Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada

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Hans Fallada – Gesammelte Werke - Hans  Fallada Gesammelte Werke bei Null Papier

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ha­ben sie we­gen mei­ner Un­ter­schrift Schwie­rig­kei­ten ge­macht. Aber ich ver­ste­he es schon, wie du es mein­test, Er­win, und ich dan­ke dir für dei­ne gute Mei­nung.« Sie reicht mir ihre Hand über den Tisch, und ich fas­se sie vor­sich­tig und kühl, hüte mich, sie wär­mer zu drücken. Die Hand kehrt et­was ent­täuscht zu ih­rer Be­sit­ze­rin zu­rück.

      »Und wie ge­hen die Ge­schäf­te?«, fra­ge ich, um nur et­was zu fra­gen.

      Mag­da aber be­lebt sich. »Ich freue mich, dir sa­gen zu kön­nen, Er­win, dass die Ge­schäf­te gut ge­hen, ja­wohl, aus­ge­spro­chen gut. Die Ern­te ist recht be­frie­di­gend aus­ge­fal­len, und wir ha­ben einen sehr schö­nen Um­satz er­zie­len kön­nen. Be­son­ders in Hül­sen­früch­ten habe ich ein un­glaub­li­ches Glück ge­habt. Ich kauf­te, ehe die Prei­se dann so plötz­lich an­zo­gen …«

      Eine Wei­le re­den wir nun ru­hig von den Ge­schäf­ten. Wirk­lich eine tüch­ti­ge Frau, ganz un­be­streit­bar. Wie ihr Auge leuch­tet, ihre Stim­me le­ben­dig wird, wenn sie da­von spricht! So leuch­te­te ihr Auge vor­her nicht, als es um ih­ren Mann ging. Aber so war es schon im­mer bei ihr – das Ge­schäft, der Gar­ten, das Haus: Al­les war ihr wich­ti­ger als der Mann. Ich könn­te ei­fer­süch­tig wer­den auf die­se to­ten Din­ge, wenn das nicht doch ein biss­chen lä­cher­lich wäre. Aber viel­leicht nicht so lä­cher­lich wie die­se auch vom Arzt ge­rühm­te Tüch­tig­keit. Wür­de sie ei­ni­ger­ma­ßen ver­nünf­tig über­le­gen, sie mach­te sich die gan­ze Pla­ge nicht, ver­pach­te­te das Ge­schäft ge­gen eine klei­ne Ren­te und leb­te be­hag­lich in un­se­rem Ei­gen­tum. Aber auf so et­was kommt na­tür­lich so eine Frau nicht.

      So ge­hen mei­ne Ge­dan­ken im­mer wei­ter, wäh­rend ich zer­streut Mag­das eif­ri­gem Re­den lau­sche, das die Erin­ne­rung an alte Kun­den wach­ruft, an Fahr­ten durch ab­seits lie­gen­de Dör­fer, glück­li­che Ab­schlüs­se … Aber plötz­lich wer­de ich hell­hö­rig, denn Mag­da hat plötz­lich von »un­se­rer Kon­kur­renz« ge­spro­chen, je­nem jun­gen An­fän­ger, der sich mir zum Trotz in mei­ner Va­ter­stadt eta­blier­te und mir schon ein paar­mal recht zu schaf­fen mach­te. Irre ich mich, oder klingt jetzt noch ein ganz be­son­de­rer Un­ter­ton in Mag­das Stim­me, et­was Wär­me­res als vor­her? Ich höre sehr auf­merk­sam an, was Mag­da da er­zählt.

      »Ja, den­ke dir, Er­win, ich habe Herrn Hein­ze jetzt per­sön­lich ken­nen­ge­lernt. Ich hat­te mich ei­nes Ta­ges doch zu sehr über die­ses stän­di­ge ge­gen­sei­ti­ge Un­ter­bie­ten ge­är­gert, bloß um ein­an­der die Kun­den ab­zu­fan­gen, an de­nen wir schließ­lich gar ver­lo­ren. Da bin ich ein­fach zu ihm auf sein Büro ge­gan­gen und habe ihm ge­sagt: ›Ich bin Frau Som­mer, Herr Hein­ze, und nun wol­len wir doch ein­mal se­hen, ob wir bei­de nicht zu ei­nem ver­nünf­ti­gen Ab­kom­men ge­lan­gen kön­nen! Für bei­de Fir­men gibt es ein Aus­kom­men hier in der Stadt, aber wenn wir uns wei­ter so un­ter­bie­ten, wer­den wir alle bei­de Plei­te ma­chen!‹ Das habe ich ihm ge­sagt!« Mag­da sieht mich tri­um­phie­rend an.

      »Und was ant­wor­te­te er?«, fra­ge ich ge­spannt.

