Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Mathias Schubert страница 58
![Besonderes Verwaltungsrecht - Mathias Schubert Besonderes Verwaltungsrecht - Mathias Schubert Schwerpunkte Pflichtfach](/cover_pre1014664.jpg)
In Ermangelung entsprechender gesetzlicher Grundlagen ist es einer Gemeinde verwehrt, solchen Beiräten eigene Kompetenzen zuzuweisen und damit neben den gesetzlich vorgesehenen Organen weitere Entscheidungsträger zu schaffen[88].
Teil I Kommunalrecht › § 4 Die innere Gemeindeverfassung › IV. Der Bürgermeister
IV. Der Bürgermeister
157
Der Bürgermeister, der in kreisfreien Städten (und großen selbstständigen Städten) die Bezeichnung Oberbürgermeister führt,[89] hat in allen Grundtypen der inneren Gemeindeverfassung Leitungsfunktionen und Repräsentationsaufgaben. Demgemäß leuchtet ein, dass die Gemeindeordnungen umfängliche Vorgaben hinsichtlich seiner Wahl und Abwahl[90] sowie seiner diesbezüglichen Kompetenzen enthalten (vgl §§ 37 ff m.v.KVerf.; §§ 80 ff NKomVG; §§ 62 ff GO NRW). Notwendig sind auch Regelungen über die Stellvertretung[91].
1. Der Bürgermeister als Ratsvorsitzender
158
In den meisten Ländern ist der Bürgermeister kraft Amtes Vorsitzender der Gemeindevertretung. Als Ratsvorsitzender nimmt der Bürgermeister auch die Funktion eines „Sprachrohrs“ des Rates wahr (vgl Rn 201).
Im Kommunalwahlkampf trifft ihn freilich (in Orientierung an allgemeinen demokratischen Grundsätzen) eine Neutralitätspflicht, mit der ein Anspruch der Wahlbewerber auf Chancengleichheit korrespondiert[92].
In Nds. behält das NKomVG den Vorsitz in der Vertretung hingegen einem ehrenamtlichen Mitglied vor. Nach § 61 I NKomVG stehen lediglich die „Abgeordneten“ zur Wahl für den Vertretungsvorsitz und nicht der Bürgermeister selbst.
Zu den Leitungsbefugnissen bei den Ratssitzungen gehören üblicherweise die Handhabung der Ordnung und die Ausübung des Hausrechts (vgl Art. 53 I bay.GO; § 29 I 5 m.v.KVerf.; § 51 I GO NRW)[93].
159
Nicht selten (namentlich in Ferienzeiten) fallen dringliche Entscheidungen an, die eigentlich der Gemeinderat zu treffen hätte. Einige Gemeindeordnungen billigen dem Bürgermeister diesbezüglich vielfach eine spezielle Eilentscheidungskompetenz zu (vgl § 43 IV bd.wtt.GO; Art. 37 III 1 bay.GO; § 70 III hess.GO), in anderen Ländern fällt diese Eilkompetenz einem anderen Organ zu (MV, NRW und Nds.: Hauptausschuss, vgl § 35 II 4 m.v.KVerf.; § 89 NKomVG; § 60 I GO NRW), erst danach greift eine subsidiäre Zuständigkeit des Bürgermeisters (vgl § 38 IV 2 m.v.KVerf.; § 89 S. 2 NKomVG; § 60 II GO NRW).
160
Strittig ist freilich, ob auch Satzungen im Wege der Dringlichkeitsentscheidung erlassen werden können[94].
Dies wird seitens des OVG NRW mit der Begründung bejaht, aus dem Gesamtzusammenhang der einschlägigen Norm ergebe sich, die hier in Rede stehenden Entscheidungsbefugnisse umfassten alle Angelegenheiten, die der Beschlussfassung des Rates unterlägen, also auch den Erlass von Satzungen. Allerdings bedürfe es sorgfältiger Prüfung, ob die Voraussetzungen des unbestimmten Gesetzesbegriffs „in Fällen äußerster Dringlichkeit“ in concreto wirklich gegeben gewesen seien[95].
