Steintränen. Manja Gautschi

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Steintränen - Manja Gautschi Steintränen

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als er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter spürte. Wollte aufstehen, die Hand drückte ihn kraftvoll auf den Boden, hielt ihn fest und gehörte niemand anderem als Horau Me, der neben ihm sass und ihn anstrahlte.

      „Horau!“ Boris sah sich um, dass ihn auch niemand sah, wie er mit Luft sprach. „Ich dachte, das sei eine einmalige Illusion am Tag der Stadtmeisterausrufung gewesen!“ „Nö, eigentlich nicht.“ „Bevor ich mich selbst für verrückt erkläre und einsperren lasse: Bitte erklär mir das!“ Boris flüsterte „Ein Tipp“ fing Horau an, Horau liebte Rätsel, Boris nicht. „Was sind Steintränen?“ „Horau, ich habe weder Lust, Zeit noch Nerven für Spielchen. Entweder du sagst es mir oder verschwinde!“ „Holla! Gleich so zickig. Hast wohl schon lange nicht mehr geschlafen, wie?“ „Sehr witzig.“ demonstrativ wendete Boris seinen Blick ab, obwohl es sehr angenehm war, Horau anzusehen, denn er sah ihn völlig normal, ohne Leuchten.

      „Ist ja gut. Beruhig dich wieder. Mein aquawaldischer Freund.“ Horau stand auf, blickte zum Fluss. Der Wind spielte mit seiner Kleidung und seinem Haar, liess es durch die Luft wirbeln, was eigentlich nicht sein konnte, aber es sah definitiv so aus. Die Nachtstimmung war wunderbar, stellte Boris erneut fest. Und er mochte das ‚Hoa, Hoa’ der Backenmarder aus dem Wald hinter ihm. Wirkte so friedlich und beruhigend.

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      Horau sprach, ohne sich umzudrehen „Steintränen sind Lebensenergie. Was du hier siehst, ich meine mich, ist meine körperlose reine Lebensenergie.“ „Hmmm...“ einverstanden, das ergab Sinn, fand Boris. „Dann kann ich mit Toten sprechen?“ Horau blieb ernst, schüttelte den Kopf „Nein, denn die Energie der Toten reicht dafür nicht aus. Vielleicht, wenn du deine Kräfte irgendwann einmal so gut kontrollieren kannst, dass du es mittels Meditation und so...“ Horau wirbelte mit seinen Händen in der Luft „...ja dann halt.“ beendete er seine Ausführung.

      „Ich versteh nicht, was ist dann mit dir?“ Horau hob seine Schultern „Als dein Vorgänger und ehemaliger Hüter der Steintränenenergie ist meine Lebensenergie stärker und nach all der Zeit als Stadtmeister auf immer verbunden mit der nun in dir fliessenden Energie. Darum ist es uns beiden vergönnt, uns unterhalten zu können.“ „Moment. Was heisst hier Vorgänger?“ Horau winkte ab „Das erzähl ich dir ein anderes Mal. Sprechen wir von dir. Wie geht es dir?“ „Nett, dass du fragst. Was interessiert es dich? Vorgänger?!“ „Jetzt komm schon. Stell dich nicht so an! Ich bemühe mich hier wirklich.“ Boris schüttelte den Kopf.

      Horau drehte sich um und nicht zum ersten Mal schnippte er mit der linken Hand gen Boris Stirn. „Aua! He, was soll das? Lass das!“ Horau wusste genau, dass das Boris nicht mochte. „Jetzt schalt dein Hirn an und hör mir zu!“ „Tu ich doch.“

      Seufzend setzte sich Horau wieder neben Boris, wischte seinen Pferdeschwanz nach hinten, strich sich mit der rechten Hand übers Haar, wie er es immer tat. Boris schmunzelte. Und da merkte er, dass er diesen komischen Kauz eigentlich sehr vermisst hatte und es schön war, ihn wieder zu sehen.

      „Es interessiert mich, weil ich dein Vorgänger bin. Sagte ich doch.“ „Du willst Stadtmeister gewesen sein? Hätte das nicht jemand merken sollen?“ „Das ist kompliziert und war lange vor deiner Zeit. Aber glaube mir, ich war Stadtmeister von Rupes. Und als solcher verantwortlich für die Energie der Tränen. Diese Verantwortung legst du nie mehr ab. Also kümmere ich mich weiter darum und du wirst es nach mir auch tun. Das wirst du nicht mehr los. Musst dich mit einem Dummkopf von Nachfolger herumplagen.“ dabei grinste Horau, war ja ironisch gemeint. „Also nochmals: Wie geht es dir?

