Vier Jahre für Lincoln. Stillwell Leander

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Vier Jahre für Lincoln - Stillwell Leander Zeitzeugen des Sezessionskrieges

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auch regelmäßig Händevoll davon in purer Form. Ich kann aus dem Stegreif einen Vorfall schildern, der den übersteigerten Heißhunger der Jungs auf Zucker veranschaulicht. Das Ganze ereignete sich in unserem Lager an einem regnerischen Tag während der Belagerung von Corinth. Jake Hill aus meiner Kompanie hatte einen kleinen Zuckerberg auf einem Hartkeks aufgehäuft, so viel, wie nur irgendwie darauf passte, bevor die Körner an den Seiten herabzurieseln begannen. Er setzte sich auf seinen Tornister und begann, an seinem Festmahl herumzunagen, wobei er sich systematisch an allen Seiten zu schaffen machte. Er litt zu jenem Zeitpunkt an der oben genannten Epidemie und war dermaßen geschwächt, dass er kaum laufen konnte. Jemand sagte zu ihm: "Jake, in deinem Zustand ist der Zucker nicht gut für dich!", woraufhin er mit betroffener Miene aufblickte und im Tonfalle zutiefst gekränkter Unschuld entgegnete: "Habe ich etwa nicht das Recht, meinen eigenen Proviant zu verzehren?" Wider Erwarten gesundete Jake wieder und diente für den gesamten Rest des Krieges, wobei er sich als guter Soldat erwies.

      Ich persönlich entschloss mich bereits zu Beginn meiner Soldatenzeit, überhaupt keinen Zucker mehr zu mir zu nehmen (mit Ausnahme einer gelegentlichen winzigen Menge auf eingemachtem Obst oder Beeren) und ich gewöhnte mir seinen regelmäßigen Gebrauch erst Jahre nach meiner Entlassung aus der Armee wieder an.

      Aufgrund der bereits angedeuteten Bedingungen in Pittsburg Landing starben die Männer dort wie die Fliegen. Viele weitere mussten wegen Untauglichkeit aus dem Militärdienst entlassen werden und folglich stand auch ihre Kampfkraft nicht mehr zur Verfügung. Es ist wahr, dass sich einige dieser Entlassenen, besonders die jüngeren Burschen, in der Folgezeit wieder zum Heer meldeten und gute Soldaten abgaben, aber die krankheitsbedingten Verluste der Unionsarmeen in Tennessee überstiegen im Frühjahr '62 zweifellos die Verluste einer großen Schlacht. Im Gegensatz zu Verlusten im Kampf trugen sie aber rein gar nichts zu einer Beendigung des Krieges bei.

      Die Schlacht von Shiloh wurde am 6. und 7. April ausgefochten. Im Jahre 1890 schrieb ich einen Bericht über diese Schlacht, welcher in der "New York Tribune" und später noch in weiteren Zeitungen erschien. Ferner wurde er zusammen mit Artikeln anderer Personen (einige handelten vom Kriege, andere widmeten sich verschiedensten Themen) in Buchform veröffentlicht. Dieser Text, den ich vor 25 Jahren abfasste, ist wohl so gut wie, wenn nicht gar besser als alles, was ich jetzt über die Schlacht schreiben könnte, weswegen ich ihn an dieser Stelle einfügen möchte.

       Als Soldat in Shiloh.

       von Leander Stillwell,

       ehemals First Lieutenant, 61st Illinois Volunteer Infantry.

      Viel ist bereits über die Schlacht von Shiloh gesagt und geschrieben worden, sowohl von Offizieren der Rebellen und der Union als auch von Schriftstellern. Was erstere betrifft, so wird wohl auf ewig erbitterte Uneinigkeit über das Verhalten von General Beauregard herrschen, der den Angriff seiner Truppen am Sonntagabend einstellen ließ, als ihm noch eine volle Stunde wertvollen Tageslichts zur Verfügung stand. Diese Zeit, so behaupten einige, hätte er nutzen können, um den Rest von Grants Armee zu zerschlagen, bevor Buell hätte über den Tennessee River setzen können. Unter den unionstreuen Schreibern wird hingegen am häufigsten diskutiert, ob unsere Truppen nun überrumpelt wurden oder nicht, inwieweit Grants Armee am Abend des ersten Tages noch kampffähig war, wie die Schlacht ohne die Unterstützung der Kanonenboote ausgegangen wäre und wie ein Nichterscheinen von Buells Verstärkungen den weiteren Verlauf der Kämpfe beeinflusst hätte. Es ist nicht meine Absicht, mit der Schilderung meiner Erlebnisse in der Schlacht von Shiloh etwas zur Lösung dieser bereits lebhaft erörterten Themen beizutragen. Ich war damals gerade einmal 18 Jahre alt und stand in den Reihen der einfachen Soldaten. Es wäre mithin töricht von mir, mich als Schlachtenkritiker zu gebaren. Es liegt in der Natur der Sache, dass es den Generälen, welche von der verhältnismäßigen Sicherheit ihrer Feldherrenhügel herab das Schlachtfeld mit ihren Ferngläsern überblicken und die Truppenbewegungen überwachen und lenken, vorbehalten bleibt, die Fakten zur Geschichtsschreibung beizutragen. Der einfache Soldat sieht das Schlachtfeld lediglich durch das Visier seiner erhobenen Muskete und das Wenige, was er wahrnimmt, ist nur "durch einen Spiegel ein dunkles Bild". [Anm. d. Übers.: Hier zitiert Stillwell die Bibel, den ersten Brief des Paulus an die Korinther.] Die dichten Pulverschwaden verwehren ihm die Sicht, er erspäht durch den vorbeiziehenden Rauch nur ebenso unvermittelt auftauchende wie verschwindende Schemen seiner Feinde.

      Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass der einfache Soldat während der Erfüllung seiner Pflicht in der Schlacht all seine körperlichen und geistigen Kapazitäten ausschließlich auf seinen eigenen, kleinen Part im großen Werk der Vernichtung konzentriert und er folglich kaum Gelegenheit dazu findet, im Geiste seine Erlebnisse zu ordnen, um auf deren Basis ein Vierteljahrhundert später historische Artikel verfassen zu können. Man holt eine Patrone aus der Patronentasche, beißt sie auf, schüttet das Pulver in den Lauf, rammt die Kugel hinterher (im Bürgerkriege benutzten wir Vorderlader), setzt das Zündhütchen auf, zielt und feuert – all dies mit getriebener Hast und verzweifelter Geschwindigkeit, denn jeder Schuss könnte der letzte sein. Diese Dinge verlangen nach der ganzen Aufmerksamkeit des Soldaten und machen ihn blind und taub für alles, was außerhalb seiner unmittelbaren Umgebung geschieht. Zudem wird sein Gehörsinn überwältigt von all dem donnernden Lärm um ihn herum. Das unablässige und fürchterliche Rasseln der Musketen, das Dröhnen der Kanonen und das ständige Zischen der an einem vorbeisausenden Kugeln vermischen sich mit den erbärmlichen Schreien der Verwundeten und den hörbaren Todesqualen der sterbenden Kameraden, die sich direkt vor den Augen der Lebenden krampfartig auf der Erde winden. All dies trägt nicht gerade zu jener ruhigen und kühl abwägenden Gemütsverfassung bei, die der Historiker in seinem stillen Kämmerlein empfinden mag.

      Deswegen sollen die Generäle und Geschichtsschreiber über die Bewegungen von Corps, Divisionen und Brigaden berichten. Ich habe nichts anzubieten, außer der simplen Geschichte über die Eindrücke eines einfachen Soldaten von einer der blutigsten Schlachten des Krieges.

      Das Regiment, dem ich angehörte, war die 61st Illinois Infantry. Es verließ sein erstes Ausbildungslager (nahe einem kleinen Provinzstädtchen im südlichen Illinois) gegen Ende des Monats Februar im Jahre 1862. Wir wurden in die Benton-Kaserne bei St. Louis verlegt, wo wir bis zum 25. März gedrillt wurden (sooft das Wetter es gestattete). An diesem Tag wurden wir an die Front geschickt. Das Wetter war bewölkt, regnerisch und düster und wir marschierten durch die Straßen von St. Louis zum Kai, wo wir an Bord des Transportschiffes gingen, das uns an unseren Bestimmungsort bringen sollte. Die Stadt lag unter jener Dunstglocke aus Kohlestaub, für die St. Louis bekannt ist. Sie hing niedrig und schwer über uns und reizte uns alle zum husten. Ich glaube, der Colonel führte uns durch eine Seitenstraße. Sie war schmal und schmutzig und beiderseits von hohen Gebäuden gesäumt. Die Offiziere nahmen den Bürgersteig in Beschlag, während das Regiment neben ihnen her schweigend auf der Straße marschierte und sich dabei durch den widerlichen, zähen Schlamm mühte. Ein Umstand unseres Marsches durch St. Louis, der uns in besonderem Maße auffiel, war der völlige Mangel an Interesse seitens der Einwohner. Durch die Illustrationen in den Büchern, die ich zuhause gelesen hatte, war ich zu der Überzeugung gelangt, dass Soldaten auf ihrem Wege an die Front stets von hübschen Damen, die von den Balkons mit blütenweißen Taschentüchern winkten und Herren, die auf den Bürgersteigen jubelnd ihre Hüte schwenkten, verabschiedet wurden.

      Möglicherweise gab es Regimenter, denen dieses Glück zuteilwurde, aber unseres war keines von ihnen. Gelegentlich steckte ein fetter, bullig aussehender Bursche von augenscheinlich deutscher Abstammung seinen Pfeife rauchenden Kopf aus einem Fenster oder einer Tür, betrachtete uns für einige Sekunden und verschwand wieder. Es wurden weder Taschentücher noch Hüte geschwenkt und wir hörten auch keine Jubelrufe. Ich war damals überzeugt, dass die Unionsanhänger wohl alle bereits an der Front seien oder der Colonel uns durch ein Rebellenviertel der Stadt führte.

      Wir marschierten zum Kai und bestiegen dort den großen Seitenraddampfer "Empress". Am folgenden Abend legte das Schiff ab,

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