Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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sehen verstorbene Personen im Traum öfter doppelt (ich meine wir wissen daß sie tod sind und sprechen doch mit ihnen, erzählen es ihnen wohl gar selbst), ich sage öfter als daß es bloßer Zufall sein könnte. Es verdient daher unsere Aufmerksamkeit. Es rührt also wahrscheinlich davon her, daß unser Gehirn doppelt ist, symmetrisch, oder daß wir würklich wachend uns eben so die Sache vorstellen, und daß uns die Vernunft bei jedem Schritt immer wieder belehrt.

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      Wenn einem zum Tod Verurteilten eine Stunde geschenkt wird, so ist sie ein Leben wert.

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      Wir wissen zuverlässig, daß ihm ein einziger so genannter Kraft-Ausdruck oft 2 bis 3 Stunden kosten soll. Solche Mühe gibt sich die Natur die Menschen bei solchen Jahren von Kindereien abzuhalten und solche Mühe geben sich schwache Köpfe der Natur entgegen zu arbeiten.

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      Daß Leute, die so erstaunlich lesen, oft so schlechte Denker sind kann seinen Grund ebenfalls in der Beschaffenheit unseres Gehirns haben. Es ist ja wahrhaftig nicht einerlei ob ich einen Satz ohne Mühe lerne, oder ob ich selbst nach meinem System endlich darauf komme. Beim letztern hat alles Wurzeln, beim erstern ist es bloß angeklebt.

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      Ich gehe oft, wenn ein Bekannter vorbeigeht, vom Fenster weg, nicht sowohl um ihm die Mühe einer Verbeugung, als vielmehr mir die Verlegenheit zu ersparen zu sehen, daß er mir keine macht.

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      Daß wir uns im Traume selbst sehen, kommt vom Spiegel-Sehen her, bei welchem wir nicht denken, daß es im Spiegel ist. Es ist aber im Traum die Vorstellung lebhafter und das Bewußtsein und Denken geringer.

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      Es sind gewiß wenig Pflichten in der Welt so wichtig als die die Fortdauer des Menschen-Geschlechts zu befördern, und sich selbst zu erhalten, denn zu keiner werden wir durch so reizende Mittel gezogen, als zu diesen beiden.

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      Er war zwar etwas unpoliert, aber würklich ein rechter Zebra unter den Eseln, oder unter seiner Gesellschaft.

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      Wenn du die Geschichte eines großen Verbrechers liesest, so danke immer, ehe du ihn verdammst, dem gütigen Himmel, der dich mit deinem ehrlichen Gesicht nicht an den Anfang einer solchen Reihe von Umständen gestellt hat.

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      Du glaubst ich laufe dem Sonderbaren nach weil ich das Schöne nicht kenne, nein weil du das Schöne nicht kennst, deswegen suche ich das Sonderbare.

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      So wie man jeden ganzen Feiertag für einen Sonntag, und (den) folgenden Tag für einen Montag hält.

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      So wie die Knaben so lange kratzen und schaben bis sie einen Bart heraus schaben.

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      Schmierbuch-Methode bestens zu empfehlen. Keine Wendung, keinen Ausdruck unaufgeschrieben zu lassen. Reichtum erwirbt man sich auch durch Ersparung der Pfennigs-Wahrheiten.

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      Eine Regel beim Lesen ist die Absicht des Verfassers, und den Hauptgedanken sich auf wenig Worte zu bringen und sich unter dieser Gestalt eigen zu machen. Wer so liest ist beschäftigt, und gewinnt, es gibt eine Art von Lektüre wobei der Geist gar nichts gewinnt, und viel mehr verliert, es ist das Lesen ohne Vergleichung mit seinem eigenen Vorrat und ohne Vereinigung mit seinem Meinungs-System.

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      Wir bewundern zuweilen die Kräftigkeit der Sprachen unausgebildeter Nationen, die unsrige ist es nicht weniger, unsere gemeinsten Ausdrücke sind oft sehr poetisch, allein das Poetische eines Ausdrucks verliert sich, wenn er uns gemein wird, der Laut bringt den Begriff hervor, und das Bild, das vorher das Mittel war, verschwindet und mit ihm zugleich alle die Neben-Ideen.

