Mythologie für Dummies. Christopher W. Blackwell
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Musik und Mythen
Die Komponisten des 19. bis hinein ins frühe 20. Jahrhundert waren in mythologische Stoffe geradezu vernarrt. Der berühmteste dieser Komponisten ist wohl Richard Wagner mit seinem Ring des Nibelungen, einer Folge von vier Opern über nordisch-deutsche Mythen: Das Rheingold, Die Walküre, Siegfried und die Götterdämmerung. Ein anderer deutscher Komponist, Richard Strauss, schrieb gegen Ende des 19. Jahrhunderts Musik, die sich zum Beispiel von den griechischen Mythen um Theseus und Ariadne oder um Elektra inspirieren ließ.
Mythen im Film
Die Mythologie in der Kunst ist nicht unbedingt etwas, wozu man nur dann Zugang erhält, wenn man sich vorher extra schick in Schale geworfen hat. Auch außerhalb der Rituale der Hochkultur trifft man auf Kunst, die sich von der Mythologie hat inspirieren lassen. Kürzlich las ich Maurice Sendaks Kinderbuch Wo die wilden Kerle wohnen meiner dreijährigen Tochter vor. Es fiel mir auf, dass die Geschichte im Wesentlichen die Geschichte von Odysseus in sehr geraffter Form nacherzählt. Der Held dieses Buches ist boshaft und wird gegen seinen Willen aus dem normalen Leben ausgestoßen. Auf seiner anschließenden Reise ist er verschiedenen Gefahren ausgesetzt, die er durch seine Charakterstärke zu überwinden weiß. In einem fernen Land weit weg von zu Hause wird ihm eine mit großen Ehren verbundene Stellung angeboten. Er entscheidet sich gegen dieses Angebot und kehrt zurück nach Hause, obwohl er weiß, dass ihn dort nur wieder die alten Probleme erwarten, die er zu Beginn seiner Reise zurückgelassen hatte. Am Ende löst sich alles in Wohlgefallen auf. Eine gute Geschichte für mein Kind, und eine gute Geschichte für die Menschen der letzten 3000 Jahre.
Auch im Kino begegnen einem ständig Mythen. Walt Disneys Verfilmung von Schneewittchen wird jedem Zuschauer vertraut vorkommen, der die griechische Geschichte von Persephone kennt. Persephone nämlich wurde von ihrer Mutter getrennt, der gütigen Göttin Demeter, und von Hades, dem Gott der Unterwelt, geraubt. Sie muss schließlich einen Teil des Jahres »tot« in der Unterwelt verbringen (weil sie mit Hades verheiratet war); den Rest des Jahres darf sie unter den Lebenden weilen. (Mehr zu dieser Geschichte in Kapitel 4.) Walt Disneys Version folgt diesem Muster, außer dass die weiblichen Figuren bis auf die Titelheldin böse erscheinen und die männlichen alle gut. Schneewittchen flieht vor ihrer bösen Stiefmutter und wird schließlich von den Zwergen aufgenommen (die unter der Erde in einer Mine arbeiten). Gegen Ende des Films »tötet« ihre Stiefmutter sie. Ein vorbeikommender Prinz erweckt sie schließlich wieder zum Leben. Schaut man sich den Zeichentrickfilm genauer an, so kann man sogar sehen, wie Schneewittchen in die Unterwelt fällt, bevor sie auf die Zwerge trifft. In dem seinerzeit umstrittenen amerikanischen Film Angel Heart, der vor einigen Jahren in den Kinos lief, wird die griechische Tragödie von Ödipus neu erzählt. In einem anderen, von den Cohen-Brüdern inszenierten Film mit dem Titel O Brother Where Art Thou? geben die Filmemacher ihre Version des Odysseus-Stoffes. Die Hauptfigur des Films trägt sogar den Namen Ulysses, den römischen Name für Odysseus.
In vielen anderen Filmen können Sie ebenfalls mythische Stoffe wiederfinden. Achten Sie mal darauf!
Lernen Sie mehr über Mythen und verdienen Sie 461 Millionen Dollar!
