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hin und her­lief, alle Tü­ren auf­riss, auch die mei­ni­ge, die ich so­gleich höf­lich wie­der schloss, ging ihr die­ses Ge­ba­ren so auf die Ner­ven, dass sie den heim­keh­ren­den Sohn mit der Nach­richt emp­fing, es sei­en zwei un­aus­steh­li­che Preu­ßen da, die rück­sichts­los durch alle Zim­mer tob­ten. Der gleich­falls ner­vö­se Ed­gar, der schon den gan­zen Tag auf Kran­ken­be­such ge­we­sen war und noch nichts zu sich ge­nom­men hat­te, trat auf die­se Mit­tei­lung hin schon ge­la­den in die ge­la­de­ne At­mo­sphä­re des War­te­raums. Dort wur­de er gleich mit dem Vor­wurf emp­fan­gen, dass man eine hal­be Stun­de auf sein Er­schei­nen ge­war­tet habe. Er be­merk­te wohl, dass ei­ner der Her­ren ihm Zei­chen zu ma­chen und den an­de­ren, un­ge­dul­di­gen, zu be­schwich­ti­gen such­te, so­dass er hin­ter die­sem eine hoch­ge­stell­te Per­sön­lich­keit ver­mu­ten konn­te; er ent­geg­ne­te je­doch tro­cken, zum War­ten sei das War­te­zim­mer da. Als ihm nun an­ge­kün­digt wur­de, dass der Wa­gen un­ten ste­he, um ihn so­fort zu ei­ner kran­ken Dame ins Ho­tel mit­zu­neh­men, ant­wor­te­te der jun­ge Arzt, der be­griff, dass er es nicht mit ei­nem schwe­ren Fall, nur mit ei­nem ver­wöhn­ten Kun­den zu tun hat­te, einen Wa­gen be­sit­ze er selbst, er habe aber zu­nächst sei­ne Sprech­stun­de ab­zu­hal­ten, da­nach ma­che er sei­ne Kran­ken­be­su­che, und zwar nach der Rei­he, im­mer die schwe­ren Fäl­le zu­erst. Sein Är­ger über den hoch­fah­ren­den Ton des Frem­den mil­der­te sich aber, als er an dem Bet­te ei­ner hüb­schen und lie­bens­wür­di­gen jun­gen Frau stand, die wie vie­le Ita­li­en­fah­rer in die­ser Jah­res­zeit an un­vor­sich­ti­gem Obst­ge­nuss er­krankt war, sich in­des­sen schon in der Bes­se­rung be­fand. Der jun­ge Ehe­mann woll­te wis­sen, wann die Wei­ter­rei­se nach Rom statt­fin­den kön­ne, wor­auf der Arzt ge­las­sen ant­wor­te­te, so­bald es ge­wünscht wer­de, wenn nö­tig, noch am sel­ben Tag, aber bes­ser am nach­fol­gen­den. Es war sei­ne Art, klei­ne Übel so oben­hin zu be­han­deln, wie er es bei sich sel­ber hielt, und dar­in mach­te er für nie­mand eine Aus­nah­me. Auf der Trep­pe trat ihm der Di­rek­tor des Ho­tels, dem schon ein Vög­lein die­se Un­ter­re­dung zu­ge­sun­gen hat­te, mit Vor­wür­fen ent­ge­gen: Dok­tor, Dok­tor, was ha­ben Sie mir an­ge­stellt! Ist Ih­nen denn gar nichts an dem Herrn auf­ge­fal­len? Ed­gar ant­wor­te­te, es sei ihm frei­lich auf­ge­fal­len, dass der Herr einen ver­kürz­ten Arm habe, und er kön­ne sich auch den­ken, wel­chem Ho­hen­zol­lern der Arm ge­hö­re. – Wie konn­ten Sie ihm dann ra­ten, ab­zu­rei­sen? Je­der an­de­re hät­te mir die jun­ge Frau auf ein paar Wo­chen ins Bett ge­legt. Wenn Sie Ihre Pra­xis so auf­fas­sen, wer­den Sie es nie zu et­was brin­gen.