161
Der Bürgermeister hat in einigen Bundesländern gegenüber einem Ratsbeschluss ein Widerspruchs- bzw Beanstandungsrecht, wenn er der Auffassung ist, dass der Beschluss das geltende Recht verletzt (bzw in NRW auch: Das Wohl der Gemeinde gefährdet). Diesem Widerspruch kommt Suspensiveffekt zu; der Rat hat aber die Möglichkeit, durch erneuten Beschluss seine ursprüngliche Entscheidung zu bestätigen. In diesem Fall hat der Bürgermeister die Aufsichtsbehörde einzuschalten (vgl § 33 II m.v.KVerf.; § 88 NKomVG; § 54 GO NRW).
2. Der Bürgermeister als Verwaltungsspitze
162
An der überwiegend monokratisch, teilweise jedoch (so bei der Magistratsverfassung in Hessen) kollegial strukturierten gemeindlichen Verwaltungsspitze stand in NRW und Nds. früher ein vom Rat gewählter Gemeindedirektor (Stadt-, Oberstadtdirektor) inzwischen aber auch dort (vgl § 80 NKomVG; §§ 62, 65 GO NRW) wie in MV und Bayern (vgl § 37 m.v.KVerf.; Art. 34 bay.GO) ein von den Bürgern gewählter hauptamtlicher (erster) Bürgermeister[96].
Als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen, da im Rahmen gesetzgeberischer Einschätzungsprärogative liegend, hat das BVerfG Regelungen wie diejenige des § 80 V Nr 1 NKomVG, in der eine Höchstaltersgrenze von 67 Jahren für eine Kandidatur zur Bürgermeisterwahl normiert ist; Personen dürften von der Wählbarkeit ausgeschlossen werden, bei denen nach der Lebenswahrscheinlichkeit zu befürchten stehe, dass sie nicht bis zum Ende der Amtszeit dem Interesse der Allgemeinheit an einer kontinuierlichen und effektiven Amtsführung zu genügen vermögen[97]. Demgegenüber gilt die Abschaffung der ehemals amtsbeendenden Altersgrenze von 68 Jahren (gem. § 61b S. 1 NGO) als eine der wichtigsten Neuerungen des NKomVG, die insbesondere der demographischen Entwicklung Rechnung tragen soll. Nach dem NKomVG werden also Bürgermeister in Einzelfällen also nun bis zur Vollendung des 73. Lebensjahres tätig sein können.
163
Dem an der gemeindlichen Verwaltungsspitze stehenden Bürgermeister kommt jeweils „die volle und alleinige Verantwortung für das Funktionieren und die Einheitlichkeit der Verwaltungsdurchführung“ zu[98]. Damit sind Personalführungskompetenzen zwingend verbunden (s. bereits Rn 132). Er hat dabei auch dafür Sorge zu tragen, dass Verfassung und Gesetze strikt beachtet werden. Hierzu zählen auch die Vorgaben des Datenschutzrechts[99].
Des Weiteren steht dem Verwaltungsleiter damit aber auch das Hausrecht an den kommunalen Dienstgebäuden zu, soweit nicht diesbezügliche spezifische Befugnisse des Ratsvorsitzenden (dazu oben Rn 158) bestehen.
Die sich daraus ergebenden Befugnisse gelten auch für Fraktionen überlassene Räumlichkeiten[100]. Gegen ein auf dieses Hausrecht abgestütztes Hausverbot ist nach nunmehr wohl hM grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet[101].
164
Der hauptamtliche Bürgermeister ist regelmäßig ein kommunaler Wahlbeamter auf Zeit (vgl Art. 34 I 3 bay.GO; § 37 IV 2 m.v.KVerf.; § 80 VI 2 NKomVG; § 62 I 1 GO NRW). Damit befindet er sich – er kann auch abgewählt werden (vgl Rn 124)[102] – in einer merkwürdigen Zwitterstellung; einerseits genießt er die hergebrachten besonderen Rechte eines Beamten (vgl Art. 33 V GG), andererseits aber eben nur auf Zeit.