Schatten der Anderwelt. Thomas Hoffmann

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Schatten der Anderwelt - Thomas Hoffmann

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will ja nur wissen, ob sie da ist. Damit ich ihr kurz Hallo sagen kann und dass ich wieder zurück bin. Sie muss ja gleich zu ihrer Dienstherrschaft.“

      „Braucht nicht mehr zu ihrer Dienstherrschaft, das liebe Kind,“ raunte Mutter Elena.

      „Wie?“ Norbert stutzte. „Ist sie nicht mehr Zimmermagd bei dem Ratsherrn Hohenwart?“

      Elena öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Der entsetzlich vertraute Geruch schwarzmagischen Kräuterrauchs ließ Norbert mit einem Schlag hellwach und aufmerksam werden.

      „Komm herein zur alten Elena, Junge. Sollst's gleich erfahren,“ krächzte sie.

      Sie war eine Schwarzhexe! Wie Darulan! Wie Linda und Ruth! Er hätte es ahnen müssen. Und Melanie hatte ihr vertraut!

      „Wo ist Melanie?“ schrie er. „Wo ist sie?“

      Norbert konnte die Gesichtszüge der Alten im dunklen Flur nur schwach ausmachen vor dem rötlichen Flackern des Kaminfeuers aus der Tür zu ihrem Zimmer. Da war dieser sanfte, beinahe traurige Blick in ihren tiefliegenden Greisenaugen.

      „Nicht hier,“ flüsterte sie.

      Sie drehte sich um und humpelte ins Zimmer.

      „Elena erzählt's dir am Feuer, nicht im kalten Flur. Die alten Knochen tun ihr weh in der Kälte.“

      Es war nicht kalt. Norbert war siedend heiß.

      „Nicht hier?“ schrie er ihr hinterher. „Wo ist sie? Hast du ihr was angetan?“

      Mit der Faust den Schwertgriff umklammernd ging er ihr nach ins Zimmer. Die magische Wirkung des weißen Kräuterrauchs aus dem Kamin traf ihn mit Wucht. Er musste seine gesamte Konzentration aufbringen für den Abwehrspruch.

       Rhe!

      Alles im Raum kam ihm grausam bekannt vor: die Messer auf dem Tisch zwischen Tonschalen mit dunklen Krusten, die Kräutersäckchen, die von den Deckenbalken hingen. Die Fenstervorhänge waren zugezogen und im unsteten Flackern des Kaminfeuers konnte Norbert nicht erkennen, ob es Ledersäckchen waren, Rattenmumien oder Schlimmeres, was von der Decke hing. Die Hexe setzte sich in den Lehnstuhl am Kamin. Sie schnalzte leise mit der Zunge.

      „Jungchen, Jungchen!“ raunte sie sanft. „Mutter Elena tut den Schankmädchen nichts zuleide. Sie hilft ihnen. Hat es dir dein Liebchen nicht erzählt? Die Mädchen kommen, wenn was Lebendiges in ihnen wächst, und sie wollen's nicht haben. Die alte Elena nimmt's ihnen weg!“

      Norbert schnürte es die Kehle zu. Er musste sich zusammenreißen, damit ihm nicht schlecht wurde. Er mochte nicht mehr zur Decke blicken. Der Rauch aus dem Kamin begann, ihn benommen zu machen. Seine Stimme war belegt.

      „Was ist mit Melanie?“

      Die Hexe deutete auf einen Schemel gegenüber dem Lehnstuhl. Ohne die Hand vom Schwertgriff zu nehmen, hockte Norbert sich hin. Er formulierte einen weiteren Abwehrzauber mit den Lippen, um einen klaren Kopf zu behalten.

      Die Greisenstimme hauchte: „Hat geweint, das arme Kind, als du nicht kamst. Hat so sehnlich auf dich gewartet. Wollte sich von dir verabschieden.“

      Norbert musste seinen gesamten Willen aufbringen, um der Alten nicht an die Gurgel zu springen. Mit zusammengebissenen Zähnen lauschte er. Ihre zischende Stimme kam ihm grausam vor.

      „Ihr Traumprinz ist gekommen.“

      „Was?“

      Eine entsetzliche Lähmung ergriff Norbert.

