Kuerzlich in Asien. Stephan Rankl

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Kuerzlich in Asien - Stephan Rankl

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gut gehen, die Sonne scheint, die patschnassen Sachen trocknen auf der Leine. Es ist nun endgültig an der Zeit, die ersten Rad-Etappen vorzubereiten. Verpflegung muss her. Dazu ist Gilgit prinzipiell schon der richtige Ort, nur Einkaufen läuft hier anders als bei uns daheim. Supermarkt ist eher eine unbekannte Einrichtung. Die Jobmaschine in Asien heißt „eigener Laden“. Wenn man sonst nichts kann, verkauft man eben was und darin sind sie gut. So reiht sich im Bazar Laden an Laden, in denen man alles bekommt, was man für den täglichen Bedarf so benötigt, aber eben nur stückweise und so ist man doch ganz schön unterwegs, bis alles beisammen ist. Wir finden schließlich doch noch so was Ähnliches wie einen Supermarkt, der örtliche Großverkäufer quasi und in vertrauter Umgebung kauft es sich einfach schneller ein. Weil wir Europäer mögen zwar Uhren haben, aber die Zeit gehört anderen.

      Wir schreiben den 9. August 2005. Ein historisches Datum, für uns zumindest. Unsere erste Radetappe steht an. Es kribbelt im Bauch, endlich können wir loslegen! Die lange Vorbereitung hat nun ein Ende, jetzt wird es ernst, vor uns Karakorum, China, Tibet. Wir kommen!

      Zunächst aber bereitet es uns schon einige Probleme, auch nur aus Gilgit wieder rauszukommen. Die Hängebrücke über den Hunza-River hat es in sich, eine äußerst wackelige Holzkonstruktion. Heimtückisches Hindernis jenseits, ein Tunnel. Die Brücke bietet nur gerade so Platz für ein Fahrzeug. Zum Glück sieht man, ob jemand in den Tunnel einbiegt. Da die örtlichen Verkehrsregeln sich auf den Grundsatz reduzieren lassen, der mit der größeren Masse ist immer der Gewinner, Vorfahrt hin oder her, müssen wir einen Moment abpassen, in dem Brücke und Tunnel gleichzeitig frei sind, dann so schnell wie möglich hinüber zum Tunnel und durch diesen im Eiltempo hochtreten. Im Loch geht es zu allem Überfluss auch noch bergauf. Wir haben jedoch Glück, kein anderer beansprucht in diesem Moment die Flussüberquerung und so stehen wir schließlich keuchend jenseitig am anderen Ufer. Puh, über die Brücke das war wackelig. Ganz schön schwankende Angelegenheit, als ob man sich besoffen auf das Fahrrad schwingt.

      Diese haben zwar noch nicht ihr volles Kampfgewicht erreicht, sind aber trotzdem schon ganz schön beladen. Als da wären, zwei vordere Gepäcktaschen mit Verpflegung, Töpfen und Benzinkocher. Hinten zwei Gepäcktaschen mit Kleidung, Zelt, Schlafsack, jeder Menge Werkzeug und Ersatzmaterial. Darüber spannen wir unseren Trekkingrucksack. Alles in allem mit Fahrrad so etwa vierzig Kilo. Für die härteren noch kommenden Etappen in Tibet verfügen wir über Bergschuhe zwecks besserer Isolation. Für den Moment genügen aber noch Turnschuhe.

      Wenn ich daheim an unseren vier mal vier Meter breiten und drei Meter hohen Haufen an Habseligkeiten in der Scheune denke, ist es doch unglaublich, wie viel Zeug man so mit durchs Leben schleppt. Dabei würde doch eigentlich ein dicker Geldbeutel und etwas Wechselwäsche langen. Nun ja, ganz so einfach ist es dann doch nicht.

      Zurück nach Pakistan, es ist trotz zunehmender Höhe brütend heiß. Der Karakorum-Highway schlängelt sich immer entlang des Hunza-Rivers gen Norden Richtung China. Man radelt durch ein karges braunes Tal, eingerahmt von kahlen Hügeln. Dazwischen hin und wieder grüne Oasen um die hier noch zahlreichen Dörfer.

      Keine zwanzig Kilometer geradelt, schon verliert der hintere Reifen Luft. Ein Plattfuss! Und das jetzt schon! Taktisch günstig mitten in einem Dorf und so mangelt es nicht an Zuschauern. Für die Kids muss das wie Fernsehen sein. So versammelt sich sehr schnell eine Meute um uns, einer schleppt sogar eine altertümliche Pumpe herbei, aber mit meiner bin ich besser bedient. Der Lochverursacher, ein paar Dornen, die den Schlauch regelrecht perforiert hatten. Als Taktik für solche Fälle hatten wir uns überlegt, sofort einen Ersatzschlauch aufzuziehen und die Löcher abends in Ruhe zu flicken. Während ich da also bastele, gesellt sich ein weiterer Radler hinzu. Paul aus Polen, seines Zeichens Lehrer und auch auf großer Radreise. Wir radeln ein Stück gemeinsam, ein Weggefährte für ein paar Kilometer.

