Gesammelte Werke von Sacher-Masoch. Леопольд фон Захер-Мазох
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Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Sacher-Masoch - Леопольд фон Захер-Мазох страница 17
»Was weiß ich,« sagte dieser und machte eine Bewegung mit dem Kopfe wie ein Pferd, das eine lästige Fliege fortscheuchen will. Einen Augenblick leuchtete in seinem Auge etwas Verstecktes, Außerordentliches auf, während sein Gesicht unverändert blieb; dann starrte er in den Rauch, der gegen die Birken zog.
Es war ganz stille, nur der Wind blies leise in das Feuer. Ich legte mich auf das Ohr und sah mir die Leute an.
Ich kannte den Bauer, welcher mit der Sense an der Waldecke Wache hielt und von Zeit zu Zeit herankam, mehr um zu hören, was die am Feuer sprachen, als sich zu wärmen. Er hieß Mrak und hatte das entschlossene, ernsthafte Gesicht wie man es bei unsern Bauern gewöhnlich sieht.
Ein anderer, der mir zunächst am Feuer hockte, war mir fremd. Es war ein grämlicher Kerl im haarigen mausfarbenen Serak sein Kopf wie ein Fallschirm, oben spitz, unten breit, trug ein kleines Mützchen von schmutzigweißem Lammfell. Wie ich ihn von der Seite sah, schien er mir wie schlecht ausgeschnitten aus altem, schäbigen grauen Pappendeckel, seine Nase besonders lang, spitzig, dünn und filzig. Der Mund war in der Scheere geblieben, das Kinn wie verloren in den Hals. Auch der Faltenwurf seines farblosen Gesichtes war so ungeschickt, der ganze Mensch wie zerkrüppelt, das Feuer übertrieb noch seinen Schattenriß und warf ihn unwiderstehlich komisch in den Schnee.
Neben ihm lag Einer platt auf dem Bauche, den der kleine pudelblonde Jur Vetter Mongol nannte. In der Nähe liegt ein Schlachtfeld, auf dem eine Horde der Tartaren vor mehr als zweihundert Jahren eine blutige Niederlage erlitten hat. Mit den Gefangenen wurden verwüstete Dörfer bevölkert. Ich kann leicht wetten, daß unser Mongol von da abstammt. Er ist nicht halb so lang als der ganze ausgereckte Pappendeckelmann, aber der kleine Topf steht fest. Der bloße Nacken schwillt ihm voll Kraft, er liegt in leinener Hose und Leinwandkittel, die offene Brust in der heißen Asche, die nackten Beine im Schnee. Auch an dir Bruder Mongol ist Alles lüderliche Arbeit, wie haben sie dir nur die breiten Hüften und die mächtige Brust so zusammengeschoben, und erst dein Gesicht, oder was du dafür ausgiebst! Da haben sie dir ein paar so elende kleine Löcher gemacht für deine lebhaften schwarzen Augen, daß deine Haut dafür beim Maul die abscheulichsten Falten macht. Die Augen schief hinab geschlitzt und die kleine Nase nach oben gedrückt, mit Nasenlöchern, wovon eines genug wäre für deine beiden Augen. Dafür bist du auch gelb wie der Neid in der Zauberposse und ziehst die gewirkte Tschapka über das dünne drahtsteife schwarze Haar bis an die spitzen langen Ohren hinab.
Die Hauptperson war offenbar der Capitulant, Frinko Balaban.
Wie alt er war? Wer wollte das genau bestimmen, aber er war ein Mann.
Ein Mann, der nicht zu übersehen war – im Gliede so wenig als in der Gemeinde, als hier am Feuer der Bauernwache. Ein brauner erdfahler Rock von einem schwarzlackirten Pas gehalten, kleidete ihn schlank und stattlich. Er hatte ihn bis oben zugeknöpft, hatte der Einzige ein verblichenes altes Tuch um den Hals geschlungen, und die abgenutzte blaue Soldatenhose städtisch über dem Stiefel. Am Gurt hing ihm der Tabaksbeutel aus einer Schweinsblase, aus dem er die kleine Pfeife stopfte, und das lange Messer. Die andern waren mit Sensen und Dreschflegeln bewaffnet, er hatte eine einläufige Flinte quer über die Kniee gelegt. Neben zwei Dienstzeichen hatte er noch ein drittes Band auf der Brust. Die runde hohe Lammfellmütze verlieh seinem feinen Kopfe die Würde eines Rabbi und die Wildheit eines Janitscharen, sie half dem kurz geschnittenen braunen Haar ein merkwürdiges Antlitz einrahmen, ein Antlitz mit sanften Linien, feiner Nase, feinem Munde, von dem Felddienst mit jener schönen Bronce überzogen, welche mit den beiden wehmüthigen Linien des Mundes und dem herabhängenden Schnurrbart unserem Soldaten ein so eigenthümliches Gepräge gibt. Aber sein ehrliches Auge war unter den festen Brauen so versunken, so feucht wie mit Thränen gefüllt, es blickte ruhig, erkenntnißvoll, daß es Einem wehe that. Das war es und die Stimme. Der ganze Mann war so fest, soldatisch und in ihm klang Alles wie zerbrochen, die Töne kamen zerschellt aus seiner Brust und seine Redeweise hatte etwas Monotones, Feierliches. So mögen die christlichen Märtyrer auf dem Rost gesprochen haben und im heißen Sande der Arena.