      Seit seinem Ausruf zum Stadtmeister hatten ihn viele dasselbe gefragt. Nur hatte er bei keinem einen wirklichen Gesprächspartner für dieses Thema gefunden. Er war alleine, alleine Beschützer der Rupianer. Da war keiner mehr, der IHN beschützen konnte. Zylin, wäre eventuell so jemand gewesen, doch der war ja tot. Darum tat es eigentlich gut, sehr gut sogar, die Frage endlich mit jemandem bereden zu können, der verstand, worum es ging. Selbst wenn es ein Toter, oder so, war.

      „Ganz ehrlich?“ „Logisch, was denn sonst!“ „Jetzt wo du da bist: Besser. Fühle mich nicht mehr so alleine.“ Horau lehnte sich zurück, stützte sich auf seine Arme. „Hättest halt früher schon herkommen sollen. Hatte ich es dir nicht immer wieder geraten? Mach doch mal ne Reise?“ „Wie kommst du darauf? Was hat das jetzt damit zu tun?“ „Du hast es gedacht. Sah ich deinem Gesicht an: ‚Schade, dass ich die Gegend nicht ohne dieses Licht sehen kann.’ Das hast du gedacht.“ Boris seufzte „Ja, irgendwie schon.“ „Und jetzt sag’s schon!“ „Was?“ „Na, dass du froh bist, dass ich hier bin.“

      Lachen, Boris musste lachen. Tat das gut, wieder einmal zu lachen.

      „Alles in Ordnung?“ unterbrach ihn eine besorgte Männerstimme. Eine Wache, die ein Auge auf Boris hatte, hatte seinen Lachanfall gehört. Boris drehte sich um ‚Upps! Den hatte er völlig vergessen.‘ Schnell winkte Boris ab „Alle gut, danke.“ die Wache nickte und ging wieder weg, wenn auch etwas unsicher, aber er ging zurück auf seinen Posten.

      „Ja, es ist schön, dass du da bist.“ bestätigte Boris Horaus Wunsch, kicherte weiter „Wirklich“ „Siehst du.“ grinste Horau weiter. „Dann schiess los.“ „Hein?“ „Mit deinen Fragen. Ich weiss doch, dass du es nicht magst, wenn man deine Gedanken liest.“ „Und woher?“ Horau zwinkerte „Ich konnte es lesen und Zylin hat es mir gesagt.“ „Hein? Das musst du mir erklären.“ „Nein, nein. Ein ander Mal. Jetzt deine Fragen. Hopp!“

      Eines der wirklich praktischen Dinge als Stadtmeister war, dass er immer warm hatte. So spielte die nächtliche Herbstkälte absolut keine Rolle und Boris legte sich mit dem Rücken auf den kalten, nassen Boden und fror trotzdem nicht. Er schloss die Augen. Spürte die Kälte unter ihm, den feinen bodennahen Hauch des Wassers, der über die Gräser strömte.

      „Also gut. Wie du willst.“ „Ich höre. Und bevor ich es vergesse: Du hast nur 3 Fragen zur Verfügung, also wähle weise.“ Boris öffnete die Augen, blickte in Horaus verschmitztes Gesicht „Echt jetzt? Ernsthaft?“ „Nein, natürlich nicht. Aber klingt gut, oder?“

      „Idiot“ schmunzelte Boris und stellte seine erste Frage „Ich bekomme das mit dem ‚Sehen’ nicht in den Griff. Alles blendet. Dinge zu unterscheiden ist mühsam, alles mehr eine wage Suppe. Ich versuche ständig irgendein klares Bild zu kriegen. Ich benehme mich so ungeschickt, dass mich ein Freund sogar für blind hielt und er hat Recht, irgendwie. Kannst du das nicht wie damals, etwas zurückfahren?“ „Wenn du die Augen schliesst und dich auf die weiter entfernten Dinge konzentrierst, ist es da klarer?“ „Ja, ja. Schon. Das funktioniert täglich besser, je mehr unterschiedliche ‚Dinge’ und Menschen und Energien ich antreffe, desto besser kann ich sie auf Distanz unterscheiden und fühlen.“ „Dann bist du halt doch ein Dummkopf. Ein aquawaldischer Holzkopf, sozusagen.“ „Witzig“ antwortete Boris sarkastisch „Könntest du bitte wenigstens einmal etwas NICHT auf die leichte Schulter nehmen?“ „Wenn es stimmt? Hihi...“

      „Ah! Dann wie du meinst: Und wieso bin ich ein Dummkopf?“ gab Boris nach und ging auf Horaus Antwort ein.

      „Weil du dich an dein altes ‚ICH’ klammerst.“ „Wie?“ „Du versuchst die Dinge zu sehen, wie du es bisher kanntest. Das Neue, Unbekannte, das Spüren auf Distanz ist

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