Eine Studentin. Peter Schmidt
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Читать онлайн книгу Eine Studentin - Peter Schmidt страница 13
„Sagen Sie Ihrem Bruder, er soll mich anrufen, damit ich mir die Frauen mal genauer ansehen kann“, bat Hollando und stieg aus, um Carolin die Beifahrertür zu öffnen.
Was zum Teufel sollte das denn bedeuten? Sie kletterte irritiert aus dem Wagen.
Hollando war wieder eingestiegen und reichte ihr die Flasche aus dem heruntergekurbelten Fenster. Er hob grüßend die Hand – dann gab er dem Fahrer ein Zeichen. Wenig später bog sein Wagen auch schon in Richtung Seeufer ab.
Carolin starrte ratlos den Rücklichtern nach.
Dann atmete sie zwei, dreimal tief durch, holte weit aus und schleuderte die Flasche den Hang hinunter …
In der Dunkelheit hörte sie Glas zerspringen.
Nach diesem desaströsen Abend hatte sie wieder ihr morgendliches Lauftraining aufgenommen. Vor dem Frühstück musste sie erst einmal Dampf ablassen, Sport war dafür ein ausgezeichnetes Mittel.
Über dem Flusstal lag noch Nebel. Carolin mied den Radweg unterhalb der Staumauer und lief den Trampelpfad am Wasser entlang, manchmal auch in den schmalen Grasnarben seitlich davon – wie, um sich selbst zu beweisen, dass sie sich unter Kontrolle hatte.
Schweißperlen liefen ihr übers Gesicht, das Blut pochte in den Adern und mit jedem Meter spürte sie, dass es ihr schon besser ging.
Mach dich nicht lächerlich, dachte sie, während sie am Ufer entlangtrabte. Du bist wie ein enttäuschtes Kaninchen, das die Mohrrübe nicht bekommen hat …
Einen Augenblick später entdeckte sie das Mädchen auf dem Stauwehr …
Es mochte etwa zwölf oder dreizehn Jahre alt sein. Trotz der morgendlichen Kälte trug es nicht viel mehr als ein dünnes weißes Unterhemd, das knapp zum Knie reichte.
An der Art, wie das Kind sich bewegte, erkannte Carolin, dass irgendetwas nicht stimmte. Es war die gleiche desorientierte Haltung wie bei den drei Frauen in Roberts Film.
Sie machte blitzschnell auf dem Absatz kehrt und lief zurück zum Wehr …
Das Mädchen stand an der Steinkante und starrte ins Wasser.
Herr hilf …, dachte Carolin. Lass sie nicht springen …
„Hallo“, murmelte sie, um sie von ihrem Plan abzulenken. „Schöner Tag heute? Kannst du mir vielleicht helfen? Ich glaube, ich habe mich verirrt …“
Sie wandte sich nach ihr um und starrte sie ausdruckslos an. Es schien, als versuche sie zu sprechen.
Plötzlich kam sie auf Carolin zu, umarmte mit beiden Händen ihre Hüfte und legte den Kopf an ihre Brust.
Ein unmerkliches Zittern lief durch ihren Körper.
„Schon gut … alles in Ordnung“, sagte Carolin.
Sie versuchte sich zu lösen, aber das Mädchen hielt sie mit beiden Händen fest umklammert.
„Sagst du mir deinen Namen?“
Keine Antwort …
Sie spürte ihren Atem, ihre Anspannung.
Carolin strich ihr über die Stirn – und dann mit einer mütterlichen Geste über das hellblonde Haar. „Verstehst du mich? Kannst du sprechen? Wo wohnst du?“
Dabei suchte sie das Ufer bis zur Staumauer ab, aber außer ihnen war niemand zu sehen.
„Du hast vergessen, wo du wohnst?“
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
„Macht nichts … wird dir schon wieder einfallen.“
Sie blickte Carolin nur schweigend mit weit aufgerissenen Augen an.
Großer Gott …! War das womöglich ein weiteres Opfer?
„Ich bringe dich jetzt in meine Wohnung. Da kannst du frühstücken, dich duschen und ein wenig ausruhen. Vielleicht finde ich auch ein paar Sachen für dich, die dir passen. Danach sehen wir weiter, einverstanden?“
Sie griff nach der Hand des Mädchens und zog sie vom Wasser weg in Richtung Ufer.
„Mein Haus ist oben auf dem Hügel, direkt an der Straße. Siehst du den Felssteinbau mit dem Schieferdach, gleich neben den hohen Bäumen?“
„Ein schönes altes Haus“, sagte das Mädchen.
„Es gehörte meinen Eltern …“
„Leben deine Eltern noch?“
„Nein, sie sind bei einem schrecklichen Verkehrsunfall ums Leben gekommen.“
„Oh, das tut mir leid. Und wo liegen sie begraben?“
„Na, wie alle Menschen – auf dem Friedhof.“
Allerdings hätte Robert es vorgezogen, ihre Eltern nicht auf dem städtischen Friedhof, sondern lieber in einem Urnengrab ihres Gartens zu beerdigen. Aber das war leider zurzeit noch nicht erlaubt.
„Und gehst du deine Eltern oft besuchen?“
Carolin nickte nur und legte den Arm um ihre Schultern.
Fürchterlicher Gedanke, sie könnte das Gleiche durchgemacht haben wie die anderen Opfer. Und erst recht die Vorstellung, dass Robert ihr beim Verhör mit denselben brachialen Methoden zusetzte …
Aber Carolin hatte noch keine Ahnung, wie sie das Mädchen davor bewahren sollte. Verstecken in ihrer Wohnung? Wie lange würde das im selben Haus gut gehen? Und später?
Robert verfügte über den Spürsinn des geborenen Detektivs. Er bemerkte an kleinsten Anzeichen, dass irgendetwas nicht stimmte. Und wenn sie das Mädchen in die Obhut eines Heims gab, würde es angesichts des Aufsehens, das der Fall momentan in der Presse erregte, schnell in Verdacht geraten, ein weiteres Opfer zu sein.
Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll, dachte sie ratlos.
Womöglich wusste Cesare Hollando ja Rat? Sie konnte auch versuchen herauszufinden, ob jemand in der Umgebung vermisst wurde. Vielleicht fand sie so die Familie des Mädchens?
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