Weihnacht von Karl May. Karl May

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Weihnacht von Karl May - Karl May

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Buche und reichte es der Frau mit jener wundervoll

       abgerundeten, gentlemanliken Armbewegung hin, welche nur jungen Gymnasiasten eigen ist,

       wobei er sagte:

       »Ich besitze es zweimal, nämlich im Kopfe und hier auf dem Papiere. Nehmen Sie, bitte, die

       Abschrift, und lassen Sie mir den Kopf, so ist uns beiden geholfen.«

       Der gute Mensch schien diesen Worten nach zu fühlen, daß ihr mit seinem Kopfe

       wahrscheinlich sehr wenig geholfen sei. Sie zögerte nicht, sein Geschenk anzunehmen, und

       die Art und Weise, wie sie dies that und sich bei ihm und mir bedankte, bestätigte aufs neue

       unsere Ansicht, daß sie früher nicht das gewesen sei, was sie jetzt war. Dies brachte auf

       meinen Freund eine so gute Wirkung hervor, daß er ihr in geheimnisvoller Weise andeutete,

       es sei ihm auch außerhalb dieses Gedichtes möglich, ihr einen vielleicht noch größeren Dienst

       zu erweisen.

       Als sie ihn hierauf stumm fragend anblickte, brannte er sich eine neue Cigarre an und begann

       dann, von Christoph Kolumbus und Amerigo Vespucci zu erzählen. Er durchflog die Zeit

       vom Ende des fünfzehnten bis zum Beginn der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts

       mit feierlicher Gründlichkeit, überging nichts von allem, was während dieser Zeit in Amerika

       geschehen war, brachte dann seinen geheimnisvollen Verwandten zur Sprache und ließ dann

       endlich, worauf ich längst gewartet hatte, die drei bekannten Blitze los – El Dorado, Millionär

       und Universalerbe. Als er glaubte, sie nun gehörig vorbereitet zu haben, machte er ihr das

       Anerbieten, ihr ein Empfehlungsschreiben an diesen Verwandten mitzugeben.

       Ich war fast starr vor Erstaunen! Mir, seinem Busenfreunde, hatte er ein solches

       Empfehlungsschreiben noch niemals offeriert, was er doch ganz gefahrlos hätte thun können,

       weil er mein Ideal, ein Globetrotter zu werden, nicht kannte und also annehmen mußte, daß

       ich während meines ganzen Lebens nicht in die Lage kommen würde, dieses Schreiben

       abzugeben. Und hier, wo er hundert gegen eins wetten konnte, daß man es abgeben werde, bot

       er es einer ganz fremden Person an, deren Busenfreund er nie gewesen war und auch niemals

       werden konnte!

       Und die Frau? Sie ging auf seinen Vorschlag ein, vielleicht nur, um ihn nicht zu beleidigen,

       denn auf das Empfehlungsschreiben eines jungen Schülers war wohl nur wenig Wert zu

       legen. Er bat den Wirt um Schreibzeug und Papier und erklärte, als er dies bekommen hatte,

       der Frau, daß er nun freilich ihren Namen wissen müsse. Sie nannte ihm denselben, und so

       erfuhr ich, daß sie Elise Wagner hieß. Indem er schrieb, setzte er sich so, daß mein Blick das

       Papier nicht erreichen konnte. Also eine Fremde durfte die Adresse seines einstigen

       Erblassers wissen, ich aber nicht! Ich fühlte mich dadurch nicht beleidigt, denn ich war

       gewohnt, allen seinen Eigenheiten Rechnung zu tragen, und wendete mich ganz von ihm ab,

       damit er ganz sicher sei, daß ich ihm nicht ins Geheimnis schaue. Er vollendete, während ich

       mich mit dem Wirte unterhielt, den Brief, welchen er dann der Frau mit der bescheidenen

       Andeutung überreichte, daß ihr dieses Schreiben von ungeheurem Nutzen sein werde.

       Grad als er dies that, wurde die Thür geöffnet, und die Wirtin trat herein. Der liebe Franzl

       mochte darüber wohl ein wenig erschrecken, beherrschte sich aber unsertwegen so, daß ihm

       nichts anzumerken war. Mein Busenfreund duckte sich zusammen, als ob er der Schuldige

       sei. Die fremde Frau sah dem Kommenden mit sichtlicher Bangigkeit entgegen. Franzl

       brannte sich, um sich für den Kampf zu stärken, eine neue Cigarre an.

       Die Wirtin blieb erst ganz verwundert an der Thür stehen; dann kam sie langsam näher, bis sie

       vor ihrem Manne stehen blieb.

       »Was brennst du denn da, Franzl?« fragte sie ihn in einem eigentümlich freundlichen Ton,

       dessen Bedeutung ich damals noch nicht kannte.

       »Den Baum,« antwortete er mit ganz derselben Liebenswürdigkeit.

       »Warum?«

       »Weil's Weihnacht ist.«

       »Für wen?«

       »Für mich.«

       »Seit wann?«

       »Seit kurzer Zeit.«

       »So, so, schau, schau! Seit kurzer Zeit! Da sind die Lichte ein Viertel abgebrannt und vorher

       waren sie schon halb abgebrannt. Woher mag das wohl kommen?«

       »Weil es wahrscheinlich eine Sorte ist, die vom Verbrennen länger wird.«

       »So eine gute Sorte kenne ich nicht; die möchte ich mir auch gleich kaufen! Es wird aber

       wohl so sein, daß du erst die halben verbrannt und dann noch neue angezündet hast, damit ich

       nichts merken soll. Du hast gedacht, daß ich wie gewöhnlich nicht wieder hereinkommen

       werde. Ist es so, oder ist es nicht so, Franzl?«

       »Es ist schon so.«

       »Höre, ich will dir sagen: Es ist gut, daß du es wenigstens zusiehst! Also für dich brennst du

       den Baum?«

       »Ja.«

       »Nur für dich?«

       »Für mich und diese Herren Studenten.«

       »Dagegen hätte ich nichts, wirklich nichts, denn du bist auch einer gewesen, worüber wir

       beide noch heute unsere Freude haben. Also du brennst ihn für sonst weiter gar niemand?«

       »Nein.«

       »Schön! Jetzt sagst du mir die Wahrheit nicht. Du magst für dich und die Herren Studenten

       anbrennen, was und wann du willst, Wein trinken und Cigarren rauchen, so viel du willst,

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