Handbuch Deutsche Kreditmarkt-Standards. Группа авторов
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Die betroffenen Institute sollten daher alle Aktivitäten nutzen, die sie an anderer Stelle schon entfaltet haben, um Synergie-Potenzial zu realisieren und bereits Bestehendes mit Neuem zu verzahnen.
23 Bank für Internationalen Zahlungsausgleich 2013, Grundsätze für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung, ISBN 92-9197-346-7 (Online).
Kapitel 3 Entwicklung des Verbraucherschutzrechts am Beispiel der normierten Widerrufsbelehrung
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Die europäischen und deutschen Verbraucherschutzrechte haben in den vergangenen Jahren im Rechtsverkehr mit Verbrauchern zunehmend an Bedeutung gewonnen und sind in den vergangenen Jahren zahlreichen Änderungen ausgesetzt gewesen. Von dieser Entwicklung ist die Finanz- und Kreditwirtschaft nicht verschont geblieben, sondern sie wurde, insbesondere in den Folgejahren der Finanzkrise 2008/2009, mit diversen Gesetzesänderungen konfrontiert, die zum Teil mit gravierenden Änderungen für das gesamte Bankgeschäft mit Verbrauchern einhergingen. Der überwiegende Teil der Gesetzesänderungen ist auf die Überarbeitung existierender oder neu eingeführter Europäischer Richtlinien zurückzuführen, die in den vergangenen Jahren in nationales Recht überführt werden mussten. Parallel dazu nehmen Klageverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) zu, die sich vermehrt mit verbraucherschützenden Themen befassen. Dieser Beitrag stellt das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Finanzdienstleistungen in den Mittelpunkt der Betrachtung, um anhand dieses Beispiels die Dynamik der neueren Entwicklung bei den Verbraucherschutzrechten aufzuzeigen.
I. EU-Verbraucherrechte-Richtlinie
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1. Die Grundidee der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie vom 25.10.20111 waren die vollständige Harmonisierung der Informationspflichten gegenüber Verbrauchern im Fernabsatz oder bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und die Angleichung der seinerzeitigen nationalen Rechtsvorschriften zum Verbraucherschutz in den Mitgliedstaaten. Erleichtert werden sollten dabei die Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern sowohl in den nationalen Binnenmärkten als auch grenzüberschreitend innerhalb der Europäischen Union. Dazu gehörte auch die Belehrung über ein bestehendes Widerrufsrecht. Für Fernabsatz-Verträge und außerhalb von in Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen galt seitdem eine einheitliche EU-weite Widerrufsfrist von 14 Kalendertagen. Um den Widerruf für Verbraucher zu erleichtern, wurde ein Muster-Widerrufsformular eingeführt, dessen Nutzung jedoch optional ist. Mit Umsetzungsgesetz vom 20.9.20132 trat die Richtlinie mit Wirkung vom 13.4.2014 in Deutschland in Kraft. In anderen europäischen Ländern wurde die Umsetzung eher langsam angegangen, so dass zum Stichtag die Umsetzung nur in ganz wenigen europäischen Ländern erfolgt war.
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Die Verbraucherrechterichtlinie trat hinsichtlich des Vertriebs von Verträgen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer über die Lieferung von Waren und Dienstleistungen im Fernabsatz neben die Fernabsatzrichtlinie für Finanzdienstleistungen und ergänzte den Schutz des Verbrauchers für alle Verbraucherverträge, soweit es sich nicht um Finanzdienstleistungen handelte. Gleichzeitig wurden neue Regelungen getroffen, die den Abschluss von Verbraucherverträgen über den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen betrafen, bei denen die Verträge außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen werden. Die Verbraucherrechterichtlinie trat somit an die Stelle der Richtlinie betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (sogenannte „Haustürgeschäfterichtlinie“)3 und löste diese mit ihrem Inkrafttreten ab. Die Verbraucherrechterichtlinie schließt in ihrem Anwendungsbereich Finanzdienstleistungen ausdrücklich aus, Art. 3 Abs. 3 Buchst. d) Verbraucherrechte-Richtlinie.4 Das hat den deutschen Gesetzgeber jedoch nicht davon abgehalten, bei der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie ins deutsche Recht die Finanzdienstleistungen mit einzubeziehen, weil nach Auffassung des Gesetzgebers der Verbraucher bei dem Abschluss von Finanzdienstleistungsverträgen außerhalb der Geschäftsräume des Finanzdienstleisters genauso schutzbedürftig sei wie bei dem Abschluss solcher Verträge in einer Fernabsatzsituation. Dieses hatte der Richtliniengeber anders gesehen, weil er den Verbraucher durch die bestehenden produktspezifischen Vorschriften, die sich aus diversen verbraucherschützenden Richtlinien, wie z.B. der Verbraucherkreditrichtlinie, der Zahlungsdienste-Richtlinien PSD I und II oder MiFID I, ergeben, hinreichend geschützt angesehen hat, wie es sich auch aus dem Erwägungsgrund 32 der Verbraucherrechte-Richtlinie ergibt.
