Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band. Hugo Friedländer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band - Hugo Friedländer страница 14

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Pitaval des Kaiserreichs, 4. Band - Hugo Friedländer

Скачать книгу

furchtbar geschlagen habe. Er glaube, daß der Aufseher sich dabei eines Stockes bedient habe. Wer dieser Aufseher war, könne er nicht sagen.

      Ein junges Mädchen, Elise Fischer, bekundete: Sie sei einmal mit dem Angeklagten zusammen von Lövenich nach Brauweiler gefahren. Der Angeklagte, der ihr gegenübersaß, habe sich derartig unanständig benommen, daß sie die anderen Mitreisenden um Schutz bitten mußte.

      Pensionierter Aufseher Fischer: Er habe von der Beleidigung, die seiner Tochter durch den Angeklagten zugefügt worden, Herrn Direktor Schellmann Anzeige gemacht. Der Angeklagte habe deshalb auf Befehl des Direktors Schellmann am folgenden Tage seine Tochter um Verzeihung gebeten und dabei geäußert: »Ich werde dem Direktor Schellmann etwas einbrocken, daß er daran denken soll.«

      Es wurde darauf die Aussage des kommissarisch vernommenen ehemaligen Häuslings Grüne verlesen. Danach hatte dieser bekundet: Er habe mehrfach gesehen, wie Szaplewski einen kränklichen 64jährigen Häusling, namens Bechtold, weil dieser nicht gehörig arbeitete, mit schweren Rüben in den Rücken geworfen habe. Bechtold sei so krank und schwächlich gewesen, daß er wohl beim besten Willen nicht mehr zu arbeiten vermochte. Ein anderer kleiner buckliger Häusling jammerte oftmals, daß er von Szaplewski schlecht behandelt werde.

      Verteidiger: Herr Direktor Schellmann, hielten Sie sich auf Grund der erwähnten Kabinettsorder berechtigt, auch erwachsenen Häuslingen gegenüber das Züchtigungsrecht anzuwenden.

      Schellmann (nach längerem Zögern): In gewissen Fällen, wenn alle anderen Disziplinarstrafen sich als unzureichend erwiesen, allerdings.

      Vert.: Wem stand alsdann das Züchtigungsrecht zu?

      Schellmann: Mir.

      Vert.: Hatten nicht auch die Aufseher das Züchtigungsrecht?

      Schellmann: Nein. Die Aufseher hatten nur, wenn sie angegriffen wurden, das Recht, von ihrer Waffe Gebrauch zu machen.

      Vert.: Dann beantrage ich, aus den Akten zu konstatieren, daß Herr Direktor Schellmann in einem anderen Falle doch anders ausgesagt hat.

      Schellmann: Der Oberaufseher Schmitts hat allerdings einmal einen erwachsenen Häusling gezüchtigt. Als er, deshalb zur Rede gestellt, sagte: Diese Züchtigung sei auf meine Anweisung geschehen, gab ich die Möglichkeit zu.

      Der Staatsanwalt hielt fünf Mißhandlungsfälle für erwiesen und beantragte, mit Rücksicht auf die gesamte Sachlage, drei Monate Gefängnis.

      Der Verteidiger plädierte für Freisprechung, da einmal der Beweis nicht strikte geführt und andererseits dem Angeklagten das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit nicht innegewohnt habe.

      Nach kurzer Beratung verurteilte der Gerichtshof den Angeklagten unter Zubilligung mildernder Umstände zu drei Monaten Gefängnis. Nach einer längeren Pause begann die Verhandlung gegen Hofrichter. Dieser bemerkte auf Befragen des Vorsitzenden: Er sei nicht der Verfasser des inkriminierten Artikels, übernehme jedoch die Verantwortung und verweigere die Nennung des Verfassers.

      Der Vorsitzende verlas alsdann den inkriminierten Artikel.

      Hofrichter: Es seien schon lange vor dem Erscheinen des inkriminierten Artikels bzw. der Veröffentlichung des Briefes eines Reichstagsabgeordneten verschiedene Gerüchte über die Brauweiler Arbeitsanstalt in Umlauf gewesen. Als er den Brief erhielt, habe er Nachforschungen angestellt und als er sich von der Richtigkeit des Inhaltes des Briefes überzeugt, habe er keinen Anstand genommen, ihn zu veröffentlichen, um derartige Zustände einmal öffentlich zur Sprache zu bringen. Er halte auch heute noch alle in dem Briefe enthaltenen Behauptungen aufrecht und wolle dafür den Beweis der Wahrheit führen.

      Staatsanwalt: Ich ersuche, dem Angeklagten zu fragen, bei wem er sich über die Richtigkeit der in dem Briefe enthaltenen Behauptungen informiert hat?

      Angekl.: Ich bin selbst mehrere Male in Brauweiler gewesen und habe mich informiert. Im übrigen waren die Vorgänge in Brauweiler in Köln Tagesgespräch. In allen Wirtshäusern bildeten sie das einzige Gesprächsthema, so daß ich aus diesen Unterhaltungen mich ebenfalls über die Richtigkeit der in dem Briefe enthaltenen Behauptung informieren konnte.