Dann hatten sie auch einen Hund am Feuer; einen gewöhnlichen Bauernhund von unbestimmter Farbe, mit einer Halskrause von dunklen Haaren und einem hübschen Fuchskopfe. Er schlief, die spitze Schnauze auf den vorderen Pfoten gebettet, in der warmen Asche und bewegte nur leise den Schweif, wenn die wehmüthige Stimme des Capitulanten an sein Ohr schlug.
Alle, die Wache hielten, sprachen leise, ernsthaft; nur der Jude schwatzte.
»Ich wüßte eine Frau für Euch,« neckte er den verabschiedeten Soldaten, »eine hübsche Wittwe, ich weiß, Ihr haltet darauf, wirklich hübsch und eine große Wirthschaft, was auch hübsch ist. Was meint Ihr? Sie hat auch schon nach Euch gefragt!«
Er sah Alle im Kreise der Reihe nach an, aber keiner beachtete ihn. Leb Kattun schien jetzt erst recht gesprächig werden zu wollen. Er bürstete Balaban mit der Hand den Rücken und rief. »Gott, Gerechter! Ihr wollt ja kein Weib!«
Er kniff dabei ein Auge ein und blickte pfiffig auf die Bauern.
»Er hat es geschworen, so ein Mann, er hat es geschworen, er nimmt kein Weib!« –
Der Capitulant sah ihn über die Achsel an, daß der Jude hustend zum Schlitten ging und sich, den Rücken gegen das Bauernvolk, auf den Bock setzte. Hier schlenkerte er eine Weile mit den Beinen, rechnete, betete und schlief endlich ein. Wie er die Absätze tactvoll an das Holz schlug, hatte er den Hund geweckt.
»Ruhig Pollak!« sagte der Knabe.
Der Fuchskopf sah auf den Capitulanten und als der schwieg, stand er auf und ging, die Hinterfüße nachdehnend, zu mir, beroch mich, ging zu dem Schlitten, beroch die Pferde. Sie senkten die Köpfe zu ihm hinab, er hob die Schnauze zu ihnen, leckte ihnen den gefrorenen Dunst vom Maul, wedelte und winselte freundlich. Jetzt hob er die Nase, zog an und schritt feierlich zu dem Juden, beschnüffelte ihn, drehte sich sofort um, und hob den Fuß – Dann kam er gegen die kalte Luft, nieste und zog sich eilig an das Feuer zurück, wo er seine Nase in der warmen Asche begrub. –
»Dort kommt ein Mann über den Schnee herüber gelaufen,« rief plötzlich der Bauer, welcher an der Waldecke Wache hielt und deutete hin. Wir blickten Alle hinüber, nur der Capitulant blieb stille sitzen.
»Was wird es geben,« sprach er ruhig, kehrte den Kopf etwas hin und lächelte. »Kennt Ihr ihn nicht?« –
»Ah, das ist ja der Kolanko,« versicherte der Pappendeckelmann in weinerlichem Ton. Dabei kratzte er sich hinter dem Ohre und sah sehr unglücklich aus.
»Der hat uns noch gefehlt,« rief vorwitzig der Knabe Jur, die Arme wichtig auf der Brust verschränkt.
Der Capitulant machte eine verächtliche Bewegung mit der flachen Hand nach abwärts und wendete sich zugleich zu mir.
»Sie müssen wissen, Herr,« sprach er ernst, »das ist ein alter Mann von mehr als hundert Jahren, ein seltsamer Mann, ein erfahrener Mann, ein kluger Mann, nur etwas schwatzhaft, kindisch jetzt, er lacht ohne Ursache und weint auch wohl ohne Ursache. So kindisch wie man halt mit hundert Jahren ist.«
Da war er selbst und überhob den Capitulanten jeder weiteren Erklärung; ein kleines flinkes Männchen mit schlotterigen Beinen und Armen, eingefallener Brust, trockenem gelben Halse, einem alten gelben Gesichtchen, an dem nichts mehr lebendig war, als die grauen kleinen Augen, welche tief in ihre Höhlen zurückgesunken, um so eifriger Alles zu durchdringen und einzusaugen schienen.
Er hat tüchtige Stiefel, warme Beinkleider, einen langen schmierigen Schafpelz, eine Mütze aus einem