Die Farbe der guten Geister. A. A. Kilgon

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Die Farbe der guten Geister - A. A. Kilgon

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war heute beim MRT.“ Ihre Mutter unterbrach sie sofort mit entsetzter Stimme: „Aber Kind……“ Tilda ließ sie jedoch nicht zu Wort kommen und fuhr stattdessen fort: „Mir war doch oft so schlecht in letzter Zeit. Weißt Du noch? Ostern hab ich´s euch erzählt.“ Es folgte eine kleine Pause und ein Knacken am anderen Ende der Leitung. Darauf ließ sich Tildas Mutter Brigitte vorwurfsvoll vernehmen: „Aber Kind! Das ist doch alles schon wieder gut gewesen! Du hast doch gar nichts mehr davon gesagt!“ Tilda erwiderte einlenkend: „Ja, Mam. Es ist nur eine reine Vorsichtsmaßnahme, weil die Ärzte nichts finden konnten. Ich wollte es euch bloß sagen, nichts weiter. Sie werden bestimmt nichts finden. Das hoffe ich zumindest. Jetzt mach dir bitte keine Sorgen deshalb!“ Tilda wollte ihre Mutter auf keinen Fall beunruhigen, aber sie fühlte, dass sie sie wenigstens von den Tatsachen in Kenntnis setzen musste. Sie kannte ihre Mutter. In dieser Hinsicht war sie überaus empfindlich.

      So ganz und gar traute Brigitte ihrer Tochter offenbar nicht über den Weg. Vom anderen Ende der Leitung her kam ein strenges: „Aber Kind! Wir haben doch so viele Ärzte im Freundeskreis. Da geh doch erst einmal dahin!“ Es folgte die Aufzählung diverser Namen und Titel. Es war eine wirklich erstaunliche Anzahl von Menschen, die ihrer Mutter zufolge als Diagnostiker und Therapeuten schier übermenschliche Fähigkeiten und einen Röntgenblick haben mussten. Tilda hörte ihr geduldig zu und ließ sie ausreden. Dann sagte sie entschlossen: „Mam, du weißt ja, ich bin nicht so der Arztgänger. Kommt von alleine, geht von alleine. Wie Omi schon immer sagte. Und für Tabletten bin ich auch nicht. Das weißt du doch!“ Tildas Mutter Brigitte schnaufte aufgebracht am anderen Ende der Leitung und erwiderte scharf: „Manchmal sollte man aber trotzdem Tabletten nehmen! Manchmal geht es einfach nicht anders.“ Tilda merkte, wie sehr sie sich persönlich angegriffen fühlte, weil sie schon seit Jahren ihre diversen Rheuma-Mittelchen in sich hineinschluckte. Tilda bemühte sich sofort um eine Entschärfung der Situation. Sie wusste, dass ihre Mutter in dieser Hinsicht sehr empfindlich war.

      Nach dem Telefonat fühlte sie sich einerseits erleichtert, aber andererseits auch beunruhigt bei dem Gedanken daran, was möglicherweise in ihrem Befund stehen könnte. Das Gespräch mit ihrer Mutter hatte alles wieder aufgewühlt. Als kurze Zeit später Ludwig nach Hause kam, verdrängte sie die dunklen Gedanken. Das Wichtigste war letztendlich, dass sie bei dem Termin am nächsten Tag keine schlimmen Nachrichten bekam. Sofort erfasste sie erneute Unruhe, die sie wie eine große Welle packte und mit sich fort zu reißen drohte. Tilda fühlte sich ruhelos und nervös. Sie war mit ihren Gedanken weit weg und gar nicht bei der Sache. Als sie für Ludwig und sich wenig später einen Kaffee aufbrühen wollte, goss sie die Milch aus dem Tetrapack direkt über das Kaffeepulver, das in der Kaffeepresse eigentlich auf kochendes Wasser wartete. Ludwig saß derweil im Wohnzimmer und merkte davon nichts. Sie war heilfroh darüber. Er hätte sie vermutlich die nächsten zwei Jahre damit aufgezogen. Nein, von Ludwig konnte sie keine wirkliche Unterstützung erhoffen. Er konnte sich kaum in andere Menschen hineinversetzen. Das hatte Tilda auch früher schon festgestellt. Außerdem war er ohnehin schon immer der Meinung gewesen, dass man sich um „ungelegte Eier“ keine Sorgen machen sollte. Und solange es keinen schlimmen Befund gab, brauchte in seinen Augen also niemand die Pferde scheu zu machen, brauchte man seiner Ansicht nach noch nicht einmal einen Gedanken daran verschwenden.

      Spät am Abend rief Conny an. Während Tilda mit ihr telefonierte, hatte sie erneut Schwierigkeiten, ihre Fassung zu wahren. Im Grunde genommen war nichts anderes passiert, als dass Conny sich schockiert darüber geäußert hatte, dass Tilda wegen der Übelkeitsgeschichte und wegen ihrer gelben Augen sofort durch´s MRT geschoben worden war. Für sie war das überhaupt kein gutes Zeichen, sondern vielmehr ein deutliches Alarmsignal. Nachdem Conny anschließend auch noch bekundet hatte, dass sie es nicht normal fand, wenn ein Patient nach einer derartigen Untersuchung bereits am nächsten Tag zur Auswertung einbestellt wurde, war es mit Tildas Fassung endgültig vorbei gewesen. Sofort war der Gedanke wieder da, dass die Ärzte im Krankenhaus womöglich schon auf den ersten Blick etwas Furchtbares bei ihr gesehen hatten. Sie war mit einem Male wieder erfüllt von schlimmen Befürchtungen, die sie doch schon im Griff zu haben glaubte. Entschlossen wischte sie sich die Tränen weg, die sie zu unterdrücken versuchte, während sie mit Conny sprach. Sie zitterte und versuchte vergeblich, sich zu beruhigen. Ihr Hals war wie zugeschnürt. Conny am anderen Ende der Leitung beschwor sie, sich sofort nach der Auswertung am nächsten Tag bei ihr zu melden. Ihre Stimme klang außerordentlich besorgt. So hatte Tilda ihre Freundin noch nie gehört.

