Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke. Robert Louis Stevenson

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Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke - Robert Louis Stevenson

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ersten Unterredung sein Herz gerührt; seither ist er stets mein Freund gewesen. Ohne ihn, meine Herren, wäre ich jetzt tot oder harrte an der Seite des armen James meines Urteils, aus welchem Grunde ich ihm von dem Vorhandensein dieses Memorials zu erzählen wünsche, sobald es abgeschrieben ist. Ihr müßt außerdem bedenken, daß dieser Schritt zu meinem Schutz beitragen wird. Ich habe Feinde, die gewohnt sind, ohne Rücksicht zu handeln: Seine Gnaden hier in seinem eigenen Lande, ihm zur Seite Lovat, und falls an unserem Vorgehen irgend etwas zweifelhaft erscheint, werde ich höchstwahrscheinlich im Gefängnis aufwachen.« Da sie auf diese Erwägungen keine Antwort wußten, erteilten meine versammelten Ratgeber mir endlich notgedrungen ihre Zustimmung; sie stellten mir die eine Bedingung: ich sollte das Schriftstück Prestongrange mit den ausdrücklichsten Komplimenten aller Beteiligten überreichen. Der Lord Staatsanwalt befand sich bei der Tafel im Schloß, zusammen mit Seiner Gnaden. Durch einen von Coulstons Bedienten sandte ich ihm ein Billet, in dem ich ihn um eine Unterredung bat, und erhielt den Bescheid, ihn sogleich in einem Privathaus in der Stadt zu treffen. Hier fand ich ihn allein in einem Zimmer; seinem Gesicht war nichts zu entnehmen; trotzdem war ich weder so blind, im Vorplatz nicht einige Hellebarden zu bemerken, noch so blöde, daß ich daraus nicht gefolgert hätte, er sei bereit, mich auf der Stelle verhaften zu lassen, falls er es für gut hielt.

      »Also da haben wir Euch wieder, Mr. David,« sagte er. »Ja, Mylord, und ich fürchte, ich bin nicht sehr willkommen«, entgegnete ich. »Ehe ich jedoch weiterrede, möchte ich Eurer Lordschaft für Eure wiederholten guten Dienste danken, selbst wenn sie jetzt ein Ende nehmen sollten.« »Ich habe Eure Dankbarkeit bereits früher vernommen,« erwiderte er ein wenig trocken, »ich glaube, das wird kaum der Grund sein, weswegen Ihr mich von meinem Wein abrieft. Auch würde ich an Eurer Stelle bedenken, daß Ihr immer noch auf sehr schwankem Boden steht.« »Im Augenblick, glaube ich, nicht,« meinte ich; »geruhen Euer Lordschaft nur einen einzigen Blick auf dieses Papier zu werfen; ich denke, Ihr werdet dann meiner Meinung sein.« Er las es stirnrunzelnd sorgfältig durch, dann blätterte er zurück und schien einen Teil mit dem anderen zu vergleichen und ihre Wirkung abzuwägen. Sein Gesicht erhellte sich ein wenig. »Es hätte schlimmer sein können,« meinte er, »obwohl es immer noch den Anschein hat, als sollte ich meine Bekanntschaft mit Mr. David Balfour teuer bezahlen.« Noch immer schweiften seine Blicke über das Papier, und seine Stimmung schien sich sichtlich zu heben.

      »Wem habe ich dies zu verdanken?« fragte er nach einer Weile. »Man wird ohne Zweifel auch andere Schritte erörtert haben. Wer schlug diese private Methode vor? War es Miller?«

      »Mylord, ich war es selbst«, antwortete ich. »Jene Herren haben mir gegenüber keine solche Rücksicht gezeigt, daß ich mir das Lob, auf das ich billigerweise Anspruch habe, versagen oder ihnen einen Teil der Verantwortung, die ihnen von Rechts wegen zufällt, zu ersparen brauche. Die nackte Wahrheit ist: alle waren für einen Prozeß, der aufsehenerregende Folgen im Parlamentshaus haben und für sie selbst einen fetten Bissen abgeben sollte (um einen ihrer eigenen Ausdrücke zu gebrauchen). Vor meiner Intervention waren sie, glaube ich, dabei, unter sich die verschiedenen Ämter der Justizverwaltung zu verteilen. Unser Freund, Mr. Simon, sollte auf Grund irgendeines Vergleichs übernommen werden.«

      Prestongrange lächelte. »Das sind nun unsere Freunde«, bemerkte er. »Und was bewog Euch, es abzulehnen, Mr. David?« Ich berichtete ihm ganz offen, schob aber dabei die Bedenken, die Prestongrange selbst betrafen, in den Vordergrund. »Ihr laßt mir dabei nur Gerechtigkeit widerfahren«, sagte er. »Ich habe für Euch so hart gekämpft wie Ihr für mich. Und wie kommt es, daß Ihr heute schon hier seid?« forschte er. »Als der Prozeß sich in die Länge zog, begann ich schon zu befürchten, ich hätte den Spielraum zu knapp bemessen; ich erwartete Euch bereits morgen. Aber gar heute – das habe ich mir nicht träumen lassen.«

      Ich dachte natürlich nicht daran, Andie zu verraten.

      »Ich vermute, Ihr würdet unterwegs einige recht abgehetzte Pferde finden«, entgegnete ich.

