Italienische Nächte . Sophie Love
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Sie schaute sich besorgt um. Dabei fiel ihr auf, dass Elliot direkt auf sie zukam.
Er blieb stehen, blickte auf sie herab und schüttelte ihr die Hand. „Willkommen zurück. Ich habe veranlasst, dass du in das Eckbüro umziehst. Ich hoffe, das ist okay.“
Keira war vor allem erleichtert, dass ihre Sachen alle noch da waren. Dann sickerte langsam in ihr Bewusstsein, was Elliot da gesagt hatte.
„Ich habe ein Büro?“, wiederholte sie ungläubig.
„Selbstverständlich. Du bist jetzt eine Vorgesetzte. Alle Vorgesetzten haben ein eigenes Büro.“
Er bedeutete ihr, ihm zu folgen. Als Keira durch das Büro schritt, fing sie einen Blick von Nina auf, die ihr zuzwinkerte. Sie musste es wohl schon gewusst haben.
Sie blieben an der Tür zu einem kleinen Eckraum stehen. Keiras Name stand auf dem Schild neben dem Eingang. Ihre persönlichen Gegenstände waren auf dem Tisch angeordnet, wie sie es gewohnt war. Bloß hatte sie hier viel mehr Platz, der Raum wirkte so leer.
Keira fühlte sich leicht, als schwebe sie auf einer Wolke. Sie hatte noch nie ein eigenes Büro gehabt oder ihren Namen auf einem Türschild gelesen.
„Ist das okay für dich?“, fragte Elliot.
„Es ist großartig!“, rief Keira, trat ein und drehte sich um sich selbst. Der Raum war eigentlich nicht groß genug zum Tanzen, aber das interessierte Keira gerade gar nicht.
„Wir haben inzwischen eine Regelung getroffen, dass die Türen immer auf sind“, sagte Elliot. Es sei denn, du hast eine Besprechung oder ein Telefonat. Wir haben das mehrheitlich beschlossen, während du weg warst.“
Keira schaute ihn überrascht aber auch zufrieden an.
Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, wie eine solche Abstimmung bei Viatorum aussehen mochte. Joshua hatte immer nur Anweisungen gebrüllt und alle hielten sich dran. Wenn er einen an einem Feiertag ins Büro bestellt hatte, egal, ob Hanukkah, Weihnachten, das Opferfest, oder was man sonst so feiern konnte, dann hatte man zu erscheinen. Oder man war sofort gefeuert. Es machte Keira sehr glücklich, dass auch die Nachwuchsschreiber endlich mitreden durften.
„Hast du Lance schon kennengelernt?“, fragte Elliot.
„Lance? Nein. Ist das ein neuer Nachwuchsautor?“
Elliot lachte. „Er ist dein neuer Boss“, sagte er.
„Oh.“ Keira runzelte die Stirn. „Ich dachte, du bist mein neuer Boss.“
Der Gedanke, jemand anderes würde nun das Sagen haben, beunruhigte Keira. Was, wenn der sich als ein neuer Joshua entpuppte? Was, wenn ihre kreativen Visionen nicht zusammenpassten?
Elliot schüttelte den Kopf. „Ich kann ja nicht rund um die Uhr hier sein. Mal abgesehen von seinen Schwächen war Joshua aber sehr engagiert. Ich brauche jemanden, der die Stellung hält, wenn ich nicht da bin. Daher habe ich Lance eingestellt. Aber mach dir keine Sorgen, er wird dir gefallen. Er ist das genaue Gegenteil von Joshua, ich verspreche es.“
Sie folgte Elliot aus dem Zimmer in den Konferenzraum, wo besagter Lance bereits auf sie wartete. Elliot hatte recht, er war so ganz anders als Joshua, zumindest rein optisch. Er war ein kleiner, stämmiger Mann, in einem alten, schlecht sitzenden Anzug und ungekämmt. Als er Keira eintreten sah, grinste er breit. Keira hatte immer vermutet, dass Joshuas Gesichtsmuskeln dazu gar nicht in der Lage waren. Lance streckte ihr seine Hand hin und sie schüttelte sie.
