Mann meiner Träume. Nicole Knoblauch
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mann meiner Träume - Nicole Knoblauch страница 7
Er verschwand durch das schmiedeeiserne Tor und in einem der Sandsteingebäude. Und wie das in Träumen so ist, kam er wenige Sekunden später wieder heraus. Napoléon folgte ihm.
Mein Herz machte einen Sprung und meine Handflächen begannen feucht zu werden. Ruhig, Marie, das ist nur Napoléon Bonaparte. Dieser Gedanke half nicht wirklich dabei, mich zu beruhigen. Ich atmete tief durch und versuchte, mich abzulenken. Also verglich ich den Mann, der mir entgegenkam, mit dem Jungen von letzter Nacht. Das Gesicht zeigte jetzt mehr Kanten, das Haar trug er länger. Es fiel ihm offen auf die Schultern. Er war immer noch hager und feingliedrig, ohne weiblich zu wirken, und nur einen halben Kopf größer als ich. Den Rock seiner Artillerieuniform schloss er im Gehen.
Alles in allem bot er kein beeindruckendes Bild. Die Kraft und Energie, die von ihm ausgingen, lassen sich allerdings nur schwer in Worte fassen. Er beherrschte den Platz. Anders kann ich es nicht ausdrücken. Ohne Zögern kam er auf mich zu und nahm mich in den Arm. Es folgte ein Kuss auf beide Wangen (jeder von ihnen ließ mein Herz flattern) und eine Begrüßung auf Italienisch.
Tristan Berière verabschiedete sich schmunzelnd. Ich bemerkte es kaum, da Napoléon meine volle Aufmerksamkeit auf sich zog.
„Ich wusste, dass ich Euch eines Tages wiedersehen würde, Mademoiselle Seurant“, begann er das Gespräch. Ein jungenhaftes Grinsen überzog sein Gesicht.
„Seid Ihr deshalb so schnell gekommen?“
„Ja! Ich war etwas verwundert, als Berière mir sagte, meine Schwester sei hier, doch als er Euren Namen nannte ...“ Das Grinsen wurde zu einem schiefen Lächeln und eine zarte Röte legte sich auf seine Wangen. „Er denkt, Ihr und ich ...“ Sein Blick wanderte zu Boden.
„Oh!“ Mehr bekam ich nicht heraus. Meine Wangen begannen zu glühen. Ich alleine mit Napoléon in seinem kleinen Zimmer – besonders dann, wenn ich das wäre, was Tristan Berière vermutete. Dieser Gedanke gefiel mir eindeutig zu gut.
„Wollen wir ein Stück spazieren gehen?“
Eine ausgezeichnete Idee. Das würde mich von meinen unkeuschen Gedanken ablenken. Also stimmte ich erfreut zu.
„Es ist ziemlich warm heute!“ Etwas Dämlicheres fällt dir nicht ein, Marie?
„Das ist es.“
„Ist das hier immer so im Sommer?“ Oh Gott, halt besser den Mund.
„Ich denke schon.“
„Dann habt Ihr es sicherlich schwer in Eurer Uniform.“
„Richtig.“ Ohne seinen Schritt zu verlangsamen, zog Napoléon einen Umhang von einer Wäscheleine und warf ihn sich über.
„Was ...“, wollte ich gerade fragen, als er mich an die Wand drückte und den Umhang über unser beider Köpfe hielt.
„Aber ...“, setzte ich wieder an, doch sein Kuss erstickte meine Frage.
Was zur Hölle ... Ich sollte mich wehren! Er schien das zu ahnen, denn blitzschnell presste er mich so gegen die Hauswand, dass mir keine Chance zur Flucht blieb. Dabei versuchte seine Zunge, meine Lippen zu öffnen und gegen meinen Willen folgten sie seinem Drängen. Das lief alles ganz und gar nicht nach Plan. Ich sollte das nicht zulassen. Ich versuchte, mich seinem Griff zu entwinden, was dazu führte, dass er mich enger an sich presste. Der Druck seiner Schenkel an meinen jagte mir kleine Schauer durch den Körper. Warum sollte ich mich wehren? Das fühlte sich zu gut an, um es nicht zu genießen. Am Rande des Wahrnehmungsbereiches registrierte ich lautes Grölen und aufgebrachte Stimmen. Unwichtig! Mich küsste der Mann, den ich schon lange ...