      Die Landschaft wird wilder, die Schlucht, in der wir uns befinden, tiefer. Später tauchen die ersten Schneeberge auf. Das blendende Weiß verspricht Kühlung, aber hier unten ist es immer noch brüllend heiß, von unseren Shirts kann man bald garantiert echtes Hunza-Salz abbauen. Die vielen kleinen Läden mit Pepsi sind da ein Segen. Wir nehmen quasi jeden Cola-Stand mit, um den Wasserhaushalt so gerade im orangen Bereich zu halten.

      Kindermangel herrscht in diesen Regionen definitiv nicht. Zum Teil sind sie sehr aufdringlich. Vielfach schallt uns ein „One pen, one pen“ entgegen. Den Spruch hat bestimmt jeder Globetrotter schon mal gehört. Irgendeiner unserer Vorfahren muss mal massenhaft Kugelschreiber an die Kinder verteilt haben, aber was wollen die alle damit? Sollte das jeder gute Tourist tausendfach griffbereit in der Satteltasche haben? Man weiß es nicht, aber wozu hat man auch sonst soviel Taschen am Rad hängen.

      Der erste Tag auf dem Fahrrad zieht sich somit sehr in die Länge. Durchweg bergauf und die Hitze tut das übrige, so dass wir nach siebzig Kilometer schon sehr froh sind, als wir endlich eine Unterkunft in Ghulmet finden. „Rakaposhi Paradise Hotel“ und genau so kommt es uns auch vor! Ob sich das Personal darüber freut, unsere voll beladenen Räder in den zweiten Stock zu wuchten, sei dahin gestellt. Wir nehmen es dankend an. Ghulmet hat eine kleine Besonderheit zu bieten, man steht hier quasi direkt am Wandfuß des Rakaposhi, seines Zeichens 7788 Meter hoch. Der kleine Ort liegt gerade mal auf 2300 Meter, was die tiefste Schlucht der Welt ergibt. Die Auffassungen hierzu sind sicherlich unterschiedlich, aber diese Dimensionen sind schon sehr beeindruckend. Dabei ist es nicht so wie in anderen Gebirgen, dass auch die großen Flüsse hier entspringen. Die meisten, wie Indus, haben ihre Quelle irgendwo in Tibet und existierten schon bevor der indische Subkontinent Himalaja und Karakorum anhob, als er sich unter die asiatische Platte schob. Im Laufe der Zeit gruben sich die Flüsse also ihren Weg durch das neue Hindernis und somit entstanden diese gewaltigen Schluchten.

      Paul begegnen wir hier auch wieder. Den nächsten Morgen verratschen wir uns ziemlich und so wird es Mittag, bis wir die Drahtesel bepacken. Nicht gerade die beste Zeit, weil nun die Sonne nahezu senkrecht über dem Tal zu stehen scheint. Schatten, wo bist du? Steiles auf und ab in praller Mittagshitze. Da kann man nur Wasser nachschütten soviel wie reinpasst. Für Essen ist dann allerdings kein Platz mehr, ein Minusgeschäft!

      Inzwischen erreichen wir nun endgültig das Reich der Hunza. Diese Volksgruppe ist erstens für ihre Träger-Hilfsdienste bei Karakorum-Expeditionen bei uns bekannt und zweitens geht das Gerücht um, sie würden sehr besonders alt. Weswegen auch den hier vielfach angebauten Aprikosen magische Kräfte zugesprochen werden. Die Realität fällt leider sehr ernüchternd aus, aber auch der Glaube versetzt Berge. Ich bin der Meinung, die Leute hier sehen mit ihrem tiefen Furchen im Gesicht nur uralt aus und das genaue Geburtsdatum scheint eh nicht so wichtig zu sein. Das raue Klima, geballte UV-Strahlung in der dünnen Luft, das hält die beste Haut nicht aus und so braucht es nicht viel, um die Männer mit langen Bärten und faltigen Gesichtern wie Methusalems aussehen zu lassen. Erfreulicherweise spielen bei den Hunzas auch Frauen wieder eine etwas gleichberechtigtere Rolle in der Gesellschaft. Man sieht wieder die eine oder andere ohne männliche Begleitung auf der Straße gehen. Die meisten Hunza gehören der etwas liberaleren Ismaili-Glaubensrichtung an. Diese spaltete sich im 8. Jahrhundert von der schiitischen ab. Es gibt keine Moscheen, sondern Versammlungshäuser.

      Das Tal, durch welches der Karakorum-Highway heute führt, ist seit jeher eine wichtige Handelsroute, ein Seitenarm der legendären Seidenstraße. Durch die Abgelegenheit des Tales blieb das Königreich der Hunza lange unbehelligt von der Außenwelt. Ihre Heimat ist eine Hochgebirgswüste, der wenige Platz zwischen den steilen Bergflanken kostbar. Mühsam wurden den Hängen Terrassen für Ackerbau abgerungen. Das Wasser wird durch komplizierte Bewässerungskanäle von den Gletschern nach unten geleitet. Angebaut werden unter anderem Aprikosen und Walnüsse.

      Da im August gerade Aprikosen-Ernte ist, fallen uns sofort die auf den Flachdächern zum Trocknen ausgelegten Früchte auf. In der eher eintönig braunen Umgebung wirken die orangen Farbtupfer umso intensiver. Wir können nicht lange widerstehen und decken uns mit einem Kilo der Leckerbissen ein.

      Unser Tagesziel für heute heißt

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