Mann meiner Träume. Nicole Knoblauch

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Mann meiner Träume - Nicole Knoblauch

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zurück. Mein langer Rock und die Schürze, die ich darüber trug, hatten sich in einer Hecke verfangen. Ich zog und zerrte. Gar nicht so einfach, sich in diesen eng geschnürten Miedern zu bewegen. Mit einem lauten Fluchen schaffte ich es, die Kleider von den störrischen Ästchen zu lösen. Ich taumelte leicht und die Haube, die mein Haar bedeckte, rutschte mir ins Gesicht. Diese historischen Sachen mochten ja schön aussehen, aber praktisch war etwas anderes.

      Ich schob alle Kleidungsstücke wieder an ihren Platz und betrat die Straße in Richtung Stadt. Die Menschen, die mir begegneten, trugen einfache Kleidung. Wenn mein Eindruck nicht täuschte, unterschied ich mich äußerlich kaum von den anderen Frauen, die sich ihren Weg zwischen den Fuhrwerken hindurch suchten. Hoffte ich zumindest.

      Um mich herum sprachen alle Französisch. Warum überraschte mich das nicht?

      Sobald ich das Stadttor hinter mir gelassen hatte, verteilten sich die Menschen. Da ich keine Ahnung hatte, wo ich mich befand - oder auf was das alles hinauslaufen sollte - folgte ich einfach der breitesten Straße. Wenn 'Straße' das richtige Wort für diesen mit Schlamm und Unrat bedeckten Kopfsteinpflasterweg war. Kleine Fachwerkhäuser mit schmalen Fenstern drängten sich zu beiden Seiten. Und es stank. Der Geruch von Pferdemist, Tieren, Rauch und menschlichen Ausdünstungen vermischte sich zu einem übelriechenden Dunst, der mir das Atmen schwer machte. Wie hielten die Menschen das aus? Aber niemanden schien der Geruch zu stören.

      Ich kam an einer Gruppe Männer vorbei, die um einen langen, ausgemergelt wirkenden Kerl herumstanden und ihn beglückwünschten. In der einen Hand hielt er einen Hahn ohne Kopf, in der anderen eine kleine Axt, von der Blut tropfte.

      „Das wird den Pfaffen lehren, uns Vorräte vorzuenthalten!“, rief er mit durchdringender Stimme und Jubel schlug ihm entgegen. Das sah nach Ärger aus. Schnellen Schrittes bog ich um die nächste Ecke und sah einen gut gekleideten Herren, der von einer Horde schmuddeliger Kinder verfolgt wurde. Die Kinder trugen Schleudern und Stöcke, mit denen sie wild in Richtung des Mannes fuchtelten. Sie blieben jedoch weit genug entfernt, dass er sie nicht zu fassen bekam. „Dich bekommen wir auch noch, du Fettsack!“, tönten ihre Rufe durch die Straße. Einige der anderen Erwachsenen nickten den Kindern freundlich zu, andere blickten betont desinteressiert in eine andere Richtung.

      Hier würde ein Funke reichen, um einen Aufstand anzuzetteln. Was wohl der Grund war?

      Wenn ich hätte raten müssen, hätte ich getippt, mich im Sommer 1789 zu befinden. Der Beginn der Französischen Revolution: Im ganzen Land brannten Schlösser und Klöster, es wurden Bürgerwehren gebildet, die gegen Adel und Kirche kämpften, raubten und plünderten. Der Sturm der Pariser Bevölkerung auf die Bastille am 14. Juli 1789 hatte ein Feuer entfacht, das sich in Windeseile über ganz Frankreich ausgebreitet hatte. Sollte ich tatsächlich mittendrin sein?

      Das war nicht gut. Die meisten dieser Aufstände endeten blutig. Fieberhaft suchte ich nach einem Anhaltspunkt, was ich hier wollen könnte. Und da sah ich ihn: einen Artilleriesoldaten. Ich erkannte die Uniform. Sie glich der Uniform, in der man Napoléon oft auf Bildern sah: französische Artillerie.

      War ich deshalb hier? Sollte dieser Mann mich zu ihm bringen? Ich sah meine Chance und ergriff sie. Ohne nachzudenken oder einen Plan zu haben, sprach ich ihn an: „Monsieur, könntet Ihr mir bitte verraten, welchen Tag wir heute haben? Ich war lange auf Reisen und befürchte, mir sind die Tage durcheinandergeraten.“ Ich lächelte ihn verlegen an. Bitte, bitte, lass ihn diese Erklärung schlucken.

