Die Hoffnung aus dem Jenseits. Sabine von der Wellen

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Die Hoffnung aus dem Jenseits - Sabine von der Wellen Die Hoffnung aus dem Jenseits

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fragt, sich dumm stellend: „Echt! Was denn?“

      „Das zeige ich dir jetzt“, sage ich und küsse sie, meinen Griff um sie wieder verstärkend. Ich will sie für mich … ein Leben lang.

      Am Dienstagabend fahren wir zu Carolins Eltern. Meine Eltern sind auch da, was mich ein wenig irritiert. Sie nehmen sich wirklich viel Zeit für diese Kranzbindegeschichte und ich merke an diesem Abend schnell, warum. Die beiden haben dabei sichtlichen Spaß.

      Carolin stellt mich allen Anwesenden vor und ich sehe mich lauter älteren, gestanden Bauern mit ihren Frauen gegenüber, die, wie ich feststellen muss, nicht nur überaus nett sind, sondern auch trinkfest. Und das, was sie da zusammenbinden, überwältigt mich. Vollkommen verdattert stehe ich vor einer bestimmt schon zehn Meter langen, vollkommen gleichmäßig gebundenen, bestimmt dreißig Zentimetern dicken grünen Schlange, die rundum mit rotweißen Blumen geschmückt ist, die sich in genau eingehaltenen Abständen um die Tannenschlange winden. Unglaublich!

      Ich reiche die Süßigkeiten herum, während Carolin den Job mit dem Jägermeister, Sahnelikör und Kirschlikör übernimmt und immer wieder einen mittrinken muss. Ich beobachte sie dabei und sehe sie wirklich sehr ausgelassen mit ihren alten Nachbarn umgehen. Diese Art ihrer Welt war mir bisher verborgen geblieben. Wie so vieles. Ich habe heute das erste Mal ihr Kinderzimmer gesehen. Wir waren kurz hochgelaufen, weil sie mir ihr altes Reich zeigen wollte, bevor wir auf die riesige Terrasse gingen, auf der das Kranzbinden stattfindet. Mir schoss natürlich gleich, dass dies Tims und Marcels Welt war. In ihrem Bett hatte sie mit Marcel das erste Mal Sex gehabt. Eine bittere Pille für mich, weil für mich Carolins Vergangenheit ein Graus ist. Sie hätte mir von Anfang an gehören sollen, und jeder, der sie jemals angefasst hat, ist für mich ein unerträglicher Gedanke.

      Aber draußen, bei den schwer arbeitenden Kranzbindern, die das machen, als täten sie nie etwas anderes, vergesse ich das alles schnell wieder. Und ich finde heraus, was das ganze Grün an Ort und Stelle hält. Eine der älteren Frauen erklärt es mir, während sie auf einem Stuhl sitzt und das Tannengrün von Carolins Mutter und die Blumen von meiner Mutter entgegennimmt. Etwa drei Meter entfernt sitzt eine weitere Gruppe und machte es ihnen gleich.

      „Man nimmt ein Seil …“, erklärt mir die Frau mit geröteten Wangen und schon etwas glasigen Augen, weil wohl schon einiges getrunken wurde, „das so lang ist, wie man den Kranz haben will. Wir haben uns fünfzehn Meter vorgenommen.“ Sie grinst und ich schaue auf die grüne Schlange zwischen den Gruppen, die sich schon zu einer Serpentine über das rote Pflaster der Terrasse schlängelt. „In der Mitte macht man einen Knoten und dann geht es los. Zwei Gruppen arbeiten gegeneinander und befestigen mit Draht das Tannengrün und die Blumen um das Seil herum. Schau, es ist nicht mehr viel, was wir noch machen müssen.“

      Ich hebe das Stück Seil hoch, das noch ungebunden von ihrem Schoß fällt. Noch gut zwei Meter sind zu schaffen. Die andere Seite hat noch ein wenig mehr.

      Dass die sich so viel Stress für mich machen, kann ich nicht fassen. Und sie kennen mich nicht mal.

      Ich reiche ihnen die Pralinenkisten und sie greifen beherzt zu, bevor ich zu den Männern gehe, die immer neues Tannengrün vom Anhänger holen, vor dem ein imposanter, riesiger Trecker steht.

      „Was ist das denn, Erik? Willst du uns vertrocknen lassen?“, ruft einer und ich bin etwas irritiert, als Carolin hinter mir erscheint und lacht. „Dafür bin ich da! Erik ist für das Essen zuständig und ich für den Spaß.“

      Die Männer springen von dem Anhänger und gesellen sich lachend und Sprüche klopfend um Carolin, die ihnen einschenkt, was gerade gewünscht wird.