      Vert. Rechtsanwalt Östreich: Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit zu sagen, daß, im Gegensatz zu anderen derartigen Prozessen, das ganze Beweismaterial so rechtzeitig dem Gericht und der Staatsanwaltschaft übermittelt worden ist, daß die Staatsanwaltschaft sehr wohl in der Lage war, Ermittelungen über die Richtigkeit dieses Beweismaterials anzustellen. Der Angeklagte ist also mit größter Offenherzigkeit vorgegangen. Von einer Überrumpelung, wie dies zumeist in derartigen Prozessen der Fall ist, kann also keine Rede sein. Ich bemerke noch, daß gestern abend die »Köln. Ztg.« einen Artikel brachte, in dem für den Direktor Schellmann und gegen den Angeklagten Stimmung gemacht wurde. Ich halte ein solches Verfahren noch vor Beginn der Verhandlung für absolut ungehörig. Ich habe mit dem Angeklagten in fortwährender Verbindung gestanden und hätte ihm Material aus den Akten liefern können, um ebenfalls für sich Stimmung zu machen. Der Angeklagte hat jedoch davon Abstand genommen.

      Es wurden hierauf die Strafanträge verlesen.

      Verteidiger: Ich halte den Strafantrag des Landesdirektors Dr. Klein für unzulässig. Die Angriffe richten sich nicht gegen den Landesdirektor, sondern gegen den Dezernenten, Landesrat Brandts. Für diesen hat aber der Landesdirektor keinen Strafantrag gestellt.

      Der Staatsanwalt erwiderte, daß er die gestellten Strafanträge aufrechterhalte.

      Der erste Zeuge, Arbeitsanstaltsdirektor Schellmann, bekundete auf Befragen des Vorsitzenden: Er sei seit 1882 Direktor der Provinzialarbeitsanstalt zu Brauweiler. Als er sein Amt antrat, seien in der Anstalt etwa 80 Beamte gewesen. Die Zahl der Korrigenden sei im Jahre 1885 bis auf 1728 gestiegen. Diese Zahl sei alsdann zurückgegangen und betrage jetzt etwas über 1000. Nach der Zahl der Korrigenden richte sich auch die Zahl der Beamten. Die Arbeitsanstalt stehe unter Aufsicht des Landesdirektors der Provinz. Von diesem und dem Provinzialausschuß werden die Oberbeamten, alle anderen Beamten, mit Ausnahme der Hilfsbeamten, von dem Landesdirektor allein, die Hilfsbeamten dagegen von ihm (Zeugen) angestellt. Letztere werden von ihm nach Bedürfnis angestellt und ebenso auch entlassen. Im allgemeinen seien die Korrigenden gesunde Leute, in vereinzelten Ausnahmen werden auch Kranke eingeliefert, die alsdann ins Lazarett gebracht werden. Es werden in der Arbeitsanstalt alle möglichen Arbeiten verrichtet, leichte und schwere. Es werden Leute mit Gartenarbeit, in der Schusterei, Schneiderei, Weberei usw. beschäftigt. Es werde keinem Korrigenden mehr Arbeit zugemutet, als er leisten könne. Die Mehrzahl der Korrigenden verrichte nicht nur ihr Pensum, sondern mache noch Überstunden. Die Korrigenden müssen im Sommer um halb fünf, im Winter um halb sechs Uhr morgens aufstehen. Eine halbe Stunde werde für Waschen, Ankleiden, Bettmachen usw. gerechnet. Alsdann beginne die Arbeit. Nach anderthalb Stunden werde denn Korrigenden eine warme Suppe und Brot gereicht und eine Viertelstunde Pause gemacht. Nachdem werde bis neun Uhr gearbeitet. Zu dieser Zeit tritt wiederum eine Viertelstunde Pause ein. Nun können sich diejenigen, die durch Überstunden Ersparnisse gemacht haben, etwas kaufen. Nach Beendigung der viertelstündigen Pause, die für alle Korrigenden eintrete, werde bis halb zwölf oder zwölf Uhr mittags gearbeitet. Alsdann werde eine einstündige Pause gemacht und das Mittagsmahl, bestehend aus warmen Bohnen, Erbsen, Linsen oder Reis nebst Brot verabreicht. Es werde alsdann wiederum bis drei Uhr nachmittags gearbeitet. Alsdann trete eine viertelstündige Pause für alle Korrigenden ein, und es erhalten diejenigen, die sich durch gute Arbeit ausgezeichnet, Überstunden gemacht oder besonders schwere Arbeit haben, Kaffee und Brot. Es werde darauf bis halb sieben oder sieben Uhr gearbeitet. Alsdann werde wiederum eine warme Suppe und Brot gereicht. Alsdann werde aufgeräumt und die Leute in

Скачать книгу