      „Natürlich, Madame!“, antwortete er mit einer leichten Verbeugung. „Wir haben den 26. Juli.“

      „Welches Jahr?“

      Der Mann kniff misstrauisch die Augen zusammen. Sie leuchteten in einem eigentümlichen Braun und musterten mich eindringlich. Lächelnd hielt ich seinem Blick stand.

      Mit einem kurzen Schulterzucken antwortet er: „1789, Madame.“

      26. Juli '89: wenige Tage nach dem Sturm auf die Bastille. Ich brauchte nicht lange, bis mir einfiel, wo ER zu diesem Zeitpunkt stationiert war: Auxonne. Seit 1788 diente er dort als Artillerieleutnant. War das hier Auxonne? „Würdet Ihr mir freundlicherweise eine weitere Frage beantworten?“

      „Das kommt ganz darauf an.“ Ein unverbindliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

      „Ich suche meinen Bruder, der hier stationiert ist. Vielleicht kennt Ihr ihn. Sein Name ist Napoleone Buonaparte.“

      „Ihr seid eine seiner Schwestern?“ Das Lächeln erstarb.

      „Ihr kennt ihn? Wo finde ich meinen Bruder?“

      Er schürzte kurz die Lippen, bevor er vorsichtig antwortete: „Buonaparte ist ein Freund.“ Pause.

      Seine Gesichtszüge entspannten sich und er sagte: „Wenn Ihr möchtet, kann ich Euch zu ihm bringen.“

      „Gerne!“ Mir fiel ein Stein vom Herzen.

      „Tristan Berière zu Euren Diensten.“ Er lüftete den Hut und deutete eine Verbeugung an.

      „Mein Name ist Marie Seurant.“ Ich musste den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu blicken.

      „Ach ja?“ Eine gewisse Vorsicht sprach aus seinem intelligenten Blick. „Buonaparte hat Euch nie erwähnt. Ihr seid verheiratet?“

      Verdammt! Als eine seiner Schwestern hätte ich Buonaparte heißen müssen.

      „Ja“, improvisierte ich, „Aber mein Mann ist nicht hier. Er und mein Bruder – na ja, sind nicht unbedingt Freunde.“ Eine mehr als dünne Geschichte! Mit angehaltenem Atem wartete ich auf eine Reaktion.

      Der Soldat fuhr sich kurz mit der Hand über die Stirn, als wollte er sich die Haare aus dem Gesicht streichen. Diese waren allerdings zu einem Zopf gebunden und der Zweispitz hielt sie aus der Stirn.

      „Ich bringe Euch zu ihm“. Ohne ein weiteres Wort marschierte er los. Ich hatte Mühe, ihm zu folgen.

      „Ihr habt Euch eine unsichere Zeit für Euren Besuch ausgesucht“, sagte er und schob einige Laken zu Seite, die zum Trocknen in den Straßen hingen.

      „Nun“, antwortete ich, ohne wirklich zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. „Als ich mich dazu entschloss, waren die Zeiten ruhig. So eine Reise kann länger dauern, als man beabsichtigt.“

      Wieder musterten mich diese eindringlichen Augen.

      Was immer er mit diesem Blick zu finden gehofft hatte, er teilte es mir nicht mit, sondern schüttelte den Kopf. Wir bahnten uns unseren Weg durch die dreckigen Gassen. Die Häuser standen dicht an dicht und mehr Wäsche versperrte ihm den Weg. Was hatte es für einen Sinn, in diesem Unrat und Gestank Wäsche zu trocknen?

      „Hier ist es!“

      Monsieur Beriéres Worte unterbrachen meine Überlegungen. Wir standen inzwischen auf einem großen Platz, der den Blick auf die Kaserne freigab.

      Sie sah genauso aus, wie ich sie mir nach meinen Recherchen im Internet vorgestellt hatte: Drei Gebäuden, in Hufeisenform ausgerichtet. Die beiden sich gegenüberliegenden Häuser zeigten eine helle Sandsteinfassade. Das Querhaus war weiß getüncht. Die vielen kleinen Fenster ließen erahnen, dass die dahinter liegenden Quartiere nicht viel Platz boten.

      Zu gerne hätte ich das kleine Zimmer besucht, in dem Napoléon viele Monate allein mit seinen Büchern und Studien verbracht

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