Zur Fremdrechtsanwendung im Wirtschaftsstrafrecht. Christina Konzelmann
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Um einer unbegrenzten Ausdehnung der nationalen Strafgewalt entgegenzuwirken, bedarf es für Fälle mit Auslandsberührung eines völkerrechtlichen Anknüpfungspunkts (genuine link), um im Einzelfall einen unmittelbaren Bezug zur Strafverfolgung im Inland herzustellen. Als solche Anknüpfungspunkte gelten speziell das Territorialitätsprinzip nach § 3 StGB (Begehungsort der Tat), das Schutzprinzip (Schutz bestimmter inländischer Rechtsgüter), § 5 StGB, das Weltrechtsprinzip, § 6 StGB, sowie das aktive und passive Personalitätsprinzip, § 7 I StGB (Staatsangehörigkeit des Täters oder Opfers), die durch den Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege und das Kompetenzverteilungsprinzip ergänzt werden, vgl. Hecker EuStR, 2.1.3 Rn. 11; Ambos § 3 Rn. 4 ff.; LK- Werle/Jeßberger Vor § 3 Rn. 216 ff.
S/S-Eser Vorbem. §§ 3-9 Rn. 1.
Mankowski/Bock ZStW 2008, 704, 708; wohl auch Nowakowski JR 1971, 633, 635.
MK-StGB/Ambos Vor §§ 3-7 Rn. 3; S/S-Eser Vorbem. §§ 3-9 Rn. 6; SK-Hoyer Vor § 3 Rn. 4; Leipold/Tsambikakis/Zöller/Zöller Vor § 3 Rn. 2; Hecker EuStR, 2.1.1 Rn. 3; Jakobs AT, 5. Abschn Rn. 12.
BGHSt 34, 1, 3 f; BGH NJW 1995, 1844; SK-Hoyer Vor § 3 Rn. 3; Hecker EuStR, 2.1.1 Rn. 3; Fischer Vor §§ 3-7 Rn. 1; NK-Böse Vor § 3 Rn. 11; MK-StGB/Ambos Vor §§ 3-7 Rn. 4, was der verfahrensrechtlichen Komponente in Form der jurisdiction to adjudicate and enforce entspricht. Vor einer mehrfachen oder nachrangigen Strafverfolgung bei Vorliegen mehrerer nationaler Strafansprüche schützt innerhalb der EU das transnationale ne bis in idem, das in Art. 50 GRCh verankert und nun mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon durch Art. 6 I EUV rechtsverbindlich ist, dazu eingehend Hecker EuStR, 13.
Vgl. Fischer Vor §§ 3-7 Rn. 1; Jescheck/Weigend AT, § 18 I 1; Satzger IntStR/EuStR, § 3 Rn. 3; Ambos § 1 Rn. 5; Oehler § 1 Rn 1. Das Pendant zur Begründung und Ausübung staatlicher Strafgewalt bildet die Pflicht zur Achtung der Souveränität anderer Staaten, insbesondere deren Gebietshoheit, aus der auch der völkerrechtliche Nichteinmischungsgrundsatz entspringt, dazu NK-Böse Vor § 3 Rn. 12.
Teil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › II. Die Fremdrechtsanwendung als Teilbereich des Internationalen Strafrechts › 2. Zur Abgrenzung des Internationalen Strafrechts vom Internationalen Privatrecht
2. Zur Abgrenzung des Internationalen Strafrechts vom Internationalen Privatrecht
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Obgleich das Strafanwendungsrecht vielfach als Internationales Strafrecht bezeichnet wird, kommt dem Strafanwendungsrecht trotz der missverständlich suggerierten Nähe zum Internationalen Privatrecht keine kollisionsrechtliche Funktion zu.[1] Sinn und Gehalt des Internationalen Privatrechts (IPR) besteht darin, diejenige Rechtsordnung zu bestimmen, die für den Sachverhalt mit Auslandsbezug die engste Verbindung aufweist.[2] Dabei wird durch allseitige Kollisionsnormen bestimmt, ob der inländischen oder einer ausländischen Rechtsordnung die Normen zur privatrechtlichen Beurteilung eines solchen Sachverhalts zu entnehmen sind und darüber hinaus die Voraussetzungen festgelegt, auf welche Weise Rechte und Rechtslagen anzuerkennen sind, die sich aus einem ausländischen Recht ergeben.[3] Das Strafanwendungsrecht legt hingegen einseitig die Grenzen deutscher Strafgewalt unter Orientierung der verfolgten Strafzwecke und unter Inkaufnahme konkurrierender Strafgewalten fest, so dass die Normen bestenfalls einseitige Kollisionsnormen sind.[4] Das Kollisionsrecht bildet damit das Korrelat zur Anwendung fremden Strafrechts. Denn nach Festlegung der zur Anwendung berufenen ausländischen Norm wird diese nicht Bestandteil des eigenen Rechts, sondern bestimmt auch über die Rechtsfolge unmittelbar selbst.[5]
Anmerkungen
Vgl. Leipold/Tsambikakis/Zöller/Zöller Vor § 3 Rn. 1; Satzger EuStR/IntStR, § 3 Rn. 4.
Vgl. MK-BGB/Sonnenberger IPR, EGBGB Art. 3 Rn. 24; v. Bar/Mankowski IPR I, § 7 Rn. 108; Kropholler § 4 II.
MK-BGB/Sonnenberger Einl. IPR, Rn. 3. Zur Unterscheidung allseitiger von einseitigen Kollisionsnormen im IPR Siehr § 47 I 3; Kropholler § 13 III 1.
Vgl. NK-Böse Vor § 3 Rn. 9; Hecker EuStR, 2.1.1 Rn. 2; Satzger IntStR/EuStR, § 3 Rn. 4; SK-Hoyer Vor § 3 Rn. 1 f; Zieher IntStR, 33 f.
Wietz S. 91.
Teil 3 Die Dogmatik der Fremdrechtsanwendung › II. Die Fremdrechtsanwendung als Teilbereich des Internationalen Strafrechts › 3. Zur Ausdehnung des Schutzbereichs auf ausländische Rechtsgüter
3. Zur Ausdehnung des Schutzbereichs auf ausländische Rechtsgüter
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Gesondert vom Geltungsbereich deutschen Strafrechts muss die weitere Frage geklärt werden, ob der jeweilige deutsche Straftatbestand den Rechtsgüterschutz überhaupt auf ausländische Rechtsgüter erstreckt oder vielmehr eine Beschränkung auf rein inländische Rechtsgüter aufweist.[1] Im Kern geht es dabei um die Frage, ob das betreffende Verhalten in einem Maße nationale (deutsche) Interessen berührt, dass es gerechtfertigt oder sogar notwendig erscheint, es am inländischen Rechtsgüterschutz teilhaben zu lassen.[2] Die Reichweite des Rechtsgüterschutzes muss dabei durch eine umfassende Auslegung des Strafgesetzes ermittelt werden und ist für jeden Fall gesondert zu prüfen.[3] In welcher Reihenfolge bei der Prüfung vorgegangen werden muss – ob also vor der Bestimmung des nationalstrafrechtlichen Geltungsbereichs zunächst die Eröffnung des Schutzbereichs geprüft werden muss, oder dieser vielmehr eine zwingend vorrangige Voraussetzung der Prüfung