwingenden gesetzlichen Vorgaben beachten. Insoweit ist in Niedersachsen entscheidend, dass das NKomVG selbst in § 57 I NKomVG eine verbindliche Maßgabe enthält, welche die Mindeststärke einer Fraktion auf 2 Ratsherren/-frauen festlegt.
Diese Vorschrift schränkt die Geschäftsordnungsautonomie des Rates gesetzlich ein, weil sie eine Mindestzahl setzt, die unabhängig von der Größe des betreffenden Gemeinderates gilt. Das höherrangige Recht legt also selbst die maßgebliche Zahl fest. Eine abweichende Geschäftsordnungsregelung ist nichtig. Aber auch unabhängig vom Wortlaut „mindestens“ wäre es mit dem Wesen von Fraktionen nicht vereinbar, durch die GeschO oder Hauptsatzung auch einem einzelnen Ratsmitglied Fraktions- oder Gruppenstatus zuzuweisen[77].
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Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der kommunalen Vertretung mit und sind auch befugt, ihre Auffassung insoweit öffentlich darzustellen (vgl § 57 II 1 NKomVG; § 56 II 1 GO NRW). Ihre innere Ordnung muss demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen (§ 23 V 3 m.v.KVerf.; § 57 II 2 NKomVG; § 56 II 2 GO NRW – vgl auch Art. 21 I 3 GG). Sie geben sich ein Statut, in dem das Abstimmungsverfahren, die Aufnahme und der Ausschluss aus der Fraktion geregelt werden.
Will eine Ratsfraktion eines ihrer Mitglieder ausschließen, so ist dies – vorbehaltlich konkreterer Bestimmungen im Fraktionsstatut – nur aus wichtigem Grund zulässig. Gegen einen solchen Beschluss kann das betreffende Mitglied verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen[78].
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Die Gemeinden können den Fraktionen aus Haushaltsmitteln Zuwendungen zu den Sach- und Personalkosten für die Geschäftsführung gewähren (§ 23 V 4 m.v.KVerf.; § 57 III NKomVG; verpflichtend gem. § 56 III 1 GO NRW).
Unter Berufung auf diese als „innerorganisatorische Anspruchsnorm“ qualifizierte Vorschrift kann eine Ratsfraktion im kommunalrechtlichen Organstreit (dazu Rn 182 ff) sowohl geltend machen, die ihr gewährten Zuwendungen seien zu niedrig, als auch, andere Fraktionen seien dem Grundsatz der Chancengleichheit widersprechend begünstigt worden[79].
Teil I Kommunalrecht › § 4 Die innere Gemeindeverfassung › III. Ratsausschüsse
III. Ratsausschüsse
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Da die Gemeindevertretung sachlich und zeitlich überfordert wäre, wollte sie alle gemeindlichen Angelegenheiten vor dem Gesamtgremium umfassend behandeln, bedient sie sich – wie dies in der parlamentarischen Arbeit üblich ist – diverser Ausschüsse. Diese müssen im Sinne des Prinzips demokratischer Repräsentation „als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum grundsätzlich widerspiegeln“[80].
1. Arten, Zusammensetzung und Befugnisse
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Hieran ausgerichtet sind Zusammensetzung und Befugnisse im Rahmen gesetzlicher Detailvorgaben (vgl zB Art. 32, 33 bay.GO) jeweils vom Rat zu regeln (§ 36 m.v.KVerf.; § 71 NKomVG; § 58 I 1 GO NRW).
Bei der Wahl von Mitgliedern der Ausschüsse des Rates sind gemeinsame Wahlvorschläge mehrerer Fraktionen oder Gruppen möglich[81].
Bei der Besetzung der Ausschüsse sind zur Erlangung eines zusätzlichen Sitzes gebildete „Zählgemeinschaften“ mehrerer Fraktionen unzulässig[82].
