Eine unglaubliche Welt. Sabine von der Wellen

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Eine unglaubliche Welt - Sabine von der Wellen

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sein Fahrrad und fährt langsam weiter. An der Querstraße bleibt er erneut stehen und sieht mit Erschrecken fast direkt vor sich die Stelle, an der sein Nachbar ihn damals ins Auto gepackt und wo er mit seinem Vater Ninas Fahrrad gefunden hatte. Unschlüssig bleibt er stehen. Er sucht förmlich nach einem Grund, sein Vorhaben doch noch abbrechen zu können. Aber ihm fällt in diesem Moment beim besten Willen keiner ein.

      So versteckt er sein Fahrrad hinter einem Busch und läuft schnell, immer wieder sich nach der Katze umsehend, durch das Unterholz in den Wald.

      Er versucht so leise wie möglich zu sein und den Waldweg nicht aus den Augen zu verlieren. Bald schon kommt er an eine Abzweigung und steht einige Augenblicke unschlüssig da. Doch dann beschließt er, dass er besser auf dem Weg gehen kann, als so laut durch das Unterholz zu poltern. Katzen haben sehr gute Ohren! Sie wird ihn bestimmt sonst hören.

      So schleicht er weiter, jederzeit bereit, sich ins Unterholz zu werfen, wenn ihm irgendetwas Verdächtiges begegnet. Den Weg wieder zu finden, bereitet ihm zusätzliche Mühe. Aber schon bald entdeckt er die aufgewühlte Erde, in der er am vorherigen Tag, bei seinem Hechtsprung unter der Tanne hindurch, gelandet war.

      Gerrit duckt sich mit wild klopfendem Herzen und späht unter den niedrigen Ästen hindurch. Er kann nichts ausmachen, was ihm Angst macht und was er dann natürlich sofort zum Anlass nehmen würde, einfach aus dem Wald zu laufen. So nimmt er allen Mut zusammen und klettert durch die Tannenfront. Nun muss er wieder durch das dichte Unterholz gehen und dort verursachen seine Füße einen Krach, der ihm selbst so laut wie von einer wildgewordenen Elefantenherde vorkommt.

      Unschlüssig seinen Weg suchend, steht er plötzlich, wie durch Zauberhand, an der schräg vor ihm abfallenden Kuhle.

      Gerrit kann gerade noch seine Schritte bremsen, abgelenkt von dem plötzlichen Gezeter des auffliegenden Eichelhähers über ihm. Diesmal bringt der Gerrit nicht dazu, einfach wegzulaufen.

      Der sieht mit großen Augen in das gähnende Loch, das nun bei Tageslicht gar nicht so erschreckend aussieht. Die Kuhle ist vielleicht drei Meter tief und die Seiten so sacht abfallend, dass sie ihm nun ausgesprochen ungefährlich vorkommen. Fast will er sich schon einen Dummkopf schelten, weil er diesem Loch noch am Vorabend so viel Bedeutung beigemessen hatte, dass er nicht schlafen konnte, als ihm von der anderen Seite der Kuhle etwas entgegenblinkt.

      Gerrit geht vorsichtig um die Senke herum zur anderen Seite, wobei er einen umgefallenen Baumstumpf überklettern muss, und steht kurz darauf vor einem verrosteten Schild. Voller Erstaunen versucht er die Worte auf dem rostigen Blech zu entziffern.

       Der Alkenkrug

       Als in uralten Zeiten das Dorf Alfhausen nicht mehr als zwölf Häuser besaß, machten sich an Sonn- und Feiertagen die Alfhausener auf den Weg über die Westerholter Heide nach Merzen in die Kirche.

       Hier an dieser Stelle soll zu der Zeit eine Hütte gestanden haben, die „Der Krug“ genannt wurde. Die Kirchengänger kehrten auf ihrem langen Weg hier ein, um sich an einem Krug Bier zu laben.

       Der Wirt, der Alke genannt wurde, war kein gottesfürchtiger Mann. Er war nur auf seinen Gewinn aus und hielt die Leute davon ab, pünktlich sein Haus zu verlassen und die Kirche zu besuchen.

       Da nun der Wirt schon häufig verwarnt worden war und doch keine Besserung herbeiführte, strafte ihn zuletzt Gottes Hand.

       Seine Hütte versank eines Tages samt Scheune in der Erde und hinterließ diese Kuhle, die seit dem „Alkenkuhle“ genannt wird.

