Die Namenlosen. Уилки Коллинз

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Die Namenlosen - Уилки Коллинз

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und neben dieser schweren Befürchtung hat meine jüngste Tochter sich gerade verlobt und will heiraten. Bevor ich heute mit Mr. Clare sprach, haben diese Angelegenheiten mich so ausgefüllt, dass ich nicht daran gedacht habe, Ihnen in dem letzten kurzen Monat zu schreiben, und mehr Zeit ist seit der guten Nachricht von Ihrer Rückkehr nicht verstrichen. Nachdem ich jetzt weiß, dass ich noch einmal mein Testament machen muss, schreibe ich sofort. Kommen Sie um Gottes Willen an dem Tag, an dem Sie diese Zeilen erhalten – kommen Sie und erlösen Sie mich von dem entsetzlichen Gedanken, dass für meine beiden geliebten Mädchen in diesem Augenblick nicht gesorgt ist. Wenn mir irgendetwas zustößt, und wenn mein Wunsch, ihrer Mutter Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, durch meine elende Unkenntnis der Gesetze am Ende dazu führt, dass Norah und Magdalen enterbt zurückbleiben, werde ich in meinem Grab keine Ruhe finden! Kommen Sie um jeden Preis, immer Ihr

      A. V.“

      „Diese Zeilen erreichten mich am Samstagmorgen“, sagte Mr. Pendril. „Ich ließ sofort alles stehen und liegen und fuhr zum Bahnhof. Auf der Station in London hörte ich zum ersten Mal von dem Zug­unglück am Freitag; ich erfuhr davon mit widersprüchlichen Berichten über die Zahl und Namen der getöteten Fahrgäste. In Bristol war man besser unterrichtet, und die grausige Wahrheit über Mr. Vanstone wurde bestätigt. Ich hatte Zeit, mich zu erholen, bevor ich Ihre Station hier erreichte, und traf auf Mr. Clares Sohn, der mich erwartete. Er brachte mich zum Cottage seines Vaters, und dort setzte ich, ohne einen Augenblick zu verlieren, Mrs. Vanstones Testament auf. Es war mein Ziel, ihren Töchtern die einzige Versorgung zu sichern, die jetzt noch möglich war. Da Mr. Vanstone ohne Testament verstorben war, würde ein Drittel seines Vermögens an seine Witwe gehen; der Rest würde unter seinen nächsten Angehörigen aufgeteilt. Mr. Vanstones Töchter hätten als uneheliche Kinder unter den Umständen, unter denen ihr Vater gestorben war, keinen größeren Anspruch auf einen Anteil an seinem Vermögen als die Töchter irgendeines Arbeiters aus dem Dorf. Es blieb nur die Chance, dass ihre Mutter sich weit genug erholte und ihnen für den Fall ihres Todes testamentarisch ihren Anteil von einem Drittel vererben konnte. Jetzt wissen Sie, warum ich Ihnen geschrieben und um ein Gespräch gebeten habe – und warum ich Tag und Nacht wartete in der Hoffnung, zum Haus gerufen zu werden. Ich war ehrlich betrübt, dass ich Ihnen auf Ihre Anfrage die Antwort schicken musste, die zu schreiben ich gezwungen war. Aber solange noch die Aussicht bestand, Mrs. Vanstones Leben zu erhalten, war das Geheimnis ihrer Ehe das ihre und nicht das meine; und alle Erwägungen der Diskretion verboten mir, es zu offenbaren.“

      „Das haben Sie richtig gemacht, Sir“, sagte Miss Garth. „Ich verstehe Ihre Beweggründe und respektiere sie.“

      „Mein letzter Versuch, für die Töchter zu sorgen“, fuhr Mr. Pendril fort, „war, wie Sie wissen, durch die heimtückische Natur von Mrs. Vanstones Krankheit zum Scheitern verurteilt. Bei ihrem Tod hinterließ sie den Säugling, der sie um wenige Stunden überlebte (dieses Kind wurde, wie Sie sich erinnern werden, ehelich geboren) und nach der gesetzlichen Erbfolge im Besitz von Mr. Vanstones gesamten Vermögen war. Beim Tod des Kindes – die Folge wäre dieselbe gewesen, selbst wenn es die Mutter nicht um Stunden, sondern nur um einige Sekunden überlebt hätte – erhalten die nächsten Verwandten des legitimen Nachkommen das Geld, und dieser nächste Verwandte ist der Onkel väterlicherseits des Säuglings, also Michael Vanstone. Das gesamte Vermögen von achtzigtausend Pfund ist praktisch bereits in seinen Besitz übergegangen.“

      „Gibt es keine anderen Verwandten?“, fragte Miss Garth. „Besteht keine Hoffnung auf irgendjemand anderen?“