      „Sie hat's der Mutter Elena erzählt: ein steinreicher Handelsherr! Glaubte, er hätte sich in sie verliebt, das dumme Mädchen! Hat sie mitgenommen aus der Stadt.“

      „Das ist nicht wahr!“

      Norberts Stimme wurde brüchig. Er konnte nur noch flüstern.

      „Das glaube ich dir nicht, du alte Hexe!“

      Eine eisige Klammer legte sich um seine Brust. Es war, als wären mit einem Mal alle Farben und alle Wärme aus dem Raum gewichen. Die dunklen Augen der Alten waren voller Mitgefühl.

      „Wirst's verwinden, Jungchen,“ murmelte sie sanft.

      Der Raum begann, sich um Norbert zu drehen und er zwang sich zur Konzentration.

       Weg! Ich muss hier weg! Raus an die Luft, hinaus aus dem schwarzmagischen Rauch!

      Er wollte aufstehen, aber die Alte griff blitzschnell nach seiner Hand.

      „Hast du der alten Elena nicht auch was mitgebracht, Jüngelchen?“ zischte sie lauernd.

      „Wie, mitgebracht?“

      Es fiel Norbert immer schwerer, sich zu konzentrieren. Er wollte weg, heraus aus diesem Zimmer, weg von der boshaften Alten. Ihre dürre Hand krallte sich um seine mit einer Kraft, die man der Greisin nicht zugetraut hätte.

      „Dein anderes, dein untotes Liebchen hat's mir gestanden,“ zischte sie.

      Ihre schwarzen Augen blitzten. Alles Mitleid war aus ihrer lauernden Miene verschwunden.

      „Darulans Zaubersprüche! Sei ein guter Junge. Sing sie der alten Elena vor!“

      Fassungslos starrte Norbert sie an. Was war er für ein Dummkopf gewesen! Dass er darauf nicht gekommen war! Nur darum hatte sie ihm von Darulan erzählt, nur darum hatte sie ihm die fixe Idee in den Kopf gesetzt, zu dem Hexenmeister zu gehen und sich die Magie des Lebens beibringen zu lassen! Nicht, um ihm weiterzuhelfen. Nicht wegen Lonnie! Er wollte ihr eine wütende Antwort entgegenschleudern, aber er konnte sich nur noch schwer konzentrieren. Seine Gedanken wurden immer verworrener. Die Alte verstärkte schmerzhaft ihren Griff.

      „Sing der alten Elena die Sprüche vor und sie lässt dein kaltes, untotes Liebchen in Ruhe. Sie schreit vor Schmerz, wenn ich sie her zitiere!“

      Schwarzhexen beherrschten mächtige Zauber. Wenn Norbert der Greisin nicht gehorchte, würde er kaum lebend wegkommen von hier. Abgesehen davon, was sie Lonnie noch antun konnte. Er griff unter sein Hemd. Die Alte zischte einen Abwehrspruch. Norbert stellte es mit Genugtuung fest. Ganz so sicher war sie ihrer Sache offenbar doch nicht! Er zerrte den Packen Schreibbögen hervor und warf ihn der Hexe vor die Füße.

      „Da! Lies es selbst, wenn du lesen kannst. Oder finde wen, der es dir vorliest!“

      Die Greisin ließ seine Hand los und schnappte nach den zerknitterten Seiten. Ihre Hände zitterten, als sie die Bögen auseinanderfaltete. Norbert sprang auf und trat zwei Schritt zurück, die Hand am Schwert, einen Anderweltzauber auf den Lippen. Sogar Darulan hatte vor dem blauen Feuer Respekt gehabt! Elena beachtete ihn nicht. Sie sortierte die Bögen, ließ einige auf den Boden fallen und vertiefte sich in die Schrift.

      Murmelnd las sie: „Gemyne dhu mucwyrt, hwaet thu ameldodest, hwaet thu renadest aet regenmelde... Die Sprache des Seevolks, der Mannen Gorloins! Wie hat der Mädchenschänder das herausgefunden?“

      Die Greisin hatte keine Augen mehr für Norbert. Gierig starrend hielt sie sich die Bögen vor die Nase.

      „...Ond

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