Kuerzlich in Asien. Stephan Rankl

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Kuerzlich in Asien - Stephan Rankl

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die man auf diesem Planeten mit dem Fahrrad zurücklegen kann. Es geht los in tiefen Schluchten. Der tosende Hunza-River weit unten hat sich tief durch die Granitwände gegraben. Bei einer Brücke weitet sich das Tal. Ein einsamer Polizist schiebt hier Wache und wir werden empfangen wie Staatsgäste. Die Langeweile muss groß sein, aber uns steht grad nicht der Sinn nach einem Plausch. Brücken sind hier eher lästig, weil jenseitig meist mit einem saftigen Gegenanstieg gewürzt. Und es ist schon wieder Mittag mit entsprechender Hitze. Aber zum Glück, das nächste Dorf ist nicht weit. In der einzigen Kneipe treffen wir eine Kanadierin wieder, der wir in Karimabad schon öfters über den Weg gelaufen waren. Die ganzen Touristen reisen zwar unterschiedlich, also per Anhalter, mit Bus, zu Fuß oder wie wir per Fahrrad, aber abends treffen sich doch wieder alle im selben, vom Lonely Planet empfohlenen Guesthouse.

      Nach diesem Dorf, Gulmit, wird die Straße richtig spektakulär. Berge wie Kathedralen stehen plötzlich vor einem. Zur linken Siebentausender, so wie Kleinkinder Berge zeichnen würden. Tief unten in den kargen Tälern, von der alles zu fressenden scheinenden Wüste sich abhebend, malerische grüne Flecken und Siedlungen. Mühsam wird bewässert und so dem Land Essbares abgerungen. Die Straße führt steil bergauf und wie immer in solchen Momenten lauert am Straßenrand die Dorfjugend. Man weiß ja nie, was die Rabauken nun wieder aushecken und bergauf mit all dem Gewicht kann man nicht wirklich einfach mal eben davon strampeln, sondern ist ihnen ausgeliefert, was diese wiederum sehr genau wissen. Wir müssen wohl einen sehr erschöpften Eindruck erweckt haben. Mit viel Getöse und Lachen werden wir kurzerhand den Hügel hochgeschoben! Nicht schlecht, schneller bitte! Für diese Mühe wird natürlich eine kleine Belohnung erwartet. „Sweets, sweets“ schallt es uns entgegen. Betty zieht unsere getrockneten Aprikosen hervor und man würde nun erwarten, dass die Jungs gelangweilt abwinken. Äh, Aprikosen, gibt es eh jeden Tag. Stattdessen reißen die Früchtchen ihr dieselbigen aus der Hand und können gar nicht genug bekommen.

      Bald hört man in der Ferne Ketten klirren. Wir kennen das Geräusch gut, es gehört zu einem Lastwagen. In Pakistan sind dies fahrende Kunstwerke. Die Besitzer geben sich unglaublich viel Mühe, ihre Gefährte anzumalen und mit allerlei Gehängsel zu verschönern. Standard sind dabei die am Boden schleifenden Ketten. Lichterkette ist ebenso absolute Pflicht. Was für eine Schau und absolut fotogen! Natürlich schwillt den Fahrern die Brust, wenn man sich genau ihr fahrendes Kunstwerk zum Fotografieren ausguckt.

      Wir schauen aber nun vor allem auf die Gletscher, die hier direkt bis zur Straße reichen. Man muss sich das so vorstellen, es geht um die Kurve und vor einem breitet sich ein Eis-Highway aus. Es ist der Passu-Gletscher, so an die zwanzig Kilometer lang. Eher klein im Vergleich zu dem, was da links und rechts sonst noch in den Tälern liegt. Aber wie er da blendend weiß in gerader Linie vor einem auftaucht, das ist schon beeindruckend. Den plastischen Eindruck verstärken die Gerölllinien auf dem Eis. Sieht in der Tat wie eine gigantische Straße aus.

      Auf einem Moränenhügel thront darüber das „Glacier Breece Restaurant“. Der Weg hoch mit Gartenlampen ausgeleuchtet. Irgendwie unwirklich, dieser Luxus in so einer weltabgeschiedenen Gegend. Wir sind die einzigen Gäste an diesem Abend. Für hiesige Verhältnisse ist das Lokal doch relativ teuer, aber wir speisen wie Allah in Pakistan. Irgendwann gibt es Stromausfall und so kommen wir zu einem echten Candle-Light-Dinner mit Privat-Kellner. Nicht ohne Reue, am nächsten Morgen hat der Magen doch arge Schieflage und das Toilettenpapier wird mal wieder zum wichtigsten Ausrüstungsgegenstand. Das hält uns aber nicht davon ab, zu Fuß die fantastische Gegend zu erkunden. Also machen wir uns auf dem Weg zum Passu-Gletscher, wo es in ein sehr trockenes Seitental geht, das Yunz-Valley. Ringsum gut abgeschirmt von Bergen, ist hier wohl noch nie ein Tropfen Regen gefallen. Es wächst absolut gar nichts, Eidechsen sind die einzigen Wegbegleiter. Keine Ahnung, von was sich die ernähren. Wahrscheinlich von liegengebliebenen Wanderern mit Dünnpfiff. Inzwischen hatten wir auch den Namen des von Kleinkindern gezeichneten Berges herausgefunden, Shispar, was für ein Blickfang! Vom Yunz-Valley aus lässt sich leicht der Felsklotz über Passu namens Zard Sar erklimmen und von dort oben liegt er einem zu Füssen, der Batura-Gletscher. Stolze 56 Kilometer lang. Vom Schutt schwarz gefärbt. Die Größe lässt sich gar nicht begreifen, einfach nur enorm. Zur anderen Seite die Bergkathedralen, darunter die grünen Flecken von Passu und mitten durch der Karakorum-Highway. Man meint, der Batura-Gletscher endet am Straßengraben.

