Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder

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Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang - Johann Gottfried Herder

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style="font-size:15px;">      Daß zuweilen eine falsche Hypothese der richtigen vorzuziehen sei sieht man aus der Lehre von der Freiheit des Menschen. Der Mensch ist gewiß nicht frei, allein es gehört sehr tiefes Studium der Philosophie dazu sich (durch) diese Vorstellung nicht irre führen zu lassen; ein Studium zu welchem unter Tausend (die) nicht die Zeit und Gedult haben, und unter 100 die sie haben, kaum einer den Geist hat. Freiheit ist daher eigentlich die bequemste Form sich die Sache zu denken und wird auch allezeit die übliche bleiben, da sie so sehr den Schein für sich hat.

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      Vor Gott gibt es bloß Regeln, eigentlich nur eine Regel und keine Ausnahmen. Weil wir die oberste Regel nicht kennen, so machen wir General-Regeln, die es nicht sind, ja es wäre wohl gar möglich, daß das, was wir Regel nennen, wohl selbst noch für endliche Wesen Ausnahmen sein könnten.

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      Ich glaube Nerven-Krankheiten können dienen, allerlei Verwandtschaft zu entdecken. Ich konnte mich verbrennen, schneiden, stechen pp, das tat mir alles nichts, aber die mindeste Gemütsbewegung riß mich hin. Vergebliches Bemühen von Leuten etwas zu tun, z. E. wenn jemand ein Pferd nicht zum Stillestehen bringen konnte. Auch Musik war mir widerlich, und konnte ich mein eignes Klingeln, ja sogar Holz-Spalten mit einem Hackmesser auf dem Tische sehr gut vertragen.

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      Wenn nur der Scheidepunkt erst überschritten wäre. Mein Gott wie verlangt mich nach dem Augenblick wenn die Zeit für mich aufhören wird Zeit zu sein, in dem Schoß des mütterlichen Alles und Nichts, worin ich damals schlief als der Hainberg angespült wurde, als Epikur, Cäsar, Lukrez lebten und schrieben und Spinoza den größten Gedanken dachte der noch in eines Menschen Kopf gekommen ist.

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      Ich glaube von Grund meiner Seele und nach der reifsten Überlegung, daß die Lehre Christi, gesäubert von dem verfluchten Pfaffenschmier, und gehörig nach unserer Art sich auszudrücken verstanden, das vollkommenste System ist, Ruhe und Glückseligkeit in der Welt am schnellsten, kräftigsten, sichersten und allgemeinsten zu befördern, das ich mir wenigstens denken kann. Allein ich glaube auch daß es noch ein System gibt, das ganz aus der reinen Vernunft erwächst und eben dahin führt, allein es ist nur für geübte Denker und gar nicht für die Menschen überhaupt, und fände es auch Eingang, so müßte man doch die Lehre Christi für die Ausübung wählen. Christus hat sich zugleich nach dem Stoff bequemt, und dieses zwingt selbst dem Atheisten Bewunderung ab. (In welchem Verstand ich hier das Wort Atheist nehme wird jeder Denker fühlen.) Wie leicht müßte es einem solchen Geist gewesen sein ein System für die reine Vernunft zu erdenken, das alle Philosophen völlig befriedigt hätte. Aber wo sind die Menschen dazu? Es wären vielleicht Jahrhunderte verstrichen, wo man es gar nicht verstanden hätte, und so etwas soll dienen das menschliche Geschlecht zu leiten und zu lenken und in der Todesstunde aufzurichten? Ja was würden nicht die Jesuiten aller Zeiten und aller Völker daraus gemacht haben? Was die Menschen leiten soll muß wahr aber allen verständlich sein. Wenn es ihm auch in Bildern beigebracht wird, die er sich bei jeder Stufe der Erkenntnis anders erklärt. S. p. 47.

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      Wer weniger hat als er begehret, muß wissen daß er mehr hat als er wert ist (nicht πμ).

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       Hier wo die Krankheiten so wohlfeil und die Arzneien so teuer sind.