      Tilda musste anschließend hilflos zur Kenntnis nehmen, wie sie immer ängstlicher wurde. Je länger sie mit der aufgeregten Conny sprach, desto mehr kam Panik in ihr auf. Unter einem fadenscheinigen Vorwand beendete sie schließlich das Gespräch. Stumm legte sie das Telefon zur Seite und setzte sich mit leerem Blick auf ihr Bett im Schlafzimmer, um sich einen Moment lang zu sammeln. Im Badezimmer duschte Ludwig. Sie konnte das Wasser leise in der Wand rauschen hören. Ihr blieb nicht lange Zeit, um zu grübeln. Auf keinen Fall wollte sie, dass er sah, dass sie geweint hatte. Wegen ungelegten Eiern weinte man nicht. Sie kannte seine Meinung. Es war wirklich zum Haare-Raufen. Je mehr Tilda sich darum bemühte, sich zu beruhigen, desto weniger wollte es ihr gelingen.

      Minuten später stand Ludwig im Schlafzimmer. Vorwurfsvoll sah er sie an, während er sagte: „Ach hier bist du! Hast du geweint?“ Er schüttelte verständnislos den Kopf, während er fortfuhr: „Schatz, mach dir doch bloß keine Sorgen um ungelegte Eier! Du wirst doch sehen, was morgen dabei herauskommt. Ich würde mir doch nicht schon vorher das Leben schwer machen. Du kannst doch dann immer noch entscheiden, was du machen willst. Und vor allem kannst du nix ändern. Ich versteh´ dich nicht!“ Als seine Worte Tildas Zustand nicht augenblicklich besserten, fügte er beschwichtigend hinzu: „Guck mal, die moderne Medizin kann heutzutage doch schon so viel. Es gibt doch inzwischen gegen alles was. Warte doch einfach erstmal ab was sie dir sagen!“ Und einen Moment später fügte er hinzu: „Dass ihr Frauen immer gleich alles so furchtbar dramatisieren müsst!“ Er berührte sie leicht an der Schulter und tätschelte ihre linke Wange. Dann ging er hinaus. Er schaltete das Licht in der Küche ein und rief ungeduldig: „Was ist mit Abendbrot? Willst du auch was essen, Schatz?“

      Tilda zuckte zusammen. Es gab nichts, was sie jetzt weniger wollte, als essen. Ludwig schien ihr Kummer jedenfalls nicht den Appetit verschlagen zu haben. Sie hörte, wie er mit Tellern und Besteck klapperte und die Kühlschranktür öffnete und wieder schloss. Tilda ließ sich im halbdunklen Zimmer, in das nur ein schmaler, kleiner Lichtkegel durch die angelehnte Tür aus dem Flur hereinfiel, rücklings auf ihr Bett fallen und schloss die brennenden Augen. Sie hatte einfach nur noch Angst vor dem, was da auf sie zukam. Gleich morgen, wenn sie die Auswertung hinter sich hatte, würde sie endlich mit ihrer Schwester telefonieren. Die wollte sie auf keinen Fall schon vorher verrückt machen. Ihr sagte sie lieber jetzt noch gar nichts. Doro würde im Südwesten der USA hocken und sich am Ende unnötig Sorgen machen. Tilda wusste, dass ihre Schwester verstehen würde, wie sie sich jetzt fühlte. Allein schon dieses Wissen war Grund genug, sie jetzt nicht anzurufen.

      Bisher hatte Tilda sich sehnlichst gewünscht, der Tag der Auswertung würde niemals kommen. Jetzt war ihr plötzlich klar, dass sie möglichst bald Gewissheit brauchte. Irgendwie schien ihre Angst von Stunde zu Stunde größer zu werden. Das zu fühlen war unerträglich. Sie wollte nicht mehr warten. Sie brauchte endlich Antworten. Es war falsch, die Auswertung in weite Ferne zu wünschen, den Kopf in den Sand zu stecken. Tilda fühlte, dass sie diesen Zustand der inneren Anspannung kaum noch ertragen konnte.

      Ein Gedanke durchzuckte sie plötzlich wie ein Blitz. Sie erinnerte sich wieder an das Gespräch mit einer Kollegin aus der Nachbarschule, das schon Wochen zurücklag. Die andere Frau hatte auch eine Untersuchung im MRT über sich ergehen lassen müssen, war aber zur Auswertung etliche Tage später zu ihrem Hausarzt einbestellt worden, dem der Befund zugeschickt worden war. Eine Feuerwalze schien in diesem Moment über Tildas Körper zu rollen. Sie lag wie erstarrt da und hatte das Gefühl, als würde ihr Herz vor Schreck stehenbleiben, während ihr Gehirn auf Hochtouren arbeitete. Der Kollegin wurde definitiv von ihrem Hausarzt erst Tage später das Ergebnis ihrer Untersuchung mitgeteilt. Sie konnte sich genau erinnern. Und sie selbst sollte am nächsten Tag ins Krankenhaus kommen? Tilda

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