      Wir nähern uns nun unaufhaltsam der chinesischen Grenze. Nach Passu ist das Gelände bis Sost eher angenehm zu radeln, bevor es dann zum Khunjerab Pass, dem mit 4730 Meter höchsten Punkt des Karakorum Highways noch mal mächtig bergauf geht. Dort befindet sich die Grenze zwischen China und Pakistan. Sost ist davon noch achtzig Kilometer entfernt, dennoch sind hier schon die Grenzformalitäten zu erledigen. Dementsprechend schaut die Stadt auch aus. Grenzstationen gleichen sich irgendwie auf der ganzen Welt, schmuddelig und anrüchig. Heruntergekommene Häuser, viele Märkte, zwielichtige Gestalten und es liegt immer ein Hauch von Glücksrittertum und Schmugglerei über der Stadt. Sost bildet da keine Ausnahme. Hier werden die von Pakistan kommenden Güter auf die schmucklosen chinesischen Laster umgeladen. Kein Vergleich zu den Prachtstücken der pakistanischen Kollegen. Für uns ist in Sost erst mal wieder Schluss mit Radfahren. Aus irgendeinem Grund sind die ersten hundert Kilometer bis Tashkurgan auf chinesischem Boden für Individualreisende gesperrt und für Radfahrer insbesondere. Wahrscheinlich aufgrund der Nähe zur afghanischen Grenze und der verstärkten Präsenz des chinesischen Militärs in der Gegend. Für uns bleibt da also nur die Möglichkeit, diesen Teil der Strecke mit dem Bus zurückzulegen. Ganz hartgesottene Kollegen radeln an einem Tag zum Pass hoch und wieder runter, um die Strecke gemacht zu haben. Darauf verzichten wir, Bergpässe erwarten uns wahrlich noch genug.

      Unsere Visa für China hatten wir daheim in München schon besorgt, hier an der Grenze wäre das nicht möglich gewesen. Normalerweise gibt China nur Visa für einen Monat an Touristen aus. Für uns zu wenig, zu mal wir in den Regionen, in denen wir uns bewegen wollen, wohl nicht darauf hoffen können, eine Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Also mussten wir ein wenig in die Trickkiste greifen. Aber den Eindruck hatte ich noch öfter, die chinesische Bürokratie fordert das richtig heraus, meist mit Geld verbunden, umgangen zu werden. So gab ich auf dem Antragsformular eine politisch äußerst korrekte Route durch Rotchina an. Hongkong, Shanghai, Peking und natürlich die große Mauer nicht zu vergessen. Das Fahrrad erwähnte ich dabei nicht. Für so eine schöne Route benötigt man natürlich viel Zeit und bat daher um ein 90-Tage-Visa. Die Konsulat-Beamten fanden meine „geplante“ Route sehr begeisternd und so sind wir nun stolze Besitzer von Drei-Monats-Visa. Von all den tollen Highlights Rotchinas ist Sost aber denkbar weit entfernt und die genehmigte Route wird zum Glück im Visa nicht vermerkt.

      Die steilen Meter zum Khunjerab Pass fahren sich im Bus äußerst entspannt. Die Straße windet sich eindrucksvoll durch enge Schluchten und ist dementsprechend ziemlich gefährlich angelegt. In der Regenzeit geht hier ein Bergrutsch nach dem anderen ab, der dann zur Trockenzeit wieder weggeschaufelt werden muss. Die Kurven sind unübersichtlich und so sehen wir doch erschreckend viele Lastwägen unten im Fluss vor sich hinrosten.

      Die Gegend um den Khunjerab Pass wurde zum Nationalpark erklärt, hier streunen noch die bei Trophäensammlern so begehrten Marco-Polo-Schafe mit ihren riesigen gewundenen Hörnern umher, sowie Schneeleoparden. Touristen müssen Eintritt bezahlen, auch wenn sie nur auf der Durchreise sind. Wenn es der Erhaltung dieser einmaligen Tierwelt dient, soll es uns recht sein. Die Ranger führen uns stolz ein nur wenige Monate altes Schneeleoparden-Kätzchen vor, welches sie mutterlos aufgefunden hatten. Für den Moment noch so groß wie eine ausgewachsene Hauskatze und sehr verspielt.

      Im Bus trifft sich die altbekannte Reisegesellschaft wieder. All die Leute, die wir auch die letzten Tage immer wieder in den Hostels getroffen hatten, sind auch hier am Start. Man fühlt sich von der Stimmung her glatt auf eine beliebige Kaffeefahrt durch die Alpen versetzt. So geht die Fahrt immer bergauf. Das Wetter wird immer schlechter, links und rechts kommen abermals Gletscher in Sicht. Auf Passhöhe schneit es. Vor uns ein Stacheldrahtverhau, quer durch das ganze Tal. Die Grenze zu China!

      Kapitel

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