      Ich nehme mir ein alkoholfreies Bier und stoße mit ihnen an. Mein Vater taucht hinter dem Trecker auf und grinst, während er fröhlich in der Runde aufgenommen wird.

      Er war doch nicht irgendwo im Grünen pinkeln?

      Ich sehe ihn überrascht an und er zwinkert mir zu, als wüsste er, was ich denke.

      „Komm, Walter. Ein unglaublich gut geratenes Bürschchen hast du da. Kein Wunder, dass unsere Carolin sich den gleich gegriffen hat“, meint einer und schlägt meinem Vater auf den Rücken.

      „Ich weiß! Ich weiß!“, sagt der und kippt sich den Jägermeister in den Hals, den Carolin ihm reichte.

      Heute fährt wohl meine Mutter, da sie am Samstag angeblich schon wild gezaubert hatte. Zumindest war mir so etwas in der Arbeit zu Ohren gekommen. Sie hatte das angeblich selbst dort zum Besten gegeben.

      Ich sehe mir das Ganze mit etwas gemischten Gefühlen an. Dass meine Eltern so sein können, hätte ich niemals für möglich gehalten. Aber vielleicht kenne ich sie einfach nicht richtig, genauso, wie sie mich nicht kennen.

      In dem Moment ruft Carolin laut gegen das illustre Stimmengewirr an: „Ich habe den gleich verhaftet und jetzt bekommt er lebenslänglich.“ Dabei lacht sie und alle lachen mit.

      Ich sehe sie verdattert an. Cooler Spruch. Bloß das eigentlich ich es war, der sie verhaftet hatte. Es hatte mich viel Einsatz und Nerven gekostet, ihr dieses „Lebenslang“ aufzubrummen. Aber ich finde es süß, dass sie mich hier so hochhebt. Und dann sieht sie mich an und wirft mir einen Luftkuss zu.

      Ich kann nicht anders. Ich schiebe mich an den Männern vorbei, die zwischen uns stehen. Mit einer Hand die offenen Pralinenkisten ausbalancierend, greife ich sie mir und küsse sie.

      „Uuuuh, und so leidenschaftlich. Nah kein Wunder!“, ereifert sich einer lachend und alles grölt mit.

      Das ist eine Welt, die sich um nichts schert und ich fühle mich hier eigentlich ganz wohl.

      Als wir spät am Abend wieder wegfahren, habe ich das Gefühl, auf einen wirklich netten Menschenschlag getroffen zu sein. Freitag wollen sie den Kranz aufhängen und ich habe fest vor auch Anwesend zu sein und ihnen zu helfen. Ich darf das, haben sie gesagt. Weil ich so ein netter Bursche bin.

      Ihre offenen Freundschaftsbekundungen machten mich so manches Mal verlegen. Außerdem habe ich schon lange nicht mehr so gelacht, wie an diesem Abend. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass diese Leute mich wirklich mögen.

      Freitag werde ich Daniel mitnehmen. Der soll diese lustigen Leute, die sich so viel Arbeit für mich und Carolin machen, auch kennen lernen. Der wird mir gar nicht glauben, dass die selbst den Kranz gebunden haben und sogar meine Eltern mithalfen.

      Ich finde es an diesem Abend seltsam aufbauend, meine Eltern wegen mir so ausgelassen und gut zufrieden zu sehen. Keiner weiß so gut wie ich, dass das nicht immer so war. Aber die Vergangenheit scheint an diesem Abend vergessen zu sein, und das ist gut so.

      Am Freitag treffen wir uns alle vor dem Saal wieder und hängen den Kranz auf. Das droht erneut ein sehr feuchtes Unterfangen zu werden … und auch ein unglaublich lustiges. Auch diesmal lassen meine Eltern es sich nicht nehmen, dabei zu sein und Ellen und Daniel sehen dem Ganzen fasziniert zu.

      Der Kranz umschließt die riesige Tür, wie bei meinen Eltern damals bei ihrer Silberhochzeit. Sie hatten den von einem Blumengeschäft anfertigen lassen. Dieser hier ist aber viel schöner und er reicht auf jeder Seite fast vier Meter auf den Parkplatz hinaus. Unglaublich! Und oben, in der Mitte der Tür, bringen sie ein Schild an, das zwei goldene Ringe zeigt, die ineinandergreifen und unsere Namen tragen.

      „Donnerwetter!“, sagt Daniel beeindruckt und grinst mich an.

      „Ja, echt Hammer!“, raune ich und fühle mich ein wenig ergriffen.

      Carolin

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