Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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V. Enteignungsrechtliche Vorwirkung
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Der Planfeststellungsbeschluss hat über die Duldungswirkung hinaus keine unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkungen hinsichtlich privater Rechte. Er gestattet zwar im Rahmen der Gestaltungswirkung Einwirkungen auf das Eigentum und auf sonstige Rechtspositionen Dritter und beschränkt aufgrund der Duldungswirkung entsprechende Abwehransprüche. Er begründet aber keine Befugnisse des Vorhabenträgers, private Rechte Dritter in Anspruch zu nehmen[220]. Insbesondere führt er nicht dazu, dass das Eigentum an Grundstücken, die zur Vorhabenrealisierung benötigt werden, auf den Vorhabenträger übergeht, und vermittelt kein Recht zur Benutzung fremder Grundstücke[221]. Insofern bedarf es im Anschluss an die Planfeststellung eines eigenständigen, auch nicht von der Konzentrationswirkung des § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG umfassten[222] Enteignungsverfahrens.
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Während das VwVfG es hierbei belässt[223], wird der Planfeststellungsbeschluss in den meisten Fachplanungsgesetzen zusätzlich mit der sogenannten enteignungsrechtlichen Vorwirkung ausgestattet[224]. Danach ist der festgestellte Plan dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und bindet die Enteignungsbehörde dahin gehend, dass die grundsätzliche Zulässigkeit einer Enteignung nicht mehr infrage gestellt werden kann. Es steht fest, dass das Vorhaben dem Wohl der Allgemeinheit im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG dient und eine Enteignung rechtfertigen kann[225]. Im Enteignungsverfahren wird damit im Wesentlichen nur noch über die Höhe der Entschädigung entschieden.
I. Regelungen im Planfeststellungsbeschluss
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§ 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG sieht vor, dass die Planfeststellungsbehörde „dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen [hat], die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind“[226]. Die Regelung stellt eine notwendige Konsequenz aus der Überwindungsfunktion der Planfeststellung dar, die bedingt, dass in der Abwägung Interessen der Allgemeinheit oder Belange Dritter auch zurückgestellt werden können. Zum Teil sind die daraus erwachsenden Nachteile jedoch so gravierend, dass sie nicht mehr ohne Weiteres hinzunehmen sind. Es bedarf eines Ausgleichs, weil anderenfalls die Entscheidung kein gerecht abgewogenes Ergebnis mehr darstellen würde; das Vorhaben könnte nicht verwirklicht werden. In diesen Fällen ist die Anordnung von Schutzauflagen oder eines finanziellen Ausgleichs nach § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG erforderlich, um einen angemessenen Ausgleich der Interessen herzustellen[227]. Damit zeigt sich zugleich, dass die Verpflichtung, Schutzanordnungen zu treffen, auch Ausdruck des allgemeinen Abwägungsgebots ist[228]. Zwar ist § 74 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG strikt formuliert und der Verzicht auf den Ausgleich unzumutbarer Beeinträchtigungen kann nicht das Ergebnis der Abwägung sein. Der Abwägung werden demgemäß Grenzen gesetzt[229]. Die Erforderlichkeit des Ausgleichs, die den entsprechenden Anspruch auslöst, hängt jedoch ihrerseits von der Abwägung ab, ist dieser also gerade nicht vorgelagert[230].
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Anknüpfungspunkte für Schutzauflagen können Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit und nachteilige Wirkungen auf Rechte Dritter sein. Schwer zu bestimmen ist das Maß der Einwirkung, das die Notwendigkeit einer Schutzauflage auslöst. Abzustellen ist hierbei auf die Erheblichkeit, die sich wiederum aus dem Abwägungsgefüge ergibt. Erheblich in diesem Sinne ist eine Beeinträchtigung, wenn sie sich nicht mehr als das Ergebnis einer gerechten Abwägung darstellen lässt[231]. Die Abhängigkeit von dem Abwägungsgefüge bedingt, dass die erforderlichen Schutzauflagen im Einzelfall zu bestimmen sind. Bei der Beurteilung können Faktoren wie Vorbelastungen zu einer Absenkung des Schutzes führen[232]. Absolute Grenzen ergeben sich jedoch aus normativen Vorgaben, etwa den Grenzwerten der 16. BImSchV oder Grundrechten[233]. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle[234]. Ob eine Schutzauflage erforderlich ist, steht damit nicht im behördlichen Ermessen.