Es führt kein Weg daran vorbei – Mythen sind wichtig, vielleicht sogar von entscheidender Bedeutung. Die Menschen wissen, dass manche Dinge, die wahr sind, nicht mit den Mitteln und der Sprache der Wissenschaft oder Theologie im engeren Sinne beschrieben und erfasst werden können. Diese Wahrheiten lassen sich nur mithilfe symbolischer Geschichten darstellen. Sobald die Menschen auf Geschichten stoßen, die solche Symbole enthalten, fühlen sie sich angesprochen.
Der Filmemacher George Lucas wusste dies ganz genau. Das ist wohl einer der Gründe dafür, warum sein Film Star Wars (Krieg der Sterne) 461 Millionen Dollar in die Kinokassen brachte. Sein Film lehnt sich sehr eng an mythologische Vorbilder an. Um Ihnen aber nicht den Spaß zu verderben, verrate ich hier nichts Näheres. Versuchen Sie es doch selbst einmal, vorausgesetzt natürlich, Sie gehören nicht zu der Hand voll Leute, die den Film noch nicht gesehen haben. Nach der Lektüre dieses Buches könnten Sie sich doch den Film noch einmal mit Ihrem neu erworbenen Wissen anschauen und herauszufinden versuchen, welche unterschiedlichen Mythen in George Lucas’ Geschichte in neuer Gestalt wieder auftauchen, einer Geschichte über einen jungen Mann, der die heimatliche Farm verlässt und in Ereignisse von universaler Bedeutung verstrickt wird.
Möge die Macht mit Ihnen sein!
Teil II
Wo alles begann: Die griechische Mythologie
IN DIESEM TEIL …
Ah, die Griechen – jene Kultur, die am Beginn der westlichen Zivilisation steht. In diesem Teil erfahren Sie alles Wissenswerte über die griechischen Götter und Göttinnen und können einige der bekanntesten Geschichten über sie verfolgen. Außerdem werden Sie mit Homers Epen Ilias und Odyssee vertraut gemacht sowie mit den berühmten griechischen Tragödien, die jeder gelesen haben sollte. Wenn Sie sich die verwickelte Geschichte des Ödipus noch einmal vor Augen führen möchten – hier können Sie es tun.
Kapitel 3
Der griechische Schöpfungsmythos und einige wirklich uralte griechische Götter
IN DIESEM KAPITEL
Die gewaltsame Erschaffung der Welt
Welche Götter schließlich die Oberhand gewannen
Die Erschaffung des Menschen: Wie den Menschen das Feuer gebracht wurde und die Not und das Leid in die Welt kamen
Die Griechen der Antike sahen keine Veranlassung, ihre Mythen in sich geschlossen und widerspruchsfrei zu halten. Es gibt vollkommen unterschiedliche Versionen ein und derselben Geschichte, die friedlich Seite an Seite existierten, ohne dass daran seinerzeit jemand Anstoß genommen zu haben scheint. Dies ist – wie der Leser mittlerweile weiß – ein Charakteristikum von Mythen: Sie sind keine Wissenschaft. Es geht nicht darum, die richtige Antwort zu finden; was zählt, ist, dass man am Ende wenigstens eine richtige Antwort in Händen halten kann. Mitunter mag es sinnvoll erscheinen, dass ein Titan die Menschen aus Lehm geformt hat; zu einer anderen Zeit schien Metall das geeignetere Material für so etwas zu sein.
Eines wiederholt sich allerdings quer durch alle Schöpfungsmythen der Griechen: Die Schöpfung selbst war keine angenehme Sache. Den Griechen zufolge ist das Scheußliche, das sich die Menschen untereinander antun, nicht nur auf die Menschenwelt beschränkt. Auch zwischen den Menschen und den Göttern wie auch unter den Göttern selbst ist unappetitliches Verhalten gang und gäbe. Alles dreht sich nur darum, die Oberhand zu gewinnen, zu behalten oder wiederzuerlangen.
Kurz gefasst geschah den Griechen zufolge bei der Entstehung der Welt Folgendes: Furchterregende Götter betraten zuerst die Bühne; deren Kinder – die besser aussahen und jünger waren – rangen sie schließlich nieder und erschufen die Menschen; die Menschen und die Götter lieferten sich einen Wettlauf darum, wer den größeren Vorteil