      „Es gibt keine anderen Verwandten mit Michael Vanstones Anspruch“, sagte der Anwalt. „Es gibt (auf seiten beider Eltern) keine heute noch lebenden Großväter oder Großmütter des toten Kindes. Das wäre auch unwahrscheinlich angesichts des Alters, in dem Mr. und Mrs. Vanstone gestorben sind. Aber dass keine anderen Onkel oder Tanten mehr leben, ist ein Pech, das man zu Recht beklagen kann. Cousins und Cousinen leben noch: ein Sohn und zwei Töchter der älteren Schwester von Mr. Vanstone, die den Erzdiakon Bartram heiratete und, wie ich Ihnen schon sagte, vor einigen Jahren verstorben ist. Aber ihr Interesse steht hinter dem Interesse der näheren Blutsverwandtschaft zurück. Nein, Miss Garth, wir müssen den Tatsachen so, wie sie sind, entschlossen ins Auge sehen. Mr. Vanstones Töchter sind Niemandes Kinder; und das Gesetz überlässt sie hilflos der Gnade ihres Onkels.“

      „Ein grausames Gesetz, Mr. Pendril – ein grausames Gesetz in einem christlichen Land.“

      „So grausam es auch ist, Miss Garth, so lässt es sich doch durch die erschreckende Besonderheit dieses Falles entschuldigen. Ich bin weit davon entfernt, das Gesetz Englands zu verteidigen, soweit es illegitime Kinder betrifft. Im Gegenteil: In meinen Augen ist es eine Schande für unsere Nation. Es lässt die Sünden der Eltern über die Kinder kommen; es begünstigt das Laster, weil es Väter und Mütter des stärksten aller Beweggründe beraubt, die Wiedergutmachung durch die Ehe zu leisten; und diese beiden verabscheuungswürdigen Folgen zieht es angeblich im Namen von Moral und Religion nach sich. Aber im Fall der beiden unglücklichen Mädchen muss es sich nicht wegen außerordentlicher Unterdrückung rechtfertigen. Auch das barmherzigere, christlichere Gesetz anderer Länder, das zulässt, dass die Kinder durch die Heirat der Eltern legitim werden, hätte für diese Kinder keine Gnade. Der Zufall, dass ihr Vater verheiratet war, als er ihre Mutter kennen lernte, hat sie zu den Ausgestoßenen der ganzen gesellschaftlichen Gemeinschaft gemacht; er hat sie außerhalb der Domäne der bürgerlichen Gesetze Europas gestellt. Ich will Ihnen die harte Wahrheit sagen – sie zu bemänteln, wäre nutzlos. Es gibt keine Hoffnung, wenn wir in die Vergangenheit blicken; aber vielleicht besteht Hoffnung, wenn wir in die Zukunft schauen. Der beste Dienst, den ich Ihnen jetzt leisten kann, besteht darin, die Zeit der Ungewissheit abzukürzen. In weniger als eine Stunde werde ich auf dem Rückweg nach London sein. Unmittelbar nach meiner Ankunft werde ich mich des schnellsten Mittels versichern, um mich mit Mr. Vanstone in Verbindung zu setzen, und ich werde Sie über das Ergebnis unterrichten. So traurig die Lage der beiden Schwestern jetzt auch ist, wir müssen sie von ihrer besten Seite betrachten. Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“

      „Hoffnung?“, wiederholte Miss Garth. „Hoffnung auf Michael Vanstone!“

      „Ja. Hoffnung auf den Einfluss der Zeit auf ihn, wenn schon nicht auf den Einfluss der Barmherzigkeit. Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, ist er heute ein alter Mann; er kann nach dem natürlichen Lauf der Dinge nicht damit rechnen, noch lange zu leben. Wenn er auf die Zeit zurückblickt, in der er und sein Bruder zum ersten Mal Streit hatten, muss er mehr als dreißig Jahre in die Vergangenheit schauen. Das sind doch sicher Einflüsse, die jeden Mann weicher machen? Und sein Wissen um die erschreckenden Umstände, unter denen er in den Besitz dieses Geldes gelangt ist, wird ihn doch sicher rühren, wenn ihn sonst nichts rührt?“

      „Ich werde mir Mühe geben, so zu denken wie Sie, Mr. Pendril – ich werde mir Mühe geben, das Beste zu hoffen. Werden wir lange im Ungewissen bleiben, bevor uns die Entscheidung erreicht?“

      „Ich glaube nicht. Auf meiner Seite wird die einzige Verzögerung durch die Notwendigkeit verursacht werden, den Wohnort von Michael Vanstone auf dem Kontinent in Erfahrung zu bringen. Ich glaube, ich verfüge über die Mittel, um diese Schwierigkeit erfolgreich zu meistern; in dem Augenblick, in dem ich in London eintreffe, werde ich diese Mittel nutzen.“

      Er griff nach seinem Hut, kehrte aber dann noch einmal an den Tisch zurück, auf dem der letzte Brief des Vaters und sein nutzloser letzter Wille nebeneinander lagen. Nach kurzem Nachdenken legte er beide in Miss Garth’ Hände.

      „Vielleicht hilft es Ihnen, den verwaisten Schwestern die harte Wahrheit zu überbringen, wenn sie sehen, wie ihr Vater in seinem Testament von ihnen spricht“, sagte er auf seine ruhige, beherrschte Weise. „Und wenn sie diesen Brief an mich lesen können – den letzten, den er in seinem Leben geschrieben hat. Diese Zeichen sollen ihnen sagen, dass es der einzige Gedanke im Leben ihres Vaters war, seinen Kindern gegenüber Wiedergutmachung zu üben. ‚Vielleicht denken sie verbittert an ihre Geburt‘,

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