      Gerrits Augen tränen von dem angestrengten Lesen und er wuselt sich erschrocken durch sein kurzes Haar. „Mensch, das ist ja ein Ding“, murmelt er und sieht sich schnell um, ob er auch wirklich noch allein ist. Doch nichts und niemand außer ihm scheint hier zu sein.

      Ein versunkenes Haus … die Katze …, das kommt ihm recht unheimlich vor.

      Doch dann überlegt er, wie alt diese Geschichte von dem Alkenkrug wohl sein mag und warum es erst seit drei Jahren verschwundene Kinder gibt. Da kann es unmöglich einen Zusammenhang geben, oder?

      Gerrit ist verwirrt. Soll er in die Kuhle hinuntersteigen?

      Er hat Angst, nicht wieder hinaus zu können. Schließlich verdeckt dichtes Laub den Boden und er weiß nicht, was sich darunter befindet. Aber er beschließt, am nächsten Tag wiederzukommen und ein Seil mitzubringen. Damit wird er sich an einem der Bäume sichern und somit kann ihm auch nichts passieren.

      Mit diesem Gedanken geht er den Weg zurück, den er gekommen war und freut sich, auch diesmal der Katze nicht zu begegnen. Er fährt erneut über den Schlackeweg nach Hause und hofft, dass die Katze sich nicht unterdes ein neues Opfer gesucht hat. Oder ist sie unschuldig und sucht wirklich nur jemanden, der ihre Katzenkinder aus der Kuhle holen soll? Vielleicht gibt es eine kleine Höhle, in der sie festsitzen, dem verhungern nah!

      Dieser Gedanke bestärkt Gerrit darin, am nächsten Tag in die Kuhle hinabzusteigen. Er muss das nachprüfen. Unbedingt.

      Am nächsten Morgen wird den Kindern aus Gerrits Klasse mitgeteilt, dass ihre Klassenlehrerin auf der Fahrt zur Schule einen Unfall hatte. Nicht weiter schlimm, aber sie muss für zwei Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben.

      Durch die Klasse geht ein beglücktes Raunen, denn sie sollten am nächsten Tag einen Aufsatz schreiben. Doch es freut sie weniger, dass sie Frau „Elcharsch“ als Vertretung bekommen. Die Kinder nennen sie so, weil sie ein mächtiges Gesäß besitzt und sich Elcharsch auf ihren wirklichen Namen Melchbarsch reimt.

      Planlos und konfus versucht diese Lehrerin nun, den ihr vor wenigen Minuten aufgebürdeten Unterricht zu gestalten. So ist sie dann auch nicht gerade unglücklich, als Gerrit sich meldet und sie nach einer Sage befragt, die sich um den Alkenkrug rankt.

      Gerrit weiß gar nicht so recht, was ihn in dem Moment reitet, dass er die Lehrerin danach fragt. Wahrscheinlich ist es das drängende Gefühl, einfach mit irgendjemandem über diese Sache zu sprechen. So läuft er wenigstens nicht Gefahr, zu viel von seinen Vorhaben zu verraten oder auf Gegenwehr zu stoßen.

      „Oh, das ist eine ganz besondere Sage“, ruft Frau Melchbarsch in die Klasse und setzt sich auf den ergeben quietschenden Lehrerstuhl. „Weiß denn jemand schon etwas darüber?“

      Zu Gerrits Erstaunen zeigen einige Finger nach oben.

      Aber Kai scheint es am meisten darauf anzulegen, etwas zu berichten. Er steht sogar auf, um sich besser Gehör zu verschaffen, und erklärt: „Mein Opa hat mir mal erzählt, dass es einen Wirt gab, der die Leute zum Bier saufen, statt zum Kirchengang, nötigte und darum mit Haus und Hof im Erdboden versunken ist.“

      Das ist nichts Neues für Gerrit. Doch dass sich nach dessen Bericht immer noch ein Arm hektisch in der Luft bewegt, macht Gerrit stutzig.

      Frau „Elcharsch“ nimmt Saskia dran, die mit hochroten Wangen die Geschichte eines Bauern vorträgt, der eines Nachts den Alke herausgefordert haben soll.

      „Denn wenn man um Mitternacht dreimal: „Alke kum heruss“ ruft, kommt er in Gestalt eines Feuerreifens aus dem Loch geschossen und verbrennt dich.“ Saskias Augen leuchten ehrfürchtig, doch alle anderen aus der Klasse halten das für Schabernack.

      Gerrit sitzt nur da und starrt Saskia an. „Ein Feuerreifen, das aus dem Loch kommt …“, denkt er und ihm läuft ein Schauer den Rücken

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