      »Hätte ich Euch als einen derartigen Strauchdieb erkannt, ich hätte Euch den Aufenthalt auf Baß gründlich auskosten lassen«, erwiderte er.

      »Dabei fällt mir ein; hier ist Euer Lordschaft Brief.«

      Und ich reichte ihm den Zettel mit der verstellten Handschrift. »Da war noch ein versiegelter Umschlag.«

      »Ich habe ihn nicht mehr. Er trug nur die Adresse und konnte keine Katze kompromittieren. Dagegen befindet sich die zweite Einlage noch in meinem Besitz, und ich möchte sie, mit Eurer Erlaubnis, behalten.« Ich glaube, er war unangenehm berührt, ohne mir jedoch zu widersprechen. »Morgen«, fuhr er fort, »wird unser Geschäft hier beendet sein, und ich reise nach Glasgow weiter. Ich werde mich sehr freuen, wenn Ihr mich begleitet, Mr. David.«

      »Mylord –«, hub ich an. »Ich leugne nicht, Ihr würdet mir damit einen Dienst erweisen«, unterbrach er mich. »Ich wünsche sogar, daß Ihr in Edinburgh in meinem Hause absteigt. Ihr habt an den Fräulein Grants sehr warme Freundinnen gefunden, sie werden entzückt sein, Euch bei sich zu haben. Wenn Ihr glaubt, ich wäre Euch nützlich gewesen, könnt Ihr Euch auf diese Art sehr leicht revanchieren und, statt zu verlieren, obendrein einigen Vorteil daraus ziehen. Nicht jeder junge Unbekannte wird durch den Kronanwalt in die Gesellschaft eingeführt.« Häufig genug (trotz unserer kurzen Bekanntschaft) hatte dieser Gentleman erreicht, daß mir der Kopf sich drehte; zweifellos brachte er auch jetzt einige Sekunden lang diese Wirkung zustande. Hier sah ich ihn wieder einmal die alte Fiktion aufrechterhalten, daß ich mich bei seinen Töchtern besonderer Gunst erfreue; dabei war die eine so freundlich gewesen, mich auszulachen, während die anderen beiden kaum die Gnade gehabt hatten, von meiner Existenz Notiz zu nehmen. Und jetzt sollte ich mit Mylord nach Glasgow reiten und in Edinburgh bei ihm wohnen, sollte unter seiner Protektion in die Gesellschaft eingeführt werden! Daß er so gutmütig war, mir zu verzeihen, war an sich schon wunderbar genug; daß er aber meine Bekanntschaft pflegen und mir dienen wollte, schien unfaßbar, und ich begann nach seinen Gründen zu forschen. Das eine war klar: wurde ich sein Gast, dann war jede Umkehr unmöglich; niemals konnte ich meine jetzigen Absichten bereuen und ein Verfahren gegen ihn einleiten. Außerdem – würde nicht mein Aufenthalt in seinem Hause dem Memorial die ganze Stoßkraft rauben? Die Beschwerde konnte nicht allzu ernst genommen werden, wenn die Person, der am meisten unrecht geschehen, der Gast des am stärksten inkriminierten Beamten war. Als ich das bedachte, konnte ich mich eines Lächelns nicht erwehren. »Das soll eine Art Aktion gegen das Memorial sein?« fragte ich. »Ihr seid schlau, Mr. David,« meinte er, »und habt nicht so ganz daneben geraten. Die betreffende Tatsache wird mir meine Verteidigung erleichtern. Vielleicht unterschätzt Ihr aber auch meine freundschaftlichen Gefühle, die wirklich vollkommen echt sind. Ich habe vor Euch Respekt, Mr. David, untermischt mit Angst«, fügte er lächelnd hinzu.

      »Ich bin mehr als bereit, ja begierig, Euren Wünschen entgegenzukommen«, sagte ich. »Ich habe die Absicht, selbst Jurist zu werden, und Eurer Lordschaft Protektion dürfte für mich unschätzbar sein; außerdem bin ich Euch selbst und Eurer Familie für die vielen Beweise von Interesse und Nachsicht aufrichtig dankbar. Die Schwierigkeit besteht nur darin: wir ziehen in einer bestimmten Sache an verschiedenen Strängen. Ihr sucht James Stuart zu henken, ich ihn zu retten. Insofern meine Begleitung Eurer Lordschaft Verteidigung erleichtert, stehe ich Eurer Lordschaft ganz zur Verfügung; sofern sie aber hilft, James Stuart zu henken, stehe ich vor einem unüberwindlichen Hindernis.« Ich glaube, er fluchte vor sich hin. »Ihr solltet entschieden Advokat werden; der Gerichtssaal ist der wahre Schauplatz für Eure Talente«, bemerkte er bitter und schwieg dann eine Weile. »Ich will Euch etwas sagen,« fuhr er fort, »es handelt sich nicht länger darum, für oder gegen James Stuart Partei zu ergreifen. James ist ein toter Mann; sein Leben ist gegeben und genommen – gekauft und verkauft (wenn Ihr wollt); kein Memorial kann ihm helfen – keine Abtrünnigkeit des treuen Mr. David ihm mehr schaden. Ob es nun so oder so ausgeht, es gibt kein Pardon für James Stuart: laßt Euch das gesagt sein! Es handelt sich jetzt nur noch um mich selbst: werde ich stehen oder fallen? Und ich leugne nicht, ich befinde mich in einiger Gefahr. Mag jedoch Mr. David Balfour

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