Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
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Neben den ihm gesetzlich oder seitens des Rates und seiner Ausschüsse übertragenen besonderen Aufgaben hat der Bürgermeister, der ja für die Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung verantwortlich ist, auch die Ratsbeschlüsse vorzubereiten[103] und solche Beschlüsse durchzuführen. Ratsbeschlüsse, die das geltende Recht verletzen, hat er zu beanstanden (s. oben Rn 161).
In einem Aufsichtsrechtsstreit (dazu noch unten Rn 363) wird die gesetzliche Vertretung der Gemeinde hier durch den Bürgermeister wahrgenommen, dies selbst dann, wenn dieser den streitigen Ratsbeschluss zuvor von sich aus beanstandet hatte[104].
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Zur Vertretung des Hauptverwaltungsbeamten im Amt[105] werden Beigeordnete[106] (vgl §§ 49, 50 bd.wtt. GO; §§ 40 IV, V m.v.KVerf.; §§ 68, 71 GO NRW; in Bayern „weitere Bürgermeister“ genannt, vgl Art. 39 bay.GO) bestellt, deren Zahl im Rahmen der Vorgaben der jeweiligen Gemeindeordnung regelmäßig durch die Hauptsatzung festzulegen ist und deren Geschäftskreis durch den Rat festgelegt werden kann[107].
Strittig ist, ob die Anzahl der hauptamtlichen Beigeordneten einer Gemeinde eine einem Bürgerbegehren resp. Bürgerentscheid entzogene Frage (dazu oben Rn 109) darstellt[108].
Bei der naheliegenderweise stark von politischen Erwägungen getragenen Wahl von Kommunalbeamten auf Zeit unterliegt der Rat nicht den bei der Auswahl von Laufbahnbeamten maßgeblichen Bindungen. Die einschlägigen kommunalrechtlichen Vorschriften dienen – anders als Art. 33 II GG – allein öffentlichen Interessen, nicht aber dem Interesse von Mitbewerbern[109].
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Sowohl für die Kompetenzabgrenzung zwischen Rat und Verwaltungsspitze im Innenverhältnis, als auch im Außenverhältnis, bei rechtsgeschäftlichem Handeln der Gemeindeverwaltung gegenüber Dritten, kommt der Formel der „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ (vgl Art. 37 I bay.GO; § 38 III 2 m.v.KVerf.; § 85 I Nr 7 NKomVG; § 41 III GO NRW) besondere Bedeutung zu. Hierbei handelt es sich um einen verwaltungsgerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der darauf abstellt, ob eine bestimmte Sachaufgabe in Ansehung ihrer Regelhaftigkeit und Tragweite zu den für die betreffende Gemeindeverwaltung gängigen Geschäften gehört[110]. § 38 III 3 m.v.KVerf. gibt eine Auslegungshilfe, indem er bestimmt, dass „insbesondere Entscheidungen von geringer wirtschaftlicher Bedeutung, Entscheidungen, die den laufenden Betrieb der Verwaltung aufrechterhalten, sowie gesetzlich oder tariflich gebundene Entscheidungen“ hierzu zählen.
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Für diese Einstufung spielen naturgemäß Größe, Finanzkraft und Bedeutung einer Gemeinde eine Rolle. Kann die Eingruppierung eines Geschäfts in die Rubrik der regelmäßig wiederkehrenden, denen keine weit tragende Bedeutung zukommt, bejaht werden, so kommt es auf den rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeitsgrad sowie die finanziellen Auswirkungen im Einzelnen nicht mehr an. Entscheidend ist, ob das Geschäft typischerweise nach feststehenden Grundsätzen auf eingefahrenen Gleisen erledigt wird[111].
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Daher leuchtet ein, dass nicht eine einheitliche, sondern eine differenzierende, auf die jeweilige Gemeinde und den Zuschnitt ihrer Verwaltung bezogene, hier aber objektivierende Betrachtungsweise geboten ist.
Die hiermit verbundenen Unsicherheiten lassen sich nicht durch eine Bestimmung in der gemeindlichen Hauptsatzung ausschalten, wonach der Gemeindedirektor nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden habe, welche Angelegenheiten als Geschäfte der laufenden Verwaltung in seine Zuständigkeit fallen. Nicht die subjektive Sicht des Leiters der Verwaltung, sondern die objektivierende Gesetzesformel ist der rechtlich maßgebliche Maßstab. Jener mag allenfalls indizielle Bedeutung zukommen[112].
Für die Einzelentscheidung über die Zulassung von Schaustellern zu einem größeren Volksfest bei Vorliegen konkurrierender Zulassungsanträge billigte BayVGH, BayVBl. 2003, 501 eine Einstufung als „laufende Angelegenheit“ und damit die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters gemäß Art. 37 I 1 Nr 1 bay.GO, wenn der Gemeinderat oder ein beschließender Ausschuss (s. dazu Rn 154) zumindest Vorgaben in Form von Auswahlkriterien beschlossen hat. Solche ermessensbindenden Richtlinien sind einzuhalten[113].
Übersicht 4:
Zuständigkeiten des Bürgermeisters
Teil I Kommunalrecht › § 4 Die innere Gemeindeverfassung › V. Die Vertretung der Gemeinde gegenüber Dritten
V. Die Vertretung der Gemeinde gegenüber Dritten
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Auch wenn die Gemeindeordnungen detaillierte Vorgaben hinsichtlich der Aufgabenaufteilung auf die kommunalen Organe im Einzelnen enthalten, so stellt sich doch die Frage, wer – unbeschadet dieser internen Abgrenzungen – nach außen hin, gegenüber Dritten, zu handeln befugt ist. Diese Problemstellung dürfte bereits aus dem Zivilrecht bekannt sein, wo zwischen Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis und Vertretungsmacht nach außen zu unterscheiden ist. Schließlich ist es für Außenstehende, die mit einer juristischen Person in geschäftlichen Kontakt treten, weitgehend unzumutbar, sich etwa vor Vertragsschluss zunächst den oft komplizierten Interna widmen zu müssen, um zu erkennen, ob alle Bindungen eingehalten sind. Daher stellt sich auch im Kommunalrecht die Frage, wer und unter welchen Voraussetzungen im Rechtsverkehr für die Gemeinde vertretungsbefugt ist.
Gemäß Art. 38 I bay.GO, § 38 II m.v.KVerf., § 86 I 2 NKomVG, § 63 I GO NRW ist der Bürgermeister – unbeschadet der dem Rat und seinen Ausschüssen zustehenden Entscheidungsbefugnisse – der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften. Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen – abgesehen von den bereits erörterten Geschäften der laufenden Verwaltung – der Schriftform; sie sind, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, vom Bürgermeister oder (in MV: „und“) seinem Stellvertreter und einem vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterzeichnen (Art. 38 II bay.GO, § 38 VI m.v.KVerf., § 64 I, II GO NRW). Erklärungen, die nicht diesen Vorgaben entsprechen, sollen die Gemeinde nach § 64 IV GO NRW nicht binden, doch hat der BGH darauf hingewiesen, dass die organschaftliche Vertretungsmacht des Bürgermeisters im Außenverhältnis unbeschränkt ist und die Gemeinde somit auch durch Rechtshandlungen des Bürgermeisters verpflichtet wird, die kommunalverfassungsrechtliche Mitwirkungsrechte oder Zuständigkeiten verletzen[114].
Niedersachsen hat das Prinzip der Doppelzeichnung aufgegeben; gem. § 86 II NKomVG genügt für Verpflichtungserklärungen