Kommunikationswissenschaft. Roland Burkart

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Kommunikationswissenschaft - Roland Burkart

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seit Rene Spitz und dem von ihm erkannten Hospitalismus (= Bezeichnung für pathologische Folgen eines längeren Aufenthaltes in Krankenhäusern u. ä. Anstalten als Folge mangelnder persönlicher Zuwendung) weiß man um die Bedeutung der sozialen Kontakte zwischen Kind und Erwachsenen. Der mit wenig Sozialkontakt einhergehende Mangel an affektiver Zufuhr (Spitz 1980: 279) führt zu schweren und teils irreversiblen Schädigungen im organisch-biologischen, psychischen, geistigen und sozialen Dasein des Kindes.

      17Unter Reifung ist der endogene (genetisch gesteuerte) Anteil der menschlichen Entwicklung (wie z. B. das Anwachsen des Gehirnvolumens) zu verstehen (vgl. Schraml 1972: 91 ff.).

      18Zur Sozialisationsthematik vgl. auch Geulen/Veith (2004), Veith (2008), Zimmermann (2000).

      19Gemeint ist hier insb. der „Nutzenansatz“, der das Verhalten des Medienrezipienten mit Hilfe des Symbolischen Interaktionismus modelliert (vgl. dazu weiter unten Kap. 6.5).

      20Selbstverständlich gibt es keine Gesellschaft, in der sich alle Mitglieder in allen Handlungsbereichen stets rollenkonform verhalten. Gerade die Alltagserfahrung zeigt ja, dass neue soziale Rollen entstehen, sich verändern und auch auflösen können. Es handelt sich hier eben nicht um ein statisches Phänomen, sondern um einen dynamischen Prozess, der sozialen Wandel stets impliziert.

      21Siehe dazu auch die drei Prämissen des S.I., die bereits weiter oben (Kap. 2.5) angesprochen wurden.

      22Folgerichtig wird Sozialisation im Horizont des S.I. bisweilen auch als „Perspektivenerwerb“ (Helle 1977: 85) bezeichnet.

      23Hier schließt Mead an den Psychologen William James (1842–1910) an, der in seinem Konzept des „sozialen Selbst“ das Ergebnis der Anerkennung oder Beurteilung sah, die ein Mensch von Anderen erhält (vgl. Stryker 1976: 258). James bereitete damit bereits jene Sichtweise vor, die das Individuum als in sozialen Beziehungen verwurzelt erkannte. Vgl. dazu auch die Unterscheidung von „personaler“ und „sozialer“ Identität bei Goffman (1977).

      24Cooley weist nachdrücklich auf den subjektiven Charakter der Vorstellung von der Beurteilung unserer Erscheinung hin: „Das, was in uns Stolz oder Beschämung auslöst, ist nicht die bloße mechanische Spiegelung unserer selbst, sondern ein unterstelltes Gefühl, die imaginierte Wirkung dieses Spiegelbildes auf das Denken des anderen“ (Cooley, zit. n. Cardwell 1976: 121). Mit diesem Verweis auf das „unterstellte Gefühl“ und die „imaginierte Wirkung“ steht also der individuelle Wertungsprozess seitens des jeweils handelnden (und die Reaktionen des anderen interpretierenden) Individuums im Mittelpunkt.

      25Geulen (1977: 115) hat auf den Einfluss Hegels auf Mead’sches Denken hingewiesen (vgl. dazu auch Reck 1963: 24). Hegel nahm ja „ein komplementäres Verhältnis zweier sich erkennender Individuen als ursprünglich an“ (Huch 1974: 24) und verwies damit bereits auf den Umstand, dass sich jedes individuelle Selbstbewusstsein erst auf der Basis wechselseitiger Anerkennung bildet (Huch ebd.).

      26Vgl. dazu das illustrative empirische Beispiel über die Vielfältigkeit der Rezeption des österreichischen Boulevardblattes Kronen-Zeitung (Bruck/Stocker 2002).

      27Vgl. dazu auch die Erkenntnisse über die Nutzung der Massenmedien (Kap. 6.5).

      28Mead erkennt die Existenz von Gesten auch im Tierreich an; er verdeutlicht dies bisweilen am Beispiel von miteinander kämpfenden Hunden (ebd.) sowie anhand der Vokalgesten von Vögeln (ebd.: 101). Mittlerweile scheint nachweisbar zu sein, dass sogenannte Zeigegesten (mit denen auf etwas hingewiesen wird) und insbesondere ikonische Gesten (So tun als ob) im Tierreich nicht vorkommen und einzigartig für den Menschen sind (Tomasello 2020: 158 ff.).

