Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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Gleichwohl soll der Grundsatz der Gesamtdeckung nach überwiegender Auffassung keinen Verfassungsrang haben[375]. Vorschriften, die auf Grundlage von § 7 Satz 2 HGrG, § 8 Satz 2 BHO oder den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen Zweckbindungen von Einnahmen vorsehen, bedürfen danach keiner besonderen Rechtfertigung. Dementsprechend kennt die Praxis zweckgebundene Steuern[376], Gebühren, Beiträge und auch Sonderabgaben. Das Bundesverfassungsgericht hat die Zweckbindung von Steuern[377] und auch entgeltenden Abgaben[378] verfassungsrechtlich grundsätzlich gebilligt. Das Bundesverwaltungsgericht verlangt zumindest die Zwecktauglichkeit von Zwecksteuern[379].
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Dieser großzügigen verfassungsrechtlichen Beurteilung ist der fundamentale Bedeutungsgehalt des Grundsatzes der Non-Affektation entgegenzuhalten. Die Entwicklung des Grundsatzes geht mit der Entstehung der Gesamthaushalte in der Zeit des Absolutismus einher, begründete sich also einerseits mit der Loslösung der Steuererhebung von Zweckbindungen und der zunehmenden Machtfülle der Herrscher, andererseits aber auch mit dem Streben nach rationaler Haushaltspolitik. So wird der Gesamtdeckungsgrundsatz zu Recht als „Basis für eine rationale Haushaltsplanung“ und deshalb als „zu den wesentlichen Elementen der öffentlichen Haushaltswirtschaft“ gehörig bezeichnet[380]. Noch darüber hinausgehend sichert der Grundsatz aber, im parlamentarischen Regierungssystem, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Denn er stützt die rechtsstaatlich und demokratisch gebotene Distanz zwischen dem Ausgabenstaat und seinen Financiers mit ab. Bleibt im Zeitpunkt des Mittelzuflusses offen, welchen Ausgabenzwecken welche Mittel zugeführt werden, so ist eine Steuererhebung nach Maßgabe der individuellen Leistungsfähigkeit und eine Mittelverwendung nach Maßgabe des demokratisch eigenständig ausgestalteten und seinerseits rechtsstaatlichen Grundsätzen (etwa der Bedürftigkeit) entsprechenden Ausgabenprogramms gewährleistet. Jede Zweckbindung von Einnahmen steht mit den Maßstäben der Einnahmenerhebung einerseits und der Einnahmenverwendung andererseits in Spannung. Dem hilft auch nicht ab, dass die Zweckbindung von Einnahmen politisch attraktiv sein kann, weil sie die Akzeptanz finanzieller Lasten erhöhen mag. Vor diesem Hintergrund erscheint auch der Grundsatz der Gesamtdeckung verfassungsrechtlich begründet[381]. Durchbrechungen des Grundsatzes sind damit nicht ausgeschlossen, aber besonders rechtfertigungsbedürftig.
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Die gegenwärtigen Entwicklungen hin zu einer stärker leistungsorientierten Haushaltsdarstellung (Produkthaushalte nach § 1a Abs. 3 HGrG, Leistungsvorgaben im Rahmen der Budgetierung nach § 6a Abs. 1 Satz 4 HGrG) sind vor diesem Hintergrund differenziert zu beurteilen. Wenn Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen danach durch den Haushaltsplan festgelegt und bestimmte Mittel zur Leistungserbringung zugewiesen werden, wird der Gesamtdeckungsgrundsatz in gewissem Umfang relativiert. Allerdings betrifft die Zweckbindung allein die Ausgabenseite; die Bindung unterscheidet sich nur graduell von der aus Titelhaushalten bekannten Bindung von Finanzmitteln in einzelnen Haushaltstiteln. Deckungsfähigkeiten und Übertragbarkeiten schaffen hier zudem ein Gegengewicht. Verfassungsrechtlich problematisch ist demgegenüber vor allem die Zweckbindung bestimmter Einnahmen. Kritisch zu beurteilen wäre eine stärker leistungsorientierte Haushaltsplanung vor diesem Hintergrund vor allem dann, wenn sie bestimmte Einnahmen und bestimmte, mit den Einnahmen herzustellende Produkte in einen unmittelbaren Zusammenhang brächte.