„Wir müssen hier weg, schnell!“ Er entließ mich so unvermittelt aus seiner Umklammerung, dass ich strauchelte. Seine Hand bot mir Halt und zog mich von der Straße weg. Konzentriert und wachsam führte er mich durch enge Gassen, bis wir an die Stadtmauer kamen. Dort steuerte er auf ein kleines Tor zu. Aus irgendeinem Grund fiel es mir schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Erst als wir die Stadt verlassen und auf einer kleinen Brücke die Saône überquert hatten, hielt er an und ließ meinen Arm los.
Mit reglosem Gesicht und in völlig steifer Haltung verbeugte er sich. „Ich entschuldige mich in aller Form, Mademoiselle.“
Wie jetzt? So würdevoll wie möglich, senkte ich den Kopf. „Entschuldigung angenommen.“ Um das Lachen zu unterdrücken, das sich meine Kehle hinaufschleichen wollte, fügte ich hinzu: „Warum habt Ihr das getan?“
Er stand immer noch kerzengerade vor mir und blickte stur geradeaus über meine linke Schulter. „Der Mob, Mademoiselle. Wir haben Probleme mit Aufständen, seit die Ereignisse in Paris publik geworden sind. Alleine wärt Ihr wahrscheinlich nicht in Gefahr gewesen, aber ich als Soldat ...“ Ein verlegenes Räuspern. „Ihr Hass hätte sich gegen Euch richten können, wenn sie meine Uniform gesehen hätten.“
„Ihr habt mich beschützt?“ Das Herz drohte mir die Brust zu sprengen.
„Ja. Ich musste schnell handeln.“ Ein verlegenes Lächeln ließ ihn sehr jung wirken.
„Dann habe ich Euch einiges zu verdanken.“ Verärgert registrierte ich meine bebende Stimme.
„Es war meine Pflicht.“ Und als ob ihm bewusst geworden wäre, wie dieser Satz geklungen hatte, fügte er hinzu: „Ich würde mich freuen, wenn Ihr trotzdem einen Spaziergang mit mir unternehmen würdet.“
„Gerne“, antwortete ich ein wenig atemlos.
Sein Blick richtete sich jetzt auf mich, was meinen flatternden Puls nicht gerade beruhigte. Mit einer einladenden Handbewegung setzte er sich in Bewegung. Ich folgte und sofort begann er, eine Unmenge von Fragen zu stellen.
Wo wart Ihr die letzten Jahre? Warum seid Ihr nicht früher wiedergekommen? Woher wusstet Ihr das mit der Revolution? Warum habt Ihr Euch kein bisschen verändert? Woher wusstet Ihr, dass ich hier bin? Kennt Ihr Berière?
Völlig überrumpelt versuchte ich, alles zu beantworten, obwohl mich eigentlich der Kuss beschäftigte. Ich hatte darauf reagiert - und zwar leidenschaftlich. Ganz eindeutig. Jetzt ging mein Atem natürlich nur wegen des Spaziergangs nicht normal.
Außerdem trugen seine Fragen nicht gerade dazu bei, dass ich mich beruhigte. Oft antwortete ich ihm zu vage und er bohrte tiefer. Wirklich zufrieden schien er nie zu sein.
„Lasst uns hier ein wenig ausruhen“, sagte er auf einmal unvermittelt, streifte die Handschuhe ab und öffnete die Uniformjacke.
Ich blickte mich um und erkannte den kleinen Auenstrand, an dem mein Besuch begonnen hatte.
„Setzt euch!“ Er deutete auf seine Jacke im Sand. Seine Augen ruhten die ganze Zeit auf meinem Gesicht.
„Danke“, murmelte ich gefesselt von seinem durchdringenden Blick und so viel Anstand. Mir hatte noch nie ein Mann seine Jacke zum Daraufsetzen angeboten.
Ich sank auf den Boden (mit diesen Kleidern am Leib kann man das nicht anders nennen) und er setzte sich neben mich.
Seine Nähe ließ meine Haut prickeln. Das Blut rauschte durch meine Ohren. Hatte er etwas gesagt?
Ich sah ihm ins Gesicht und diese fantastisch blauen Augen hielten meinen Blick gefangen. „Ist nicht wichtig“,