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Ihrer rechtlichen Einordnung nach können Schutzauflagen im Sinne des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG sein[235], es kann sich aber auch um sachliche Beschränkungen der Vorhabenzulassung handeln[236]. Eine Grenze finden sie jedoch dort, wo durch die Änderung die Identität des Vorhabens nicht mehr gewahrt ist. In diesem Fall muss der Antrag geändert werden[237]. Gegenstand einer Schutzauflage können alle Maßnahmen sein, die geeignet sind, die Auswirkungen des Vorhabens für die Allgemeinheit oder einzelne Betroffene zu verringern[238]. Neben Vorkehrungen am Vorhaben selbst (aktiv) kommt auch die Errichtung von Anlagen in Betracht, die die Auswirkungen des Vorhabens mindern sollen (passiv). Auch betriebsregelnde Maßnahmen sind möglich[239]. Die Bestimmung der Maßnahme steht im Ermessen der Planfeststellungsbehörde[240]. Es sind jedoch spezialgesetzliche Vorgaben wie der Vorrang aktiven Schallschutzes vor passivem Schallschutz nach § 41 BImSchG beim Bau von Verkehrswegen zu beachten[241].
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Sind Maßnahmen zur Vermeidung der nachteiligen Wirkungen nicht möglich, führt dies nicht notwendigerweise zur Unzulässigkeit des Vorhabens. Im Gegenteil sieht § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG als spezielle Form des Ausgleichs eine angemessene Entschädigung in Geld vor. Voraussetzung hierfür ist, dass die Maßnahmen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Untunlichkeit liegt vor allem dann vor, wenn der Aufwand für die Maßnahme unverhältnismäßig erscheint[242]. Unvereinbarkeit ergibt sich dann, wenn die Maßnahme dem Zweck des Vorhabens entgegensteht[243]. Die Regelung zeigt auch, dass der physisch-reale Ausgleich Vorrang vor dem Ausgleich durch eine Geldzahlung genießt. Auch der Betroffene hat kein Wahlrecht[244]. Bei der Entschädigung nach § 74 Abs. 2 S. 3 VwVfG handelt es sich nicht um eine Enteignungsentschädigung. Sie erfordert kein gesondertes Verwaltungsverfahren, sondern wird von der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss festgesetzt[245]. Die Entschädigung muss im Planfeststellungsbeschluss jedoch nicht notwendigerweise schon beziffert werden. Sind die möglichen Schäden noch nicht überschaubar oder bezifferbar, reicht eine Entscheidung dem Grunde nach aus[246].
II. Nachträgliche Ausgleichsregelungen bei nicht vorhersehbaren Auswirkungen
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Die Regelung des § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG scheint zunächst in einem engen systematischen Zusammenhang mit § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG zu stehen. Auch sie sieht vor, dass „der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen [kann], welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen“. Die Funktion der Regelung ist jedoch eine andere. Während § 74 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG im Kontext der planerischen Abwägung steht, stellt § 75 Abs. 2 S. 2 und 4 VwVfG der Sache nach eine Bestandsschutzregelung dar. Die Regelung ist im Zusammenhang mit der Ausschluss- und Duldungswirkung des § 75 Abs. 2 S. 1 VwVfG zu sehen. Sie verleiht der planfestgestellten Anlage einen Bestandsschutz, der sie im Kern gegen nachträgliche Änderungen immunisiert. Dieser ist im Anbetracht der langen Lebensdauer planfestgestellter Vorhaben und der potenziellen, aber häufig im Zeitpunkt der Planfeststellungsentscheidung noch nicht absehbaren Auswirkungen, sehr weitgehend und nicht ohne kompensierende Einschränkungen vertretbar. Dementsprechend schafft § 75 Abs. 2 und 4 VwVfG eine Rechtsgrundlage für nachträgliche Maßnahmen, mit denen die nicht vorhersehbaren Auswirkungen von Anlagen ausgeglichen werden sollen. Die Beschränkung auf nicht vorhersehbare Auswirkungen ist insofern konsequent, als vorhersehbare Auswirkungen im Planfeststellungsbeschluss zu berücksichtigen und gegebenenfalls zum Gegenstand von Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG zu machen sind.
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