Mythologie für Dummies. Christopher W. Blackwell

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Beispiel für einen Mythos, der mit der Zeit immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, ist die lange, verwickelte Reise des Mythos des Troilos, des Königssohns von Troja. Die Figur Troilos begann als eher unbedeutende Gestalt in Homers Ilias. Im Laufe der Zeit jedoch und unter tatkräftiger Mithilfe der unterschiedlichsten Schriftsteller, die sich gerade für diese Figur interessierten, wurde er schließlich zu einer wichtigen Heldenfigur in Shakespeares Werk.

       Der Mitleid erregende trojanische Königssohn

      Troilos begann seine Laufbahn nicht in der ersten Liga der mythologischen Gestalten. Zuerst begegnet er uns in Homers Versepos Ilias, in der einige Episoden des Trojanischen Krieges erzählt werden. Ausführlich beschäftigen wir uns mit dieser Geschichte in Kapitel 7. Allerdings ist die Gestalt des Troilos bei Homer derart unbedeutend, dass er dort nicht einmal besonders erwähnt wird. Troilos war einer der vielen, vielen Söhne des Priamos, des Königs von Troja. Sein Auftreten in der Ilias hatte hauptsächlich dramatische Gründe: Er wurde gleich zu Beginn von Achill getötet, der dann später als Zerstörer Trojas in die Geschichte einging. Sein Tod nimmt gleichzeitig den Mord an Hektor, Troilos’ wichtigerem älterem Bruder, vorweg.

       Frühe Schundromane: Mittelalterliche Autoren entdecken Troilos wieder

      Springen Sie jetzt bitte aus der frühen griechischen Antike 1500 Jahre weiter ins zwölfte Jahrhundert. Während des »Hochmittelalters« bediente sich ein französischer Autor namens Benoît de Sainte-Maure der Geschichte des Troilos und machte daraus einen Roman: Roman de Troie. De Sainte-Maure schilderte Troilos als einen unschuldigen jungen Mann. Er stellte dem jungen Helden Trojas außerdem eine Geliebte zur Seite: Briseida. (Bei Homer hieß Briseida noch Briseïs und war die Geliebte des Achill; de Sainte-Maure dachte sich wohl, es wäre eine gute Idee, sie Troilos zur Seite zu stellen und dabei den Namen ein wenig abzuändern.)

      Die Geschichte in seiner Version betont die tragischen Seiten eines verratenen Liebhabers. Troilos und Briseida waren unsterblich ineinander verliebt und tauschten vielfach Liebesschwüre aus. Dann aber wurde Briseida von den Griechen gefangen genommen und – wie es eben so geht – sie verliebte sich dort in den griechischen Helden Diomedes. Der arme Troilos, in seinem Herzen gebrochen, starb schließlich durch die Hand Achills. In dieser Geschichte also dient die Figur des Troilos dazu, eine zutiefst bewegende Geschichte romantischer Liebe und tragischer Unschuld zu erzählen.

       Auf nach Italien und England

      Giovanni Boccaccio, ein berühmter mittelalterlicher italienischer Schriftsteller, nahm die Geschichte von Troilos und erzählte sie in seinem um 1338 erschienenen Buch Il Filostrato (»Der Betrogene«) neu. Den Namen der Geliebten änderte er in Cressida, wohl um sie unmissverständlich von Achills Geliebter Briseïs zu unterscheiden. Der englische Autor Geoffrey Chaucer nahm sich dieser Geschichte einige Zeit später erneut an. Sein Buch hieß Troilos und Criseyde. Beide Autoren betonten in ihren Büchern unter anderem den Aspekt der romantischen, tragischen Liebe in dieser Geschichte.

       Troilos und Cressida sind auch heute noch gegenwärtig

      Troilos und Cressida sind auch heute noch präsent, weil die Menschen Shakespeares Drama immer noch für aufschlussreich und bedeutungsvoll halten. Ihre Geschichte findet aber auch auf einer viel alltäglicheren Ebene weiterhin Verwendung. So gab zum Beispiel der Autobauer Toyota in den 1990er Jahren einem seiner Autos den Namen Cressida – eine Namensgebung, deren Weisheit allerdings bezweifelt werden darf, ist doch Cressida diejenige, die ihren Geliebten verlassen und seinem Mörder ausgeliefert hat. Ein anderes Beispiel: Als 1986 die Raumsonde Voyager am Planeten Uranus vorbeiflog, gab man einem neu entdeckten kleinen Mond den Namen Cressida.

      Auf diese Weise also überdauern Mythen die Zeit und verändern sich dabei allmählich. Auch wenn die Figur des Troilos ursprünglich ziemlich unbedeutend war, so tauchen sein Name und seine Geschichte doch immer wieder bei Homer und anderen griechischen und römischen Dichtern sowie bei mittelalterlichen Schriftstellern aus Frankreich, Italien und England auf. 1500 Jahre nach seiner Erfindung erhält er eine Geliebte, deren Name sich mehrfach ändert und die schließlich bis in unsere Zeit hinein als Namensgeberin für ein Auto und einen kleinen Mond eines fernen Planeten lebendig geblieben ist.

      Mythen sind überall

      Ob auf der Straße oder im Urlaub – man kann sich der Gegenwart und dem Einfluss von Mythen nicht entziehen. Sie sind überall! Die Werbung bedient sich ihrer wegen ihrer großen emotionalen Wirkung. Oder Objekte bekommen mythologische Namen, weil es einfach dem Trend entspricht beziehungsweise um eine bestimmte innere Haltung zum Ausdruck zu bringen. Oder weil die Leute schlicht gerne Sachen kaufen, die solche Namen tragen. (Denken Sie beispielsweise an die Turnschuhmarke Nike.)

       Mythen am Steuer

      Wenn Sie Ihr Toyota Cressida verraten sollte (siehe oben) – was eher unwahrscheinlich erscheint –, so können Sie jederzeit auf andere Modelle umsteigen, deren Namen auch Mythen entlehnt wurden. Wie wäre es etwa mit einem Legend (von Acura, einer Tochtermarke des Autobauers Honda)?

      Am Steuer eines Toyota Avalon werden Sie sich bestimmt wie König Artus persönlich fühlen. In einem Cadillac El Dorado wiederum wird Sie das Gefühl unerhörten indianischen Reichtums umgeben. Ihr Ausflug an den Strand zusammen mit den Kindern wird Ihnen vielleicht wie eine endlose Reise vorkommen, vorausgesetzt

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