Steintränen. Manja Gautschi

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Steintränen - Manja Gautschi Steintränen

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Insektes hättest, mit diesen tausenden von Facettenaugen oder wie das heisst.“ Horau zwirbelte mit beiden Händen vor seinen Augen herum um seinen Worten mehr Ausdruck zu verleihen. „Verstehst du?“

      Das war eine erschreckende Nachricht. Nie wieder Jorets Gesicht sehen?! Oder das irgendeines anderen Menschen?! Die Augen sind der Blick in die Seele eines Menschen. Dort erkennt man Gefühle und Stimmungen! Es lief Boris kalt den Rücken hinunter. Entsetzt blickte er in den Himmel. Musste er weinen?

      „Das kann unmöglich sein! Dann bin ich letztendlich doch blind?! Oh nein! Wie soll ich...“ und erneut schnippte ihm Horau gegen die Stirn „He! Aua!“ Boris setzte sich auf und wischte Horaus Hand weg „Mir ist nicht zum Spassen zumute!“

      „Ich spasse keineswegs.“ ernst sah ihn Horau an, er fing an mit seinen Fingern zu zählen

      „Erstens: Selbst ein Blinder erkennt oder besser spürt die Gemütsverfassung seines Gegenübers. Man kann es sogar an der Stimme erkennen. Am Geruch, an seiner Körpertemperatur! Und an was weiss ich noch alles. Dafür brauchst du kein Gesicht!

      Zweitens: Du bist der Stadtmeister. Keiner erkennt den Zustand eines Menschen, sogar eines jeden Dings besser als du. Konkret bist du überhaupt der Einzige, der das kann. Mit einem Blick, quasi!

      Drittens: Bist du dumm? Hast du dir deine Umgebung eigentlich schon einmal genau angesehen, als Stadtmeister, meine ich? Du bist umgeben von wunderschönem Licht in unterschiedlichen Farben und Nuancen! Du kannst hineinsehen und es blendet dich nicht. Dass es dich blendet, meinst du nur. Was ist wertvoller zu sehen: Die Kleidung einer Person oder deren Inneres: Wie es ihr geht? Ob sie lügt? Verletzungen hat? Hein?

      Viertens: Kuck dir mal den Boden unter deinen Füssen an! Du kannst sehen wo der Weg entlangführt, wo jemand durchlief, wo es sicher ist und wo der Boden unter dir einsinken oder abbrechen wird. Also wenn du das ‚blind’ nennst, mein lieber Mann, dann weiss ich auch nicht.

      „Was sollte dann das mit den Füssen?“ „Na weil den Boden so zu sehen etwas ‚Neues’ war, wo du hättest von alleine erkennen sollen, was du eigentlich ‚Neues’ siehst ohne dich an dein ‚altes’ Sehen zu klammern.“ Horau hob die Schultern „Hat nicht funktioniert. Pech gehabt. Nächste Frage

      „Pah! Nächste Frage!“ wiederholte Boris ironisch. Blickte Horau in die Augen. Horau hob fragend beide Augenbrauen. Wartete geduldig.

      ‚Hoa, hoa.’

      Boris sah sich um. Ein Flussviech huschte aus dem Wasser, erschreckte sich als es Boris sah, blieb stehen, streckte seine Nase in die Luft, schnüffelte und beschloss dann weiter zu huschen. Ganz dicht an Boris vorbei. Es schmiegte sich so fest es ging an den grossen Mann, so, als ob es etwas von Boris Energie tankte. Das kleine Tier war flinker als seine Grösse vermuten liess. Wegen des nassen Fells, schimmerte es in Boris Augen rosa, ein weiches rosa Licht ging von ihm aus. Und eigentlich konnte Boris seine Umrisse sehr deutlich erkennen. Vielleicht würde er sich mit seiner neuen Sichtweise der Dinge doch noch anfreunden. Boris schmunzelte ob des kleinen Tierchens.

      „Das mit der Kraft funktioniert?“ hörte Boris Horaus Stimme. Den Blick zurück zu Horau antwortete Boris „Ja, ja. Geht schon. Manchmal vergesse ich es und dann geht halt was zu Bruch. Aber das geht schon. Hättest mich auch warnen können anstatt einfach ‚Pass auf beim Aufstehen’ zu sagen. So ein Blödsinn. Ich bin voll in die Leute hineingefallen. War echt peinlich.“ Horau grinste, sagte aber nichts, sein Grinsen war Antwort genug.

      Dann fiel Boris seine nächste Frage ein „Ich habe Mühe mit der Schlaflosigkeit.“ er atmete, machte eine Pause „Am ersten Tag fiel es mir gar nicht wirklich auf, es wurde die Nacht durchgefeiert. Und am nächsten Tag, fand ich es eine gute Sache, ich kann Vieles erledigen. Ich gehe nachts ins Krankenhaus um mit den Ärzten zusammen nach den Patienten zu sehen, kann einen Rundgang zu den Wachen machen und so. Dann kam die dritte, die vierte und obwohl ich weiss, dass ich nicht schlafen werde, fühle ich mich immer müder. Erschöpft. Ich weiss nicht, was ich tun soll.