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      Hinten hat er einen falschen Zopf eingebunden und vornen ein frommes Gesicht, das nicht viel echter war, auch zuweilen wie jener bei heftigen Bewegungen ausfiel.

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      Das Zimmer war ganz leer ein bißchen Sonnenschein aus der zweiten Hand ausgenommen, das auf der Erde lag.

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      Das Schlimmste, daß ich in meiner Krankheit gar die Dinge nicht mehr denke und fühle ohne mich hauptsächlich mit zu fühlen. Ich bin mir in allem des Leidens bewußt, alles wird subjektiv bei mir und zwar bezieht sich alles auf meine Empfindlichkeit und Krankheit. Ich sehe die ganze Welt als eine Maschine an die da ist um mich meine Krankheit und mein Leiden auf alle mögliche Weise fühlen zu machen. Ein pathologischer Egoist. Es ist ein höchst trauriger Zustand. Hier muß ich sehen ob noch Kraft in mir ist, ob ich dieses überwältigen kann, wo nicht so bin ich verloren. Allein diese Art Krankheit ist mir schon gleichsam zur 2 ten Natur geworden. Wenn mir nur eine schickliche Arznei das erste Differential von Stoß gäbe!! Pusillanimität ist das rechte Wort für meine Krankheit, aber (wie) benimmt man sich die? Diese zu überwinden würde Ehrensäulen verdienen, aber wer setzt dem Menschen Ehrensäulen, der sich aus einem alten Weibe zum Manne macht?

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      Nun weiß ich was das heißt sich ermannen, wenn man schon ermannt ist, so ist es gut andern anzuraten. Was der Mensch elend ist, wenn er alles selbst tun soll, es heißt ein Wunder von ihm fordern, wenn man seine Selbst-Erhaltung von ihm fordert.

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      Übe, übe deine Kräfte, was dich jetzt Mühe kostet wird endlich maschinenmäßig werden.

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      Ich glaube nicht, daß es ganz unmöglich wäre daß ein Mensch ewig leben könne, denn immer Abnehmen schließt den Begriff von Aufhören nicht notwendig in sich.

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       Meine Phantasie scheute, so wie Pferde und lief fort mit mir. Dieses drückt meinen Zustand in der Empfindlichkeit am besten aus.

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      Eine ganze Milchstraße von Einfällen.

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      Wenn es noch ein Tier gäbe dem Menschen an Kräften überlegen, das sich zuweilen ein Vergnügen machte mit ihm zu spielen, wie die Kinder mit Maikäfern, oder sie in Kabinetten aufspießte wie Schmetterlinge. Ein solches Tier würde wohl am Ende ausgerottet werden, zumal wenn es nicht an Geisteskräften dem Menschen sehr weit überlegen wäre. Es würde ihm unmöglich sein sich gegen die Menschen zu halten. Es müßte ihn dann verhindern seine Kräfte im mindesten zu üben. Ein solches Tier ist aber würklich der Despotismus und doch hält er sich noch an so vielen Orten. Bei der Geschichte des Tieres muß aber auch angenommen werden, daß das Tier den Menschen nicht wohl entbehren kann.

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      Wenn die Hunde, die Wespen und die Hornisse mit menschlicher Vernunft begabt wären, so könnten sie sich vielleicht der Welt bemächtigen.

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      Diese ganze Lehre taugt zu nichts als darüber zu disputieren.

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      Die Leichenöffnungen können diejenigen Fehler nicht entdecken, die mit dem Tode aufhören.

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      Das ist die Wetterseite meiner moralischen Konstitution, da kann ich was aushalten.

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      Eine große Rede läßt sich leicht auswendig lernen und noch leichter ein großes Gedicht. Wie schwer würde es nicht halten, eben so viel ohne allen Sinn verbundene Wörter, oder eine Rede in einer fremden Sprache zu memorieren. Also Sinn und Verstand kömmt dem Gedächtnis zu Hülfe. Sinn ist Ordnung und Ordnung ist doch am Ende Übereinstimmung mit unserer Natur. Wenn wir vernünftig sprechen, sprechen wir nur immer unser Wesen und unsere Natur. Um unserm Gedächtnisse etwas einzuverleiben

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