Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Hans Fallada – Gesammelte Werke - Hans Fallada страница 257
»Und wie gehen die Geschäfte?«, frage ich, um nur etwas zu fragen.
Magda aber belebt sich. »Ich freue mich, dir sagen zu können, Erwin, dass die Geschäfte gut gehen, jawohl, ausgesprochen gut. Die Ernte ist recht befriedigend ausgefallen, und wir haben einen sehr schönen Umsatz erzielen können. Besonders in Hülsenfrüchten habe ich ein unglaubliches Glück gehabt. Ich kaufte, ehe die Preise dann so plötzlich anzogen …«
Eine Weile reden wir nun ruhig von den Geschäften. Wirklich eine tüchtige Frau, ganz unbestreitbar. Wie ihr Auge leuchtet, ihre Stimme lebendig wird, wenn sie davon spricht! So leuchtete ihr Auge vorher nicht, als es um ihren Mann ging. Aber so war es schon immer bei ihr – das Geschäft, der Garten, das Haus: Alles war ihr wichtiger als der Mann. Ich könnte eifersüchtig werden auf diese toten Dinge, wenn das nicht doch ein bisschen lächerlich wäre. Aber vielleicht nicht so lächerlich wie diese auch vom Arzt gerühmte Tüchtigkeit. Würde sie einigermaßen vernünftig überlegen, sie machte sich die ganze Plage nicht, verpachtete das Geschäft gegen eine kleine Rente und lebte behaglich in unserem Eigentum. Aber auf so etwas kommt natürlich so eine Frau nicht.
So gehen meine Gedanken immer weiter, während ich zerstreut Magdas eifrigem Reden lausche, das die Erinnerung an alte Kunden wachruft, an Fahrten durch abseits liegende Dörfer, glückliche Abschlüsse … Aber plötzlich werde ich hellhörig, denn Magda hat plötzlich von »unserer Konkurrenz« gesprochen, jenem jungen Anfänger, der sich mir zum Trotz in meiner Vaterstadt etablierte und mir schon ein paarmal recht zu schaffen machte. Irre ich mich, oder klingt jetzt noch ein ganz besonderer Unterton in Magdas Stimme, etwas Wärmeres als vorher? Ich höre sehr aufmerksam an, was Magda da erzählt.
»Ja, denke dir, Erwin, ich habe Herrn Heinze jetzt persönlich kennengelernt. Ich hatte mich eines Tages doch zu sehr über dieses ständige gegenseitige Unterbieten geärgert, bloß um einander die Kunden abzufangen, an denen wir schließlich gar verloren. Da bin ich einfach zu ihm auf sein Büro gegangen und habe ihm gesagt: ›Ich bin Frau Sommer, Herr Heinze, und nun wollen wir doch einmal sehen, ob wir beide nicht zu einem vernünftigen Abkommen gelangen können! Für beide Firmen gibt es ein Auskommen hier in der Stadt, aber wenn wir uns weiter so unterbieten, werden wir alle beide Pleite machen!‹ Das habe ich ihm gesagt!« Magda sieht mich triumphierend an.
»Und was antwortete er?«, frage ich gespannt.
»Nun«, sagte sie, und wieder fiel mir der warme Unterton in ihrer Stimme auf, »Herr Heinze ist nicht nur ein gebildeter, sondern auch ein kluger Mann. In fünf Minuten waren wir zu einem Abkommen gelangt. Jeden Morgen, Mittag und Abend verständigen wir uns über die Preise, die wir zahlen, keiner bietet auch nur einen Groschen mehr oder weniger, und nach Kunden angeln gehen ist überhaupt abgeschafft!«
»O du Ahnungslose«, rief ich. »Der wird dich schön reinlegen, der Heinze ist doch ein ganz gerissener, mit allen Salben gesalbter Halunke! Ins Gesicht verspricht er dir natürlich alles, aber hintenrum fischt er dir einen Kunden nach dem anderen weg. Schließlich hat er das Geschäft fest in Händen, und du stehst ohne alles da!«
»Armer Erwin«, sagte Magda, »immer noch so voll Misstrauen! Nein, ich habe Herrn Heinze recht gut kennengelernt – ich bin auch so manchmal mit ihm zusammen …«
Ich wunderte mich, was hinter diesem »auch so« wohl steckte, aber Magda war nicht errötet.
Sie fuhr fort: »Soweit kenne ich die Menschen doch, dass ich sagen kann: Herr Heinze ist ein innerlich vollkommen sauberer, anständiger Mann, auf den ich mich jetzt blindlings verlasse. Und wenn du mich für vertrauensselig hältst, Erwin, so genügt dir vielleicht der Beweis aus unseren Büchern: Wir haben unseren Umsatz in diesem Herbst um das Anderthalbfache gesteigert. Das wäre doch wohl kaum der Fall, wenn Herr Heinze uns die Kunden weggeschnappt hätte!« Sie sah mich mit triumphierenden, freudeglänzenden Augen an.
Ich sagte eisig: »Die Zahlen allein beweisen auch noch nichts. Du sagst, die Ernte war gut, und das Wetter war einem frühen Drusch bestimmt günstig, da kann der Umsatz für eine kurze Zeit sehr wohl steigen und einem dabei doch Kunden verlorengehen … Übrigens, ich erinnere mich gar nicht, war dieser Heinze nicht verheiratet?«
»Doch!« nickte Magda. »Aber er ist seit einem Jahr geschieden.«
»Soso«, antwortete ich möglichst gleichgültig. »Also geschieden. – Natürlich schuldig geschieden?«
»Wie du auch fragen kannst!«, rief Magda beinahe zornig. »Ich habe dir doch gesagt: Er ist ein ganz sauberer Mann. Natürlich lag die Schuld auf der anderen Seite!«
»Natürlich …«, wiederholte ich ein wenig spöttisch. »Entschuldige nur, du bist ja direkt begeistert von diesem Mann, Magda!«
Einen Augenblick zögerte sie, dann antwortete sie mit fester Stimme: »Das bin ich auch, Erwin!«
Wir sahen uns eine lange Zeit stumm an. Viel Ungesagtes lag in der Luft. Selbst Oberwachtmeister Fritsch hatte was gemerkt, er hatte sich auf seinem Stuhl vorgelehnt, die Ellbogen auf die Knie gestützt, und betrachtete uns beide gespannt. Übrigens war die übliche Sprechstundenzeit längst überschritten.
62
»Hast du die Scheidung schon eingeleitet?«, fragte ich schließlich mit leiser Stimme.
»Ja«, antwortete sie ebenso leise. »Gestern …«
Wieder trat tiefe Stille zwischen uns ein. Plötzlich sahen wir uns beide nach dem Oberwachtmeister Fritsch um, der mit einem Ruck von seinem Stuhl aufgestanden war und mit seinen Schlüsseln klapperte.
»Na ja«, sagte er fast verlegen, »eigentlich ist die Sprechzeit rum, aber meinetwegen – noch zehn Minuten.« Und er ging zum Fenster, wo er uns ostentativ den Rücken kehrte.
»Erwin«, flüsterte Magda hastig, »ich habe