      Nachdenklich verschränkte Horau seine Arme, blickte zum Flussufer, zum Himmel und meinte dann „Hmm...um deinen Körper brauchst du dir deswegen keine Sorgen zu machen. Die Steintränen füllen ihn konstant mit Kraft und Energie aus. Er braucht keine Erholung. Auch“ Horau sah Boris Kopf an, lächelte „auch dein Hirn nicht.“ sein Lächeln verschwand „Aber dein Geist, wenn man es so nennen will.“ Horau rieb seine beiden Handflächen aneinander, so als ob er kalt hätte, dann legte er sie locker auf seine Knie, sah wieder zum Fluss „Meditation“ meinte er dann. Boris runzelte die Stirn „Meditation?“ Horau nickte „Ja. Wieviel kann ich dir nicht sagen“ er zuckte mit den Achseln „Vielleicht ein oder zwei Stunden am Tag? Musst du selbst herausfinden.“ „Meditation?“ „Sag ich doch!“ „Wie soll das gehen? Ich sitze und grüble so schon stundenlang im Zeug herum?!“ Horau fing an zu lachen, schüttelte seinen Kopf, war versucht Boris erneut gegen die Stirn zu schnippen.

      „Was ist so lustig?“ wollte Boris wissen. Und Horau wurde wieder ernst, schnippte auch nicht gegen Boris Stirn, er merkte, dass es Boris wirklich ernst war „Menschen“ meinte Horau dann „Wie?“ fragte Boris „Ach Boris.“ Horaus Augen waren zwar stets verschmitzt, aber auch führsorglich, irgendwie, er blickte in Boris Augen „Der Sinn am Meditieren ist es eben NICHT zu grübeln. Lernt ihr das nicht als Kinder?“ „Was soll das denn heissen?“ „Egal.“ Horaus winkte ab „Du musst dich darin üben, die Gedanken des Tages loszulassen. Dich wirklich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Dich spüren, die Luft, die Geräusche. Nicht an was war oder was sein wird zu denken. Du musst dich sammeln. Es gibt ja auch nur das Jetzt. Alles andere ist nur in Gedanken vorhanden.“

      Kopfschüttelnd entgegnete Boris „Du hast leicht reden. Du trägst nicht diese Verantwortung einen Krieg zu verhindern oder zu führen. Dass kann ich nicht einfach WEGdenken. Wie stellst du dir das vor?“ „Du darfst das Ganze nicht so schwer nehmen. Mein Freund.“ „Nicht SO SCHWER nehmen?! Bist du verrückt?! Hast du gehört was ich eben sagte?!“ Horau runzelte seine Stirn „Also weißt du, Boris.“ „Nein, ich weiss nicht!“ antwortete Boris in sehr gereiztem Tonfall.

      So langsam wurde Boris wütend. Er war tatsächlich reizbarer als sonst. Horaus Angewohnheit von Ernsthaftigkeit zu seiner merkwürdigen saloppen Art zu wechseln nervte ihn. Und er mochte es gar nicht, wenn man so schwerwiegende Themen wie Krieg und Gewalt verharmloste. Schon gar nicht jetzt.

      „Holla! Gleich so zickig.“ wiederholte Horau, strich sich erneut übers Haar. „Ja, das hast du schon gesagt!“ trotzte Boris zurück. „Ja, ja. Ist mir bewusst. Ich wollte dich nicht kränken, weißt du.“ „Was du nicht sagst.“ Boris blieb gereizt, Horau ignorierte es und fuhr einfach fort „Ich will damit lediglich darauf hinweisen, dass das schlicht die Art der Menschen ist. Menschen wollen immer MEHR von irgendetwas.“ Horau zuckte wieder mit den Schultern, Boris sah ihn weiterhin grimmig an. „Das ist nun mal so. Ich meine... ohne diesen Drang würde heute kein Mensch auf Steinwelten leben. Wir würden uns jetzt nicht hier unterhalten. Stattdessen würdest du dich auf der Erde in irgendeiner Höhle zusammenkuscheln unter einem dicken Fell, oder so.“ Horau musste grinsen bei dem Gedanken und Boris musste ihm irgendwie Recht geben.

      „Das trifft aber nicht auf alle Menschen zu. Ich zum Beispiel strebe nicht nach MEHR.“ Horau grinste immer noch, hob seinen rechten Zeigefinger „Du darfst nicht nur an Reichtum und Macht denken. Das ist es weshalb das Terra Sonnensystem dieses Theater veranstaltet, richtig. Und du strebst nach MEHR Zeit in Frieden. Oder nicht?“

      ‚Verdammt!’

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