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Die Gemeindeordnungen kennen Pflichtausschüsse[83] und freiwillige Ausschüsse.
Üblicherweise vorhanden und für die kommunale Entwicklung durchgängig von besonderem Gewicht sind der Bauausschuss, der Liegenschaftsausschuss, der Verkehrsausschuss und der Wirtschaftsausschuss. Je nach kommunalem Selbstverständnis wird auch ein Kulturausschuss und ein Sportausschuss oder ein Petitions- bzw Beschwerdeausschuss gebildet.
Die Existenz bestimmter Ausschüsse wird darüber hinaus durch Fachgesetze vorausgesetzt.
So besteht ein Jugendhilfeausschuss (vgl §§ 70 I, 71 SGB VIII) als – zulässigerweise: Annexregelung zu materiellen Bestimmungen über die öffentliche Fürsorge[84] – bundesrechtlich konstituiertes Kommunalorgan (vgl auch § 33 IV m.v.KVerf.), des Weiteren auf landesrechtlicher Basis Schulausschüsse (zB gem. § 110 nds.SchulG; § 85 SchulG NRW) oder Wahlprüfungsausschüsse (zB gem. § 40 I nrw.KWahlG).
Nicht zu den Ratsausschüssen gehört der Hauptausschuss in Niedersachsen, denn er ist nicht Teilorgan der kommunalen Vertretung, sondern besitzt eine eigene Organstellung (vgl §§ 74 ff NKomVG u. oben Rn 126).
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Üblicherweise haben Ausschüsse beratende Funktion, ihnen können jedoch auch durch Gesetz oder Ratsbeschluss Entscheidungsbefugnisse in bestimmten Angelegenheiten übertragen werden (vgl § 35 II 3 m.v.KVerf.; § 41 II 1 GO NRW).
Gem. § 76 III NKomVG ist die Vertretung nun auch in Nds. dazu ermächtigt, durch Bestimmung in der Hauptsatzung Beschlusszuständigkeiten des Hauptausschusses für bestimmte Gruppen von Angelegenheiten auf einen Fachausschuss nach § 71 NKomVG zu übertragen. Somit wird der in den Ausschüssen bestehende Sachverstand ausgeschöpft und der Entscheidungsablauf beschleunigt. Zudem wird die Arbeit in den Ausschüssen attraktiver gestaltet, da ein Fachausschuss neben seiner beratenden Funktion Entscheidungskompetenzen erhalten und dadurch in seiner Bedeutung aufgewertet werden soll[85]. Der Hauptverwaltungsbeamte erhält jedoch in diesem Fall ein besonderes Einspruchsrecht nach § 88 IV NKomVG, welches zur Folge hat, dass die Kompetenz zur Entscheidung an den Hauptausschuss zurückfällt.
2. Sachkundige Bürger und Einwohner, Ältestenrat
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Die Möglichkeit, zusätzlichen Sachverstand für die kommunale Ausschussarbeit zu aktivieren, bietet die Rechtsfigur des sachkundigen Bürgers (vgl § 71 VII NKomVG; § 58 III GO NRW), die allerdings in der Praxis nicht selten zu Gunsten verdienter Funktionäre oder eifriger Nachwuchskräfte parteipolitisch umfunktioniert wird, und des sachkundigen Einwohners[86] (vgl § 36 V m.v.KVerf.; § 58 IV GO NRW).
Auch für sachkundige Bürger in Ausschüssen gelten die kommunalrechtlichen Ausschließungsgründe, die zu einem Mitwirkungsverbot führen. Eine vom Rat beschlossene Satzung kann danach allein deshalb ungültig sein, weil im vorberatenden Ausschuss, dessen Beschluss eine maßgebliche „Weichenstellung“ für die Ratsentscheidung enthielt (Bsp.: Planungsausschuss bei einem Bebauungsplan), ein sachkundiger Bürger mitgestimmt hat, der einem Mitwirkungsverbot unterlag[87].
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