X. Öffentlichkeit
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Der Grundsatz der Budgetöffentlichkeit gebietet, die Öffentlichkeit in allen Phasen des Haushaltskreislaufs – Planaufstellung und -feststellung, Haushaltsvollzug und Haushaltskontrolle – in angemessener Form teilhaben zu lassen. Der Öffentlichkeitsgrundsatz leitet sich aus der dem Demokratieprinzip zu entnehmenden Anforderung von Öffentlichkeit des Staatshandelns ab und ist aufgrund dessen selbst verfassungsrechtlich begründet[382]. Er ermöglicht die Information der Öffentlichkeit über die staatliche Haushaltswirtschaft in all ihren Phasen und damit auch die entsprechende Kontrolle durch die Öffentlichkeit.
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Im Einzelnen wird dem Öffentlichkeitsgrundsatz im Schwerpunkt dadurch Rechnung getragen, dass das Haushaltsgesetzgebungsverfahren grundsätzlich ebenso öffentlich abläuft wie jedes andere Gesetzgebungsverfahren[383], und dass auch das Entlastungsverfahren – einschließlich der zugrunde liegenden Prüfberichte der Rechnungshöfe, in die die Allgemeinheit Einsicht nehmen kann – im Licht der Öffentlichkeit stattfindet.
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Soweit § 10a BHO (und entsprechende Bestimmungen in den Landeshaushaltsordnungen) abweichende Regelungen für geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten vorsieht, ist dies als Ausnahme verfassungsrechtlich grundsätzlich begründbar[384]. Hier stehen andere Verfassungsgüter wie insbesondere die Sicherheit (etwa im Fall der Haushaltstitel für Nachrichtendienste) entgegen[385]. So kann nach § 10a Abs. 2 und 3 BHO „aus zwingenden Gründen des Geheimschutzes“ das Haushaltsbewilligungsverfahren auf ein Vertrauensgremium (aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses) verlagert und auch die nachträgliche Rechnungsprüfung in einem den Geheimschutz sichernden Verfahren durchgeführt werden[386]. § 10a Abs. 1 BHO sieht noch darüber hinausgehend vor, dass bei Ausgaben, deren Verwendung geheim zu halten ist, durch einen Vermerk im Haushaltsplan ein besonderes Prüfverfahren angeordnet werden kann; dies geschieht in der Praxis regelmäßig bei den Verfügungsmitteln des Bundeskanzlers und den Geheimen Ausgaben des Auswärtigen Amts.
XI. Fälligkeit
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Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 HGrG, § 11 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BHO (entsprechend in den Landeshaushaltsordnungen und den Kommunalhaushaltsvorschriften) enthält der Haushaltsplan diejenigen Einnahmen und Ausgaben, die in der Haushaltsperiode voraussichtlich fällig werden, das heißt voraussichtlich tatsächlich eingenommen oder ausgegeben (kassenwirksam) werden. Dieser Grundsatz der Fälligkeit und die mit ihm einhergehende Beschränkung auf die tatsächlichen Geldbewegungen verbessert die Übersichtlichkeit des Haushaltsplans und stellt sicher, dass 1. von den Einnahmen ausgegangen wird, mit deren Zufluss tatsächlich zu rechnen ist, und 2. Mittel zur Bedarfsdeckung nur in dem aller Voraussicht nach tatsächlich erforderlichen Umfang bereitgestellt werden[387].
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Gesondert zu veranschlagen sind daneben die voraussichtlich benötigten Verpflichtungsermächtigungen, die erst in künftigen Haushaltsjahren zu Ausgaben führen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 HGrG, § 11 Abs. 2 Nr. 3 BHO; zum Vollzug § 22 HGrG, § 38 BHO). Diese Anforderung ergänzt die Anforderung der Einnahmen- und Ausgabenveranschlagung in sinnvoller Weise, weil sich Parlament und Exekutive hierdurch hinreichend frühzeitig über die haushaltswirtschaftlichen Folgen von Bindungen Gedanken machen, von denen eine spätere Loslösung im Außenverhältnis schwierig ist.
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Bei doppischem Rechnungswesen und leistungsorientierter Planaufstellung gilt Entsprechendes. So sind in die Pläne diejenigen Erträge, Aufwendungen sowie Ein- und Auszahlungen bzw. diejenigen Produkte sowie Mittel zur Produkterstellung aufzunehmen, von denen im Haushaltsjahr ausgegangen wird.
XII. Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit
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§ 6 Abs. 1 HGrG, § 7 Abs. 1 BHO (entsprechend die Landeshaushaltsordnungen und das Kommunalhaushaltsrecht) schreiben vor, dass bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten ist. Aufgenommen ist dies – für den Haushaltsvollzug – auch in § 34 BHO und –