Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten. Группа авторов

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      Geb. am 7.3.1808, stammt aus einer alteingesessenen Zürcher Familie. Sein Vater war Kerzen- und Seifenfabrikant und Schreiber der Metzgerzunft „Zum Widder“. B. studierte in Zürich Rechtswissenschaft am Politischen Institut. Zur Vertiefung seiner juristischen, philosophischen und historischen Bildung hielt er sich von 1827 bis 1829 in Berlin (Einflüsse → SavignysSavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861), mit dem B. bis zum Ende seiner Zürcher Zeit in regem Briefwechsel stand, und Schleiermachers) und in Bonn (Hasse und Niebuhr) auf. 1829 wurde er in Bonn zum Doctor iuris promoviert (Dissertation über das römische Noterbrecht nach der Novelle 115). Nach einem kurzen Aufenthalt in Paris kehrte B. 1830 nach Zürich zurück. Dort wurde er zunächst Auditor beim Amtsgericht und Sekretär der Regierungskommission des Inneren, insbesondere der Kommission für administrative Streitigkeiten, 1831 Bezirksgerichtsschreiber und zugleich Notar der Stadt Zürich, deren Rechtskonsulent er auch noch in späteren Jahren war. Daneben hielt B. Vorträge am Politischen Institut.

      Von 1833 an war er außerordentlicher, von 1836 an bis 1848 ordentlicher Professor für römisches Recht, für deutsches Zivilrecht und für Rechtsgeschichte an der neugegründeten Universität Zürich. In dieser Zeit schrieb B. u.a. die „Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich“, die er → SavignySavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) und → EichhornEichhorn, Karl Friedrich (1781–1854) widmete und die als die bedeutendste wissenschaftliche Arbeit B.s überhaupt gilt. In diesem Werk versucht er die Darstellung eines alemannischen Partikularrechts, das vom römischen Recht wenig beeinflußt ist, von den Anfängen bis zur Gegenwart nach den Grundsätzen der historischen Rechtsschule. Diese Staats- und Rechtsgeschichte, die tiefe allgemein-historische Einsichten enthält, gewann für die nun in der Schweiz einsetzende rechtshistorische Forschung große Bedeutung. 1840 wurde B. beauftragt, die von Friedrich Ludwig Keller begonnenen Arbeiten an einem Privatrechtlichen Gesetzbuch für den Kanton Zürich |72|fort zusetzen. Es wurde 1854–56 in Kraft gesetzt und von B. in vier Bänden mit Erläuterungen herausgegeben. Man rechnet es oft zu den besten gesetzgeberischen Leistungen des 19. Jhs. Es stellt eine gelungene Verbindung schweizerischer Überlieferung mit dem modernen (gemeinen) Zivilrecht dar und hat auf die Fassung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches von 1907 (→ HuberHuber, Zacharias (1669–1732); niederl. Jurist) großen Einfluß gehabt. Wie dieses zeichnet es sich durch Verzicht auf einen allgemeinen Teils und schlichte Sprache (beides im Gegensatz zum deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch) aus. Das Gesetzbuch wurde von mehreren Nachbarkantonen übernommen und blieb dort und in Zürich zu einem großen Teil bis Ende 1911 – also bis zur Ablösung durch das neue, bundeseinheitliche Zivilgesetzbuch – in Kraft.

      B. hatte zeitlebens einen großen Hang zur Politik. Er selbst stimmt in seinen „Denkwürdigkeiten“ der Bemerkung eines Münchener Kollegen zu, er, B., sei zu vier Siebteln Politiker und zu drei Siebteln Professor.

      So war B. von 1838 bis 1848 Mitglied des Großen Rates des Kantons Zürich, ab 1845 dessen Präsident und wurde 1839 in die Oberste Behörde berufen. Als er 1844 bei der Bürgermeisterwahl knapp unterlag, zog er sich im darauf folgenden Jahr enttäuscht aus der Politik zurück. Die Ursache seiner Niederlage lag zum größten Teil in seiner engen Bindung an den Philosophen Friedrich Rohmer, dessen Psychologie er auf die Staatslehre anwenden wollte. U.a. übertrug er die von Rohmer entdeckten sechzehn Grundkräfte der menschlichen Seele auf den Staatskörper und schrieb auch ihm sechzehn Grundorgane zu. Weiter teilte er die Geschichte von 1740 bis 1840 in sechzehn gleiche psychologisch gegliederte Perioden ein. Mit all dem setzte sich B. der Lächerlichkeit aus, was ihm und seiner Partei im Zürcherischen Großen Rat schweren politischen Schaden zufügte. Damit konnten sich B.s politische Absichten in Zürich nicht erfüllen, er ging deshalb 1848 nach München, wo er ordentlicher Professor für deutsches Privatrecht und für Staatsrecht wurde. Aber auch hier gelangte B. nicht zu der von ihm erhofften politischen Bedeutung. Dafür war seine schriftstellerische Produktivität um so größer.

