Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz. Eva-Maria Kremer

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Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz / Verwaltungszustellungsgesetz - Eva-Maria Kremer Heidelberger Kommentar

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      Inhalt eines Leistungsbescheides kann auch die Vorauszahlung von Kosten für die vorgesehene Vollstreckung sein. Das ist bei der Vorauszahlung von Kosten einer Ersatzvornahme der Fall (§ 13 Rn. 22). Ferner trifft es auf die Vorauszahlung von Kosten zu, die wegen der Abschiebung eines Ausländers entstehen (OVG Hamburg B 4.5.2000 – 3 Bs 422/98, juris = DÖV 2000, 780).

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      Hieraus folgt, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Leistungsbescheid gemäß § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben (vgl. VGH Mannheim B 9.9.1999 – 1 S 1306/99, juris = NVwZ-RR 2000, 189; OVG Schleswig B 27.12.2000 – 2 M 13/00, juris = NVwZ-RR 2001, 586).

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      Davon gibt es in Sachsen eine begrüßenswerte Ausnahme: Nach § 24 Abs. 3 S. 2 SächsVwVG ist der Leistungsbescheid sofort vollziehbar, wenn Kosten der Ersatzvornahme gefordert werden. Das entspricht sowohl § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 als auch § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO.

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      Wie jeder Verwaltungsakt muss auch der Leistungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das ist in § 37 Abs. 1 VwVfG vorgeschrieben. In Anlehnung an § 157 Abs. 1 S. 2 AO ist zu Form und Inhalt des Leistungsbescheides festzustellen: Er muss die geforderte Leistung nach Art und Betrag bezeichnen und den Schuldner angeben (vgl. VGH Mannheim U 28.4.2010 – 2 S 2312/09, juris, DVBl. 2010, 1583 L). Deshalb muss der Leistungsbescheid als verbindliche Zahlungsregelung ausgewiesen sein. Eine bloße Rechnung ist kein Verwaltungsakt (vgl. BVerwG U 26.10.1978 – 5 C 52/77, juris = BVerwGE 57, 26; BVerwG U 12.1.1973 – 7 C 3/71, juris = BVerwGE 41, 305).

      Das gilt auch dann, wenn eine Rechnung von einem städtischen Versorgungsunternehmen ausgestellt wird, ein Hinweis auf den behördlichen Auftrag an „versteckter“ Stelle aber für den Adressaten nicht erkennbar ist. Denn hier kommt es auf die Erkenntnis eines objektiven Horizonts des Empfängers des Schreibens nach Treu und Glauben an (VGH Mannheim U 15.10.2009 – 2 S. 1457/09, juris = DVBl 2010, 196-).

      Mitunter werden behördliche Zahlungsbescheide als Rechnung bezeichnet. Um Irrtümer zu vermeiden, ist ein solcher Bescheid mit der unmissverständlichen und verbindlichen Aufforderung zu erteilen, den darin aufgeführten Geldbetrag zu zahlen. Also muss erkennbar sein, dass die Behörde den Betrag nach öffentlichem Recht hoheitlich geltend macht. Form und Inhalt des Bescheides haben das zu beweisen. Dazu dient die Rechtsbehelfsbelehrung. Denn sie ist das allgemeine Kennzeichen eines Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG U 10.10.1961 – 6 C 123/59, juris Rn. 15 = BVerwGE 13, 99 (103); VGH München B 6.10.2005 – 8 CE 05.585, juris = NJW 2006, 2282).

      Leitet die Behörde auf der Grundlage einer bloßen Rechnung Vollstreckungsmaßnahmen ein, sind diese im Rechtsmittelverfahren einzustellen. Denn sie sind unzulässig. So kann zum Beispiel ein rechtswidrig erlassener Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch im Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgehoben werden (BVerwG U 17.5.1973 – 5 C 24/72, juris = AgrarR 1974, 78).

      Sollte die Behörde dennoch aus einer Rechnung vollstrecken, ist dem Betroffenen Rechtsschutz durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu gewährleisten (VGH München B 4.5.1994 – 23 CS 94.913, juris = NVwZ-RR 1995, 477). Gleiches gilt für eine bloße Zahlungsaufforderung ohne Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht als Verwaltungsakt erkennbar ist (OVG Berlin-Brandenburg B 23.7.2010 – 5 S 13/10, juris = NVwZ-RR 2010, 908).