      »Nun«, sag­te sie, und wie­der fiel mir der war­me Un­ter­ton in ih­rer Stim­me auf, »Herr Hein­ze ist nicht nur ein ge­bil­de­ter, son­dern auch ein klu­ger Mann. In fünf Mi­nu­ten wa­ren wir zu ei­nem Ab­kom­men ge­langt. Je­den Mor­gen, Mit­tag und Abend ver­stän­di­gen wir uns über die Prei­se, die wir zah­len, kei­ner bie­tet auch nur einen Gro­schen mehr oder we­ni­ger, und nach Kun­den an­geln ge­hen ist über­haupt ab­ge­schafft!«

      »O du Ah­nungs­lo­se«, rief ich. »Der wird dich schön rein­le­gen, der Hein­ze ist doch ein ganz ge­ris­se­ner, mit al­len Sal­ben ge­salb­ter Ha­lun­ke! Ins Ge­sicht ver­spricht er dir na­tür­lich al­les, aber hin­ten­rum fischt er dir einen Kun­den nach dem an­de­ren weg. Schließ­lich hat er das Ge­schäft fest in Hän­den, und du stehst ohne al­les da!«

      »Ar­mer Er­win«, sag­te Mag­da, »im­mer noch so voll Miss­trau­en! Nein, ich habe Herrn Hein­ze recht gut ken­nen­ge­lernt – ich bin auch so manch­mal mit ihm zu­sam­men …«

      Ich wun­der­te mich, was hin­ter die­sem »auch so« wohl steck­te, aber Mag­da war nicht er­rö­tet.

      Sie fuhr fort: »So­weit ken­ne ich die Men­schen doch, dass ich sa­gen kann: Herr Hein­ze ist ein in­ner­lich voll­kom­men sau­be­rer, an­stän­di­ger Mann, auf den ich mich jetzt blind­lings ver­las­se. Und wenn du mich für ver­trau­ens­se­lig hältst, Er­win, so ge­nügt dir viel­leicht der Be­weis aus un­se­ren Bü­chern: Wir ha­ben un­se­ren Um­satz in die­sem Herbst um das An­dert­halb­fa­che ge­stei­gert. Das wäre doch wohl kaum der Fall, wenn Herr Hein­ze uns die Kun­den weg­ge­schnappt hät­te!« Sie sah mich mit tri­um­phie­ren­den, freu­deglän­zen­den Au­gen an.

      Ich sag­te ei­sig: »Die Zah­len al­lein be­wei­sen auch noch nichts. Du sagst, die Ern­te war gut, und das Wet­ter war ei­nem frü­hen Drusch be­stimmt güns­tig, da kann der Um­satz für eine kur­ze Zeit sehr wohl stei­gen und ei­nem da­bei doch Kun­den ver­lo­ren­ge­hen … Üb­ri­gens, ich er­in­ne­re mich gar nicht, war die­ser Hein­ze nicht ver­hei­ra­tet?«

      »Doch!« nick­te Mag­da. »Aber er ist seit ei­nem Jahr ge­schie­den.«

      »Soso«, ant­wor­te­te ich mög­lichst gleich­gül­tig. »Also ge­schie­den. – Na­tür­lich schul­dig ge­schie­den?«

      »Wie du auch fra­gen kannst!«, rief Mag­da bei­na­he zor­nig. »Ich habe dir doch ge­sagt: Er ist ein ganz sau­be­rer Mann. Na­tür­lich lag die Schuld auf der an­de­ren Sei­te!«

      »Na­tür­lich …«, wie­der­hol­te ich ein we­nig spöt­tisch. »Ent­schul­di­ge nur, du bist ja di­rekt be­geis­tert von die­sem Mann, Mag­da!«

      Ei­nen Au­gen­blick zö­ger­te sie, dann ant­wor­te­te sie mit fes­ter Stim­me: »Das bin ich auch, Er­win!«

      Wir sa­hen uns eine lan­ge Zeit stumm an. Viel Un­ge­sag­tes lag in der Luft. Selbst Ober­wacht­meis­ter Fritsch hat­te was ge­merkt, er hat­te sich auf sei­nem Stuhl vor­ge­lehnt, die Ell­bo­gen auf die Knie ge­stützt, und be­trach­te­te uns bei­de ge­spannt. Üb­ri­gens war die üb­li­che Sprech­stun­den­zeit längst über­schrit­ten.

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      »Hast du die Schei­dung schon ein­ge­lei­tet?«, frag­te ich schließ­lich mit lei­ser Stim­me.

      »Ja«, ant­wor­te­te sie eben­so lei­se. »Ges­tern …«

      Wie­der trat tie­fe Stil­le zwi­schen uns ein. Plötz­lich sa­hen wir uns bei­de nach dem Ober­wacht­meis­ter Fritsch um, der mit ei­nem Ruck von sei­nem Stuhl auf­ge­stan­den war und mit sei­nen Schlüs­seln klap­per­te.

      »Na ja«, sag­te er fast ver­le­gen, »ei­gent­lich ist die Sprech­zeit rum, aber mei­net­we­gen – noch zehn Mi­nu­ten.« Und er ging zum Fens­ter, wo er uns os­ten­ta­tiv den Rücken kehr­te.

      »Er­win«, flüs­ter­te Mag­da has­tig, »ich habe

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