„Du bist also der Star von Viatorum“, sagte Lance. „Die Heldin Keira Swanson.“
Keira kicherte verlegen. „So weit würde ich jetzt nicht gehen.“
„Ich schon“, meinte Lance und nahm wieder Platz. Mit einer Geste bat er Keira und Elliot, das ebenfalls zu tun. „Ich habe deine bisherigen Artikel gelesen und muss sagen, dass du wirklich Talent hast.“
„Danke“, sagte Keira und wurde rot.
Sie war es nicht gewohnt, Komplimente zu bekommen. Elliot war sehr sparsam damit, Joshua hatte so etwas gar nicht gekannt. Sie wusste gar nicht, wie sie damit umgehen sollte, wie man darauf antwortete, ohne arrogant zu wirken.
Sie schaute zu Elliot hinüber, als sie sich neben ihn setzte. Er erwiderte ihren Blick, als wollte er sagen, habe ich dir doch gleich gesagt, er ist anders.
„Kommen wir also direkt zu den Aufträgen“, sagte Lance und klatschte in die Hände. „Elliot hat den dicksten Batzen schon verteilt.“ Er rieb sich die Hände und grinste erwartungsvoll. „Das wird ein harter Wettbewerb.“ Dann sprang er auf und rannte zur Tür. Mit fröhlicher Stimme rief er laut: „Aufträge sind zu vergeben, Jungs und Mädels!“
Es gab hektisches Stühle rücken, als sich alle eilig auf den Weg in den Konferenzraum machten. Keira hatte plötzlich das Gefühl, neben sich zu stehen. Alles war auf einmal so anders. Es war immer noch hektisch und man konkurrierte immer noch im die Aufträge, aber alles fühlte sich so anders an als mit Joshua.
Als die anderen Autoren in den Raum traten, konnte Keira ihren Eifer und den Hunger nach Herausforderungen geradezu spüren. Früher war das alles unter Selbstzweifeln begraben gewesen. Ohne Joshua, der sie nur niedermachte, dafür mit Lance, der freundlich und ermutigend war, konnten die anderen Autoren bei Viatorum aufblühen und zu sich selbst finden. Keira stellte überrascht fest, dass dadurch die Konkurrenz in der Redaktion nur noch schärfer geworden war.
„Einer von euch wird heute den besten Auftrag absahnen, den wir je hatten“, sagte Lance und grinste breit. „Drei Woche lang durch Italien reisen. Ich rede von Florenz, der Toskana, Verona, Capri.“
Der ganze Raum schien vor Aufregung zu summen wie ein Bienenstock.
Keira rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. Sie wollte diesen Auftrag unbedingt. Allein die Vorstellung, nach Italien zu reisen, war so unglaublich aufregend; echte Pizza zu essen, Pasta, Eis. Und nicht nur eine Kopie davon, wie sie bei Gino auf der Karte stand.
Dieser Auftrag war wie für sie gemacht. Sie war die einzige hier, die mit einem solchen Auftrag schon Erfahrung hatte. Aber natürlich wollten alle diesen Auftrag. Sie hatte sich zu sehr in Sicherheit gewähnt, mit all dem Applaus und dem eigenen Büro. Wie es aussah, hatte sich doch nicht alles geändert. Es würde ein harter Kampf werden und sie war bereit.
„Also“, begann Lance und faltete die Hände vor sich auf dem Tisch. „Wer von euch ist im Rennen?“
Keira hob sofort die Hand.
Die Zeiten, in denen sie darauf gewartet hatte, dass eine gute Gelegenheit ihr einfach in den Schoß fallen würde, waren unwiderruflich vorbei. Sie war hungrig nach Erfolg und würde sich diese einmalige Chance nicht durch die Lappen gehen lassen. Außerdem konnte sie die Reise wirklich gut gebrauchen, um sich