Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher
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Der intertemporale Anwendungsbereich nach Art. 18 Rom III-VO ist hier nicht mehr zu prüfen, da die Anwendbarkeit des Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB in der seit 28.1.2013 geltenden Fassung eine Verfahrenseinleitung nach dem 21.6.2012 impliziert. Da eine Rechtswahl nach Art. 5 Rom III-VO nicht erfolgt ist, ist Art. 8 Rom III-VO anzuwenden. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im selben Staat bei Verfahrenseinleitung (Art. 8 lit. a Rom III-VO) fehlte am 5.1.2015; der frühere gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in Florida war von Leila schon über 1 Jahr aufgegeben (Art. 8 lit. b Rom III-VO).
bb)
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Fraglich ist, ob die Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit eine gemeinsame Staatsangehörigkeit hatten (Art. 8 lit. c Rom III-VO); auch im Anwendungsbereich des EU-Kollisionsrechts sind § 2 AsylG und Art. 12 GFK zu beachten. In Betracht kommt nur das nach § 2 AsylVerfG aF erworbene deutsche Personalstatut. Leila hat dieses nie verloren; der unmittelbare Übergang von einem deutschen Personalstatut als Flüchtling zur deutschen Staatsangehörigkeit ändert das Personalstatut nicht.
Zu prüfen ist, ob Ali Akbar noch ein deutsches Personalstatut hat. Dieses könnte durch Verzicht auf den Status des Asylberechtigten erloschen sein. Der 1995 geltende § 72 Abs. 1 Nr 4 AsylVerfG aF (ebenso § 72 AsylG) sieht den Verzicht als Erlöschensgrund für die Anerkennung als Asylberechtigter vor. Damit erlischt auch der auf dieser Anerkennung beruhende Status. Die Rückgabe des Reiseausweises ist nur Folge des Erlöschens (§ 72 Abs. 2 AsylVerfG aF). Ali Akbar hatte also bei Stellung des Scheidungsantrags wieder ein iranisches Personalstatut. Damit liegen auch die Voraussetzungen des Art. 8 lit. c Rom III-VO nicht vor.
cc)
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Abzustellen ist damit gemäß Art. 8 lit. d Rom III-VO auf das Recht des angerufenen Gerichts. Fraglich ist, ob damit bei Anwendung von Art. 8 Rom III-VO kraft Verweisung aus Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB die lex fori des ausländischen Gerichts berufen wird, welches die Ehe tatsächlich geschieden hat, oder ob auch insoweit auf die kollisionsrechtliche Fiktion abzustellen ist, dass das anwendbare Recht aus Sicht eines scheidungszuständigen deutschen Gerichts beurteilt wird. Letzteres ist zu bejahen, da der Zweck des nachgeholten VA darin besteht, ihn so durchzuführen, wie er durchzuführen gewesen wäre, wäre die Ehe in Deutschland geschieden worden. Damit ist deutsches Recht VA-Statut nach Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB und es findet ein regulärer, nicht ein außerordentlicher VA (Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB) statt.
3. „Kennen“ des VA
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Die Durchführung des VA nach deutschem Recht setzt auch bei Nachholung voraus, dass ihn eines der Personalstatute der Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags kennt (Art. 17 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EGBGB). Da Leila Deutsche ist und deutsches Recht den VA nicht nur kennt, sondern sogar vorsieht, kommt es nicht darauf an, ob das Recht von Florida den VA kennt.
4. Antrag
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Es könnte ein Antrag erforderlich sein. Dies ergibt sich zwar nicht aus Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB, denn Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB gilt nur, wenn nach Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB kein VA durchzuführen ist, sei es, dass das Scheidungsstatut nicht deutsches Recht ist, sei es, dass ihn kein Heimatrecht kennt. Auch die Gegenausnahme des Art. 17 Abs. 3 S. 2, letzter Hs. EGBGB (kollisionsrechtliche Härteklausel) ist nicht einschlägig.
