Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох

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Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох

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Freund,« wendete ich mich zu ihm. »Ihr habt also den Wunsch für immer zu sterben, und der Tod flößt Euch nicht die mindeste Furcht ein?«

      »Doch! doch! Herrchen,« nickte er kichernd, »ich fürchte mich ganz entsetzlich vor dem Tod.« –

      »Wie das?« –

      »So zum Beispiel; wie ich da lebe, habe ich doch eine Hoffnung, es nimmt einmal ein Ende; ist das wahr?«

      Es war mir, als blicke er mir dabei mit seinen kleinen grauen Augen bis in die Tiefe der Seele hinein.

      »Wenn aber der Tod kommt, dieser Augenblick, auf den ich mehr als hundert Jahre so schwer warte und ich lebe dann weiter… dann ist Alles aus.« Der ganze Kreis lachte.

      »Ich bitte den Herrn!« fuhr der Alte schnell fort, »sehen Sie mich an. Ich bin ja kein verzweifelter Mensch, so ein abgewirthschafteter Bauer etwa oder ein Winkelschreiber; aber das Leben ist mir verdrießlich, so recht widerwärtig; wissen Sie, das ist eine Entdeckung, die jeder bald gemacht hat, wenn er sich nur das Bischen Gefallen erweist, über sich nachzudenken. Wenn die Leute einen Selbstmörder finden, allenfalls erhängt, da wundern sie sich – »Wie mag’s dem gegangen sein?« – Wie? – es ist ihm eben nicht gegangen

      Einen Augenblick war es ganz stille, das Feuer arbeitete und der Rauch wälzte sich träge gegen das Birkenwäldchen. Der Wind hatte sich ganz gelegt.

      Der hundertjährige Mann blickte seitwärts auf den Capitulanten.

      »Da ist auch so Einer,« sprach er leise. »Nicht?«

      Dem Capitulanten war das Haupt bis auf die Brust herabgesunken, er schwieg.

      »Aber erzähl’ etwas, Balaban!«

      »Erzählt uns, Freund,« sagte ich. »Man sagt, daß Ihr gut erzählt.«

      Der Capitulant lächelte trübselig.

      »Soll ich ein Märchen erzählen?« fragte er zuvorkommend.

      »Nein, Etwas was Euch selbst begegnet ist.«

      Der Alte nickte zustimmend.

      »Ja, er weiß mehr als mancher Mann,« stieß er heiser heraus.

      Der Capitulant fuhr mit der Hand leise über die Stirne.

      »Was soll ich erzählen?« –

      Der Pappendeckelmann reckte seinen Hals gewaltig aus und blinzelte verdrießlich mit seinen winzigen Augen.

      »Was war das, was der Jude vorhin gemeint hat?« sagte er.

      »Ach, so eine Historie,« entgegnete der Capitulant leise, sein Blick versank in das Feuer, eine stille unsäglich rührende Trauer lagerte sich auf seinem Gesichte.

      »Eine Historie?« fragte Kolanko begierig.

      »Nun so eine Historie, wie viele Historien sind,« murmelte der Capitulant.

      »So,« sagte der Greis.

      »Alte Historien und nicht eben unterhaltend.«

      »Es ist eine Liebesgeschichte,« fügte der Pappendeckelmann schamhaft mit halber Stimme hinzu und blickte von unten wie furchtsam auf den verabschiedeten Soldaten.

      »Gewiß etwas ganz Kurioses!« rief Kolanko.

      »Auch nichts Kurioses,« sprach der Capitulant. »So – was alle Tage begegnet. Ich will – auch weil der Herr da – es ist besser vom ungarischen Krieg zu erzählen. Wir marschirten also –«

      »Du wirst uns doch nicht wieder von Dukla nach Kaschau marschiren lassen,« unterbrach ihn der Alte. »Jetzt wäre es das siebentemal, ich denke, da möchtest du doch etwas Anderes –«

      »Erzähle nur die Historie,« begann der Pappendeckelmann.

      »Was für eine Historie?«

      »Nun von der Katharina vom Baran drüben, von der gnädigen Frau,« sagte der Pappendeckelmann nicht eben laut, aber mit einer eigenen bitteren Art Verachtung, und zugleich loderte etwas von der Feindseligkeit unseres Bauers gegen den Adel in seinem Auge auf.

      »Habt Ihr sie gekannt?« fragte der Capitulant ohne aufzublicken. Dann schwieg er.

      Keiner wagte das Wort zu nehmen.

      »Ich habe sie gekannt.«

      Seine Stimme zitterte so traurig wie der letzte Ton unserer Volkslieder. Er hob langsam den Kopf, seine Augen standen jetzt groß, ruhig, visionär in seinem bleichen Gesichte.

      »Jetzt wird er erzählen,« flüsterte Mongol und stieß den Pappendeckelmann sanft in die Seite.

      Alle setzten sich in Positur, um ihm behaglich zuzuhören. Mrak, welcher wie eine ordentliche Wache auf-und abging, hielt inne und stützte sich auf die Sense.

      »Wie war das gleich, als ich sie das erstemal traf?« begann der Capitulant. »Richtig, es war in den Erlenbüschen bei Tulawa, sie suchte Haselnüsse dort und hatte sich einen Dorn, einen langen scharfen Dorn, wißt Ihr, in den Fuß gestoßen, saß nun da am Rain und weinte, und wie ich das hübsche Mädchen da sitzen sah und so bitterlich weinen, da wurde mir leid um sie. Nun da bleib ich denn stehen und fragte sie: »Was hast du?«

      Sie gab keine Antwort, zog nur wieder so an dem Dorn und schluchzte noch stärker. Jetzt merkte ich, was meinem Vogel fehle, hockte mich zu ihr nieder und sagte: »Warte, ich werde dir schon helfen.« Sie hörte zu weinen auf, ließ mir ohne weiteres ihren Fuß und blinzelte seitwärts nach mir hin. Ich hatte ihn sogleich, den Dorn, wißt ihr, und wie ich ihn herauszog, zischte sie nur ein klein wenig durch die Zähne, dann riß sie ihr Kopftuch über das Gesicht herab, sprang auf und lief davon, ohne sich zu bedanken.

      Wenn sie mich nach dieser Historie nur von weitem sah, floh sie euch wie vor einem Unthiere, einem Hajdamaken. Und mir war es wieder recht, wenn ich sie irgendwo fand.

      Einmal kam ich mit einer Fuhre zurück vom Markte, hatte schwer geladen und ging neben den Pferden, da stand sie hinter dem Zaune, und wie ich sie bemerkte, duckte sie schnell herab und blitzte mit ihren schwarzen Augen durch die Weidenruthen auf mich wie eine Katze.

      »Warum versteckst du dich, Kasja,« rief ich, »ich thue dir nichts.« Zugleich hielt ich die Pferde an.

      Das Mädchen blieb euch aber stille.

      »Nun, was bildest du dir ein,« sprach ich weiter, »und läufst immer fort. Ich laufe dir nicht nach.«

      Darauf kam sie wieder zum Vorschein, hielt den Arm vor die Augen und lachte, die Spitzbübin. Ach! was hatte sie für ein liebes Göschchen und diese Zähne, wie weiße Korallen!

      »Ihr fahrt vom Jahrmarkt, Balaban,« sprach sie verschämt. –

      »So ist es, Katharina,« erwiederte ich artig.

      »Ach! könnte ich so in der Welt herumlaufen wie Ihr,« sagte sie.

      »Wo würdet Ihr allenfalls hinfahren, Katharina?«

      »Nun,

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