      Die Arbeiten B.s am „Privatrechtlichen Gesetzbuch für den Kanton Zürich“ fallen schon in die Münchener Periode. 1851/52 erschien dann sein „Allgemeines Staatsrecht“, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde und durch das B. europäischen Ruhm gewann. Die Zeitgenossen lobten außer der klaren und eleganten Darstellung vor allem die vergleichende Heranziehung amerikanischen und schweizerischen Verfassungsrechts, die zum wissenschaftlichen Verständnis des modernen |73|deutschen Bundesstaats mehr beigetragen habe als etwa die Arbeiten → StahlsStahl, Friedrich Julius (1802–1861) und → MohlsMohl, Robert v. (1799–1875). „Seit Montesquieu war auf dem Boden des allgemeinen Staatsrechts kein Werk erschienen, das an Lesbarkeit, anregender Kraft, idealem Gehalt, praktisch-politischem Blick und historischer Übersichtlichkeit mit Bluntschlis Arbeit verglichen werden könnte“ (Holtzendorff).

      Ergänzt wurden die staatsrechtlichen Arbeiten B.s durch das zwischen 1857 und 1870 von ihm und Karl Brater herausgebrachte „Deutsche Staatswörterbuch“ (11 Bde.), das jahrzehntelang eines der meistbenutzten politisch-juristischen Nachschlagewerke blieb. Es löste das → v. RotteckRotteck, Karl v. (1775–1840)-WelckerscheWelcker, Karl Theodor (1790–1869) „Staatslexikon“, die einstige Bibel des deutschen Liberalismus, ab, übertraf dieses aber an wissenschaftlicher Solidität. In der liberalen Grundhaltung ist es ihm allerdings verwandt.

      Als B. 1860 einen Ruf der badischen Regierung auf den Lehrstuhl für Staatsrecht und Staatswissenschaft in Heidelberg – als Nachfolger von → Robert v. MohlMohl, Robert v. (1799–1875) – erhielt, entschloß er sich ohne Zögern, ihn anzunehmen, zumal ihm gleichzeitig ein Sitz in der Ersten Kammer (eine Art Oberhaus) angeboten wurde, von dem sich B. ein politisches Betätigungsfeld erhoffte.

      Das bedeutendste Werk B.s während seiner Heidelberger Zeit ist „Das moderne Völkerrecht der zivilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt“, das nicht nur in europäischen, sondern auch in ostasiatischen Übersetzungen erschien. Es war gedacht als Entwurf für eine zukünftige Kodifikation des Völkerrechts, insbesondere des Kriegsrechts, und erlangte internationale Geltung. B. hat übrigens als Mitbegründer und zeitweiliger Vizepräsident des „Institut de droit international“, einer freien völkerrechtlichen Akademie (1873), auch praktisch für die Fortschritte des Völkerrechts gewirkt.

      Die beiden letzten Lebensjahrzehnte B.s waren außerdem mit intensiver politischer Tätigkeit ausgefüllt: Von 1861 bis 1871 und von 1879 bis zu seinem Tode war er Mitglied der Ersten Kammer, ab 1873 Abgeordneter und zuletzt Präsident der Zweiten Kammer, wo er für ein Kleindeutschland unter Preußens Führung eintrat. Am 21.10.1881 ist B. in Karlsruhe gestorben.

      Hauptwerke: Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich, 2 Bde., 1838/39, 21856. – Allgemeines Staatsrecht, 1851/52, weitere Aufl. in 2 Bden. 21857, 41868 u. ab 51875/76 u.d.T. „Lehre vom modernen Staat“ (dazu ein 3. Bd. Politik als Wissenschaft, 1876, Ndr. 1965), 61885/86 hrsg. v. E. Loening (Ndr. 1965). – Deutsches Privatrecht, 1853, 31864 (hrsg. v. E. Dahn). – Geschichte des allgemeinen Staatsrechts |74|und der Politik (später Geschichte der neueren Staatswissenschaften) 1864, 31881 (Ndr. 1964). – Das moderne Völkerrecht der zivilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt, 1868. – Denkwürdiges aus meinem Leben (Selbstbiographie), 3 Bde., 1884 (hrsg. v. R. Seyerlen). Dort auch Bibliographie (III 514–524).

      Literatur: M. Affentranger: Besitzbegriff und Besitzesschutz im Zürcher Privatrechtlichen Gesetzbuch Johann Caspar Bluntschlis, 1987. – H. Bluntschli: Johann Caspar Bluntschli in seiner Stellung zu geistigen Strömungen seiner Zeit, 1908. – M. Bullinger: Johann Kaspar Bluntschli, in: JZ 1958, 560ff. – E. Eichholzer: Johann Caspar Bluntschli als Sozialpolitiker, in: Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1950 (1949), 132ff. – F. Elsener: Die Schweizer Rechtsschulen

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