Jedoch kann auch ein VA nach Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB von Amts wegen nur im Verbundverfahren durchgeführt werden; ist die Ehe im Ausland geschieden worden, kann nicht ein deutsches Familiengericht von sich aus tätig werden und ein eigenständiges VA-Verfahren eröffnen, weshalb ein Antrag erforderlich ist, der hier vorliegt.
5. Ausländische Rentenanwartschaften
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Fraglich ist schließlich, ob nur die Rentenanwartschaften aus der deutschen Rentenversicherung einzubeziehen sind oder ob auch die in den USA erworbenen pension plan-Rechte zum Ausgleich kommen. Dies ist keine Frage der kollisionsrechtlichen Einbeziehung, da der VA nach Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB umfassend nach deutschem Recht erfolgt, sondern ein Problem der materiellrechtlichen Reichweite und Methode des VA im deutschen Familienrecht.[10]
IV. Morgengabe (mehriye)
1. Qualifikation
a) Methode: Funktionelle Qualifikation
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Die Morgengabe ist ein dem deutschen Recht unbekanntes Rechtsinstitut. Zur Ermittlung der maßgeblichen Kollisionsnorm bedarf es daher der Qualifikation, die sich nach hM als funktionelle Qualifikation an der Funktionsähnlichkeit zu deutschen Rechtsinstituten orientiert. Ein fremdes Rechtsinstitut findet nur Anwendung, wenn das auf dieses Institut im konkreten Fall anwendbare Recht das Rechtsinstitut vorsieht.
b) Qualifikation bei mehrfachen Funktionen
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Grundsätzlich ist die Vereinbarung der Morgengabe im islamischen Recht im Verhältnis zu dem dort geltenden Recht des Ehemannes zur einseitigen Erklärung der Ehescheidung (talaq), dem Güterstand der Gütertrennung und dem auf drei Monate begrenzten nachehelichen Unterhalt zu sehen (vgl MAT c). Die Morgengabe soll eine Vermögensbildung der Ehefrau und damit eine Absicherung gewährleisten. Im Übrigen sind die Ausgestaltungen unterschiedlich. Im iranischen Recht, das shi‘itischen Rechtsgrundsätzen folgt, wird die mehriye sogleich nach Eheschließung Eigentum der Frau (Art. 1082 iran ZGB, MAT b) – wie immer dies sachenrechtlich konstruiert ist. Hingegen ist im sunnitischen Recht eine Teilung in zwei Raten üblich, von denen die größere erst (und nur) bei Scheidung fällig wird.
Eine einheitliche Qualifikation des Rechtsinstituts erscheint aus Sicht des deutschen Rechts schwierig. Das deutsche Recht regelt die Interessenbalance im Fall der Scheidung durch zahlreiche Institute (Zugewinnausgleich, Unterhalt, Versorgungsausgleich, Hausratverteilung), während im islamischen Recht die Morgengabe finanzielle Risiken absichern soll, aber auch die Aufgabe hat, dem Recht des Mannes zum jederzeitigen talaq ein die Frau gegen Willkür schützendes Gegengewicht gegenüberzustellen, eine Funktion, die das deutsche Scheidungsrecht nicht vorsehen muss.
Gut vertretbar erscheint vor allem bei der sunnitischen Gestaltung eine scheidungsrechtliche Qualifikation als „Schadenspauschale“ wegen des einseitigen Rechts zur Ehescheidung. Eine ehewirkungsrechtliche Qualifikation stellt stärker auf die mit der Eheschließung immer notwendig verbundene Vereinbarung einer Morgengabe (Art. 1087 iran ZGB, MAT b) ab, auch wenn diese kein Wirksamkeitserfordernis, sondern Konsequenz der Eheschließung ist. Im Schrifttum wird wegen der monetären Absicherung vorwiegend eine unterhaltsrechtliche und ehegüterrechtliche Qualifikation vertreten.[11]
c) Ehewirkungsrechtliche Qualifikation
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