      Qualifiziert jedoch die Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid die Rechnung als „Verwaltungsakt“, so ist gegen die so umgestaltete Rechnung die Anfechtungsklage statthaft. Das gebietet die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG (BVerwG U 26.6.1987 – 8 C 21/86, juris = BVerwGE 78, 3).

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      Im Fall von Zweifeln am Inhalt eines Verwaltungsaktes gilt die allgemeine Regel des § 133 BGB. Sie ist im öffentlichen Recht entsprechend anzuwenden (vgl. Palandt, § 133 Rn. 4; Forsthoff, S. 161; BVerwG U 2.9.1999 – 2 C 22/08, juris Rn. 43 = BVerwGE 109, 283 (288); BVerwG U 26.8.2010 – 3 C 35/09, juris Rn. 12 = BVerwGE 137, 377 (378)). Danach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis ist vorzuziehen (BFH U 18.2.1997 – VII R 96/95, juris = NVwZ-RR 1997, 571; BVerwG U 27.6.2012 – 9 C 7/11, juris Rn. 10 ff. = NVwZ 2012, 1413 (1414 f.); BVerwG U 20.6.2013 – 8 C 46/12, juris = DÖV 2014, 35).

      Bei Willenserklärungen der Behörde kommt es allein darauf an, wie der Betroffene sie bei verständiger Würdigung nach Treu und Glauben verstehen konnte (BVerwG U 28.2.1961 – 1 C 54/57, juris Rn. 30 = BVerwGE 12, 87 (91); BVerwG B 13.9.1999 – 11 B 14/99, juris = NVwZ-RR 2000, 135; OVG Schleswig U 7.7.1999 – 2 L 264/98, juris = NJW 2000, 1059; BFH B 25.8.1981 – VII B 3/81, juris = BFHE 134, 97; BFH U 8.2.2007 – IV R 65/01, juris = BFHE 216, 412, Bestätigung von BFHE 211, 387). Gleiches gilt für Willenserklärungen des Bürgers gegenüber der Behörde (BVerwG U 12.12.2001 – 8 C 17/01, juris = BVerwGE 115, 302; OVG Greifswald B 4.3.2002 – 2 L 170/01, juris = NVwZ-RR 2003, 5; OVG Weimar B 26.7.2002 – 4 EO 331/02, juris = NVwZ-RR 2003, 232; VGH Mannheim U 28.4.2010 – 2 S 2312/09, juris, DVBl. 2010, 1583 L).

      Die Auslegung ist auch vorzunehmen, wenn ein beliehener Unternehmer als Behörde im Sinne von § 1 Abs. 4 VwVfG tätig wird. Das kann zum Beispiel ein Prüfingenieur für Baustatik sein (Rn. 14). Er erlässt den Leistungsbescheid.

      Für die Annahme eines Verwaltungsaktes in Abgrenzung von einem Nichtakt (Scheinverwaltungsakt) gilt die Auslegungsregel des § 133 BGB in gleicher Weise. So ist in folgendem Fall ein Verwaltungsakt zu bejahen: Ein Gebührenbescheid weist eine Behörde als Entscheidungsträger aus. Intern hat jedoch ein Privater als vertraglicher Geschäftsbesorger der Behörde die Maßnahme getroffen (BVerwG U 23.8.2011 – 9 C 2/11, juris Rn. 9 ff. = NVwZ 2012, 506 (507)).

      Als Geschäftsbesorger ist ein Privater kein beliehener Unternehmer. Denn er handelt lediglich nachgeordnet im Hoheitsbereich einer Behörde als deren fachkundiger Unterstützer. Dagegen wird ein beliehener Unternehmer innerhalb seines Aufgabengebietes selbstständig als Behörde tätig.

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      Übrigens ist im umgekehrten Fall die Behörde verpflichtet, eine Willenserklärung des Bürgers gegenüber der Behörde sorgfältig auszulegen. So hat sie neben dem Wortlaut eines Antrags auch zu berücksichtigen, ob der Antragsteller mit seiner Erklärung nicht einen anderen Sinn verbunden hat, als es dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. Dies gilt, wenn der Zweck des Antrags und erkennbare Begleitumstände die Auslegung erforderlich machen (BVerwG U 3.3.2005 – 2 C 13/04, juris = NVwZ-RR 2005, 591). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Betroffene denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, welcher angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen (BFH U 8.5.2008 – VI R 12/05, juris = NVwZ-RR 2009, 190; BGH U 20.11.2012 – X ZR 108/10, juris = MDR 2013, 136).

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