Die moderne Erlebnispädagogik. Rainald Baig-Schneider
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1.3 Wissenschaft, Methode, Verfahren oder pädagogische Grundhaltung?
Eine wesentliche (wissenschaftliche) Frage in der modernen Erlebnispädagogik ist die, ob es sich bei der Erlebnispädagogik um eine Wissenschaft oder um eine Methode handelt. Argumente für eine Erlebnispädagogik als (Teil)Wissenschaft liefert Jörg Ziegenspeck:
„Erlebnispädagogik“ als „(Teil)Wissenschaft“ 33
Wenn Erlebnispädagogik als (Teil)Wissenschaft definiert wird, kann verallgemeinert werden, dass eine Wissenschaft selbst nie gleichzeitig auch Methode sein kann. Was für die Medizin, Theologie oder Betriebswirtschaft gilt, gilt daher auch für die Erlebnispädagogik: wird in den aufgezählten Disziplinen von Methoden gesprochen, sind die der jeweiligen Disziplinen theoretisch und praktisch verpflichtet gemeint (z.B. spricht man von sozialwissenschaftlichen Methoden, nie aber von der Sozialwissenschaft als einer Methode, von medizinischen Behandlungsmethoden, von Forschungsmethoden in den jeweiligen wissenschaftlichen Disziplinen). Mit anderen Worten: auch die Erlebnispädagogik hat ihre eigenen Methoden und wird im Zuge ihrer weiteren Entwicklung und differenzierenden Ausgestaltung spezifische Methoden zu entwickeln wissen.
Betrachten wir also die „Erlebnis-Pädagogik“, bedeutet dies, dass wir uns in einer speziellen wissenschaftlichen Disziplin mit seiner speziellen Gegenstandskonstruktion (Was wird innerhalb dieser Disziplin wissenschaftlich betrachtet) und speziellen Wegen der Erkenntnisgewinnung (Wie gelange ich zu wissenschaftlichem Wissen) bewegen.
Dies bedeutet aber zumeist auch, dass im Rahmen der Pädagogik wissenschafltiches Wissen generiert wird und nicht explizit praktisches Wissen (Theorie-Praxis Problem)
Erlebnispädagogik als „Verfahren“
Ein anderer Ansatz ist, die Erlebnispädagogik als „Verfahren“ zu beschreiben.
Ein Verfahren nenne ich einen in sich konsistenten Handlungsansatz zur Steuerung anspruchsvoller Beziehungsarbeiten (…) Ein Verfahren enthält nicht nur eine Theorie fachlichen Handelns (Praxeologie) – wie etwa eine Methodik – sondern auch Theorien und Konzepte zur Integration der Geschehnisse, mit denen sie befasst ist (Interpretationsfolien) und vor allem eine Philosophie, die dieses Handeln begründet und rechtfertigt.34
Ein Verfahren ist also ein stringenter Handlungsansatz mit einem speziellen Philosophie-Theorie-Praxis Verhältnis. Viele erlebnispädagogische Ansätze, die mit einem Copyright geschützt sind, können als Verfahren dargestellt werden. Betrachtet man die Internetauftritte solcher Ansätze folgen diese dem oben dargestellten Verfahrensschema (Wer sind wir, Unsere Philosophie, Was ist Erlebnispädagogik, Wie gehen wir vor), wobei aber die philosophisch-theoretisch-methodischen Ansätze durchaus aus ganz unterschiedlichen Bereichen stammen können. Es ist Aufgabe des Verfahrens diese Unterschiedlichkeiten zu einem stringenten Ganzen zu formen. Als praktisches allgemeines Beispiel sei hier das Verfahren des Neurolingusitischen Programmierens (NLP) genannt, in dem die unterschiedlichsten therapeutischen/kommunikationstheroretischen Ansätze zu einem neuen in sich schlüssigen Verfahren zusammengefasst wurden. In der Erlebnispädagogik wäre die Erlebnistherapie von Hahn ein Beispiel für ein erlebnispädagogisches Verfahren (vgl. Kapitel 10 Systematik der modernen Erlebnispädagogik).
Erlebnispädagogik als „Methode“ 35
Methoden (griech. methodos Vorgehen, Verfahren; engl. methods) 36
Methoden beschreiben das praktische „Vorgehen“, beinhalten eine methodisch-praktische Komponente und sind auf der Ebene der Handlung angesiedelt. Im englischen Sprachraum wird daher oft auch von „Tools“ gesprochen, von Werkzeug dessen man sich bedient. Ein Beispiel dafür sind z.B. die Methoden der Gesprächsführung aus der Systemischen Therapie, die eine gelungene Kommunikation ermöglichen sollen. Als Beispiel im Bereich der Erlebnispädagogik wären die handlungsorientierten Problemlösungsaufgaben zu nennen, die in speziellen Methodensammlungen (Was brauche ich, Wie leite ich an…) gesammelt werden und dann zur erlebnispädagogischen Prozessgestaltung verwendet werden können. Der Vorteil dieser „praktischen Betrachtungsweise“ liegt darin, dass Methoden nicht auf spezifische Handlungsfelder festgelegt sind: sie können in den verschiedensten Verfahren (z.B. therapeutische Verfahren wie Psychodrama) und