      29Mead weist darauf hin, dass der Säugling mit einer überaus großen Sensibilität für mimische Gesten geboren wird. So reagiert das Neugeborene z. B. auf einen Gesichtsausdruck früher als auf die meisten anderen Reize (Mead 1968: 419). Zu ähnlichen Befunden kam später auch Spitz (1980: 69 ff.).

      Im vorigen Kapitel wurde Kommunikation als elementare Bedingung phylogenetischer und ontogenetischer Menschwerdung erkannt. In diesem Abschnitt soll nun auf Basis des weiter oben entwickelten Kommunikationsbegriffes eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit Massenkommunikation erfolgen.

      Darf man, soll man – so mögen sich kritische Leser jetzt fragen – im dritten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends mit Blick auf Internet, Social Media und Co. überhaupt noch von Massenkommunikation sprechen? Es war doch bereits im 20.Jahrhundert vom sogenannten „Decline of Mass Media“ (Maisel 1973), also vom „Abstieg der Massenmedien“ und von der Entwicklung hin zur Zielgruppenkommunikation die Rede.

      In einer auf die USA bezogenen empirischen Untersuchung überprüfte Richard Maisel (1973) für den Zeitraum von 1950–70 die von zwei Nationalökonomen (Merrill/ Lowenstein 1971) entwickelte „Drei-Stufen-Theorie“ der kommunikativen Differenzierung. Danach ist eine Gesellschaft je nach ihrem Entwicklungsstand durch Elitemedien, populäre Medien (= Massenmedien) und Spezialmedien gekennzeichnet. Für die Existenz von Spezialmedien müssen hoher Bildungsstandard, Wohlstand, frei verfügbare Zeit sowie eine ausreichende Bevölkerungsgröße vorhanden sein. „Spezialisierung aller gesellschaftlichen Bereiche in den fortgeschrittenen Industriegesellschaften zieht auch eine Spezialisierung von Bedürfnissen und Geschmacksrichtungen nach sich, eben auch und gerade in den für diese Gesellschaften ungemein wichtigen Bereichen Kommunikation und Information. Spezialisierung der Medien kann dabei per Medien-Einheit (Beispiel: die Hörfunkentwicklung in den USA zu E-Musik- sowie Pop-Stationen) oder innerhalb der Medien (Beispiel: Zielgruppenprogramme beim Fernsehen) erfolgen“ (Kiefer 1982: 14); „vom broadcasting zum narrowcasting” sozusagen (Schulz 2011: 131). Die von Kiefer (1982) vorgelegte Trendanalyse (die Mediennutzungsdaten seit 1964 verwendete) deutete damals schon darauf hin, dass sich dieser Trend auch in Deutschland auszubreiten begann.

      Diese Entwicklung hat sich mittlerweile vollzogen.1 Man könnte also argumentieren, Zielgruppenkommunikation wäre der angemessene Nachfolge-Terminus für Massenkommunikation, letzterer sollte daher aus der Fachsprache eliminiert werden.

      Ich halte das allerdings für wenig sinnvoll. Abgesehen davon, dass die Bezeichnung Massenkommunikation bis in die Alltagssprache hinein gebräuchlich ist und wohl nur schwer durch ein anderes Wort ersetzt werden kann, gibt es weitaus gewichtigere inhaltliche Gründe, die dagegen sprechen, den Terminus Massenkommunikation auf die begriffliche Müllhalde zu verbannen. Die beiden Wortbestandteile verweisen nämlich auf strukturelle Grundmuster eines Prozesses, der keineswegs als überholt zu begreifen ist – wenn man ihn nur angemessen interpretiert. Auf dieser Grundlage sowie unter Bezugnahme auf aktuelle empirische Daten lässt sich nämlich begründet vermuten, dass das, was Massenkommunikation im Kern meint, entgegen manch vorschneller (Fehl-)Diagnosen wohl noch lange nicht verschwinden wird.

      Doch der Reihe nach: Zunächst muss es darum gehen, den „klassischen“ Begriff der Massenkommunikation überhaupt zu verstehen, der für die Gesellschaft des 20. Jahrhunderts so charakteristisch war, wie kaum ein anderer.

      Der angloamerikanische Terminus mass communication taucht erstmals Ende der 1920er Jahre in den USA auf.2 Mit mass

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