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       Inhaltsverzeichnis

      Die Haare stehen einem zu Berge, wenn man bedenkt: was für Zeit und Mühe auf die Erklärung der Bibel gewendet worden ist. Wahrscheinlich ein Million Oktav-Bände jeder so stark als einer der allg(emeinen). d(eutschen). Biblioth. Und was wird am Ende der Preis dieser Bemühungen nach Jahrhunderten oder -tausenden sein? Gewiß kein anderer als der: die Bibel ist ein Buch von Menschen geschrieben, wie alle Bücher. Von Menschen die etwas anderes waren als wir, weil sie in etwas andern Zeiten lebten; etwas simpler in manchen Stücken waren als wie wir, dafür aber auch sehr viel unwissender; daß sie also ein Buch sei worin manches Wahre und manches Falsche, manches Gute und manches Schlechte enthalten ist. Je mehr eine Erklärung die Bibel zu einem ganz gewöhnlichen Buche macht, desto besser ist sie, alles das würde auch schon längst geschehen sein, wenn nicht unsere Erziehung, unsere unbändige Leichtgläubigkeit und die gegenwärtige Lage der Sache entgegen wären.

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      Zu Aufweckung des in jedem Menschen schlafenden Systems ist das Schreiben vortrefflich, und jeder der je geschrieben hat, wird gefunden haben, daß Schreiben immer etwas erweckt was man vorher nicht deutlich erkannte, ob es gleich in uns lag.

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      Man soll alle Menschen gewöhnen von Kindheit an in große Bücher zu schreiben, alle ihre Exercitia, in hartes Schweinsleder gebunden. Da sich kein Gesetz daraus machen läßt, so muß man Eltern darum bitten, wenigstens mit Kindern, die zum Studieren bestimmt sind. Wenn man jetzt Newtons Schreibbücher hätte! Wenn ich einen Sohn hätte, so müßte er gar kein Papier unter Händen bekommen, als eingebundenes, zerrisse er es, oder besudelte er es, so würde ich mit väterlicher Dinte dabei schreiben: dieses hat mein Sohn anno * den * ten besudelt. Man läßt den Körper und Seele, das Punctum saliens der Maschine fortwachsen und verschweigt und vergißt es. Die Schönheit wandelt auf den Straßen, warum sollten nicht in dem Familien-Archiv die Produkte, oder vielmehr die Signaturen der Fortschritte des Geistes hinterlegt bleiben, und der Wachstum dort eben so sichtbar aufbewahrt liegen können? Der Rand müßte gebrochen werden, und auf einer Seite immer die Umstände und zwar sehr unparteiisch geschrieben werden. Was für ein Vergnügen würde es mir sein, jetzt meine Schreibbücher alle zu übersehen! Seine eigne Naturgeschichte! Man sieht jetzt immer was man ist und sehr schwach was man war. Man müßte den eigentlichen Gegenstand der Sammlung die Dinge nicht zu oft sehen lassen. Vielleicht nur erst spät sehen lassen, das übrige müßte er bloß aus Relationen kennen. Man hebt die Kinderhäubchen auf, und ich habe öfters selbst den Zusammenkünften mit beigewohnt, da man einem sehr großen, besoldeten und ansehnlichen Kopf sein Kinderhäubchen wies. Warum nicht eben so mit Werken des Geistes. Die Eltern könnten eine solche Sammlung von Bänden eben so aufbewahren, wie ihr Kind, denn es ist der Spiegel desselben. Wie sie seinen Leib zu bilden haben lehrt sie ihr Auge; wie seinen Geist, der Anblick dieser Bände. Vom 4 ten Jahre glaube ich könnte man anfangen. Kein Band müßte verloren werden. Denn das Papier müssen sie doch bezahlen, und das Aufbehalten macht keine Schwierigkeiten. Ich wüßte nicht welches angenehmer und nützlicher wäre, die Bewegung aller Planeten zu kennen, oder diese Annalen einiger vorzüglicher Menschen. Die Welt würde dadurch sehr gewinnen.

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      Man muß die Kinder in einen Korb sperren, aber ihnen den Korb so angenehm machen als möglich,

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