1 2011/83/EU, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 304/64 – https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2011:304:0064:0088:de:PDF. 2 BGBl. I 2013, 3462 – https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl113s3642.pdf%27%5D__1629962257611. 3 85/577/EWG, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 372/31 – https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31985L0577:de:HTML. 4 2011/83/EU, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 304/64.
II. Widerrufsjoker im Verbraucherdarlehensrecht und bei Immobiliar-Kreditverträgen
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1. In Deutschland galt schon mit Inkrafttreten des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes zum 1. August 20025 die Pflicht, den Verbraucher über das ihm zustehende Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehen nach § 495 BGB zu belehren. Ein Erlöschen des Widerrufsrechts sechs Monate nach Abschluss des Vertrags, wie es mit der Schuldrechtsreform zum 1.1.2002 in § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB (in der Fassung vom 1.1.2002 bis 31.7.2002)6 geregelt worden war, sah die Neuregelung infolge der Heininger Entscheidung des EuGH vom 13.12.20017 nicht mehr vor. Das Widerrufsrecht erlosch nicht, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden war (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB i.d.F. vom 1.8.2002 bis 7.12.2004).8 Außerdem sah das neue Gesetz vor, dass der Verbraucher nunmehr auch dann ein Widerrufsrecht haben sollte, wenn er einen grundpfandrechtlich besicherten Darlehensvertrag abschloss, der zu den für derartige Darlehen üblichen Bedingungen gewährt wurde (sog. Immobiliardarlehensverträge, § 492 Abs. 1a BGB i.d.F. vom 1.8.2002 bis 7.12.2004). Bis zu diesem Zeitpunkt stand dem Verbraucherdarlehensnehmer bei diesen Darlehen kein Widerrufsrecht zu, und zwar auch dann nicht, wenn der Vertrag in einer Haustürsituation angebahnt oder abgeschlossen worden war. Mit diesen Änderungen schuf der Gesetzgeber ein quasi ewiges Widerrufsrecht, sofern die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war. Denn noch Jahre nach vollständiger Abwicklung eines Vertrages konnte der Verbraucher diesen widerrufen. Die Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) zum 11.6.2010 in das deutsche Recht9 brachte an dieser Stelle keine Änderung. Seit dem Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (2011/83/EU) kann das Widerrufsrecht des Verbrauchers zwar grundsätzlich erlöschen (§ 355 Abs. 3 Satz 2 BGB), dieses gilt jedoch ausdrücklich nicht für Verträge für Finanzdienstleistungen (§ 355 Abs. 3 Satz 3 BGB).
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2. Damit wurde die Grundlage für den sogenannten Widerrufsjoker geschaffen, der vor allem Kreditinstitute im Zusammenhang mit Immobiliardarlehensverträgen trifft. So steht dem Darlehensnehmer für die im Zeitraum zwischen November 2002 bis März 2016 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensverträge grundsätzlich ein unbefristetes Widerrufsrecht zu, wenn ihm eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bzw. Widerrufsinformation erteilt wurde. Dieses Recht galt für alle Verbraucherdarlehen nach § 495 BGB in Verbindung mit