      Un­ter­des­sen hat­te Ed­gar schon sein Auge auf die hüb­sche klei­ne Stadt­vil­la in der Via del­le Por­te nuo­ve zwi­schen der Por­ta al Pra­to und den Fes­tungs­an­la­gen ge­wor­fen, einen an­mu­ti­gen Bau mit lang­ge­streck­tem Mit­tel­stück und zwei vor­tre­ten­den Sei­ten­flü­geln, durch einen wohl­be­wach­se­nen, von ho­hen Lor­beer­wän­den um­schlos­se­nen Gar­ten von der Stra­ße ge­schie­den. Der Preis war nicht zu hoch, be­trug aber doch das Dop­pel­te von sei­nen ver­füg­ba­ren Er­spar­nis­sen. Er wand­te sich an einen Stutt­gar­ter Ju­gend­freund um ein ver­zins­li­ches Dar­le­hen; aus der zu­rück­hal­ten­den Ant­wort sprach aber so viel Be­den­ken, dass der Leicht­ver­letz­te dar­in den Vor­wurf ei­nes un­be­son­ne­nen Wa­ge­stücks zu le­sen glaub­te, den er nach den Pro­ben, die er von sich ge­ge­ben, nicht er­war­te­te. Er brach so­gleich die Ver­hand­lun­gen ab und hat­te die Ge­nug­tu­ung, schon im nächs­ten Brief mel­den zu kön­nen, dass er das Geld nicht mehr brau­che, weil sei­ne Schwes­ter ihm ihr ei­ge­nes Ka­pi­tal zur Ver­fü­gung ge­stellt habe. Es war dies eine klei­ne Erb­schaft, die auf dem Um­weg über mei­ne Mut­ter zu mir ge­kom­men war, als Ver­gü­tung für die lan­ge wirt­schaft­li­che Be­nach­tei­li­gung, die ich im El­tern­haus er­fah­ren hat­te. Das Geld war auf Hey­ses Rat in Ber­lin bei ei­nem in Häu­sern spe­ku­lie­ren­den Phi­lo­so­phie­pro­fes­sor an­ge­legt ge­we­sen, für des­sen Si­cher­heit Hey­se, der ihm auch sein ei­ge­nes an­ver­traut hat­te, un­be­dingt ein­ste­hen zu kön­nen glaub­te. Der Er­trag hat­te bei dem ho­hen Zins­fuß für eine Rei­he von Jah­ren einen sehr will­kom­me­nen Zu­schuss zu mei­nen un­si­che­ren Ein­nah­men und Ma­mas klei­ner Pen­si­on ge­bil­det, als plötz­lich das Häu­ser­ge­schäft wank­te! Mir in Flo­renz ent­hüll­te sich die Ge­fahr ganz zu­fäl­lig bei ei­nem Ge­spräch mit Hein­rich Hom­ber­ger, dem Schrift­stel­ler und Dich­ter, der mir vom Hau­se Gu­er­rie­ri her be­freun­det war und der sich ent­setz­te, als er er­fuhr, dass die­ser Ab­grund auch nach mir den Ra­chen auf­tat. Sei­nem freund­schaft­li­chen Zu­spruch und schnel­lem Ein­grei­fen ge­lang es – ob­wohl ich mich in mei­ner Ein­falt schäm­te, dem er­schüt­ter­ten Ge­bäu­de der spe­ku­la­ti­ven Phi­lo­so­phie noch eine, wenn auch klei­ne, Stüt­ze weg­zu­neh­men –, das Mei­ne noch eben vor dem Ein­sturz un­ver­sehrt her­aus­zu­ret­ten. In An­be­tracht mei­ner Uner­fah­ren­heit und großen Ab­nei­gung, von Geld über­haupt zu spre­chen, konn­te man die­sen Aus­gang als einen wun­der­haf­ten an­se­hen, um so mehr, als ich noch hat­te zu dem mir pein­li­chen Schrit­te über­re­det wer­den müs­sen. Die Rück­zah­lung des Gel­des fiel ge­ra­de mit Ed­gars Ent­schluss zum Haus­kauf und mit der Ab­wei­sung, die er aus Stutt­gart er­fah­ren hat­te, zu­sam­men; da ließ ich mich leicht für sei­nen Vor­schlag ge­win­nen, durch zins­lo­se Über­las­sung des Be­trags gleich­be­rech­tig­te Mit­be­sit­ze­rin der Vil­li­na zu wer­den. Ich sah ja, sein Herz hing an dem Hau­se, und wor­an das sei­ne, dar­an hing auch das Herz der Mut­ter. Wir be­sich­tig­ten zu­sam­men die Räu­me: das Ober­ge­schoss mit der lan­gen Ve­ran­da, hin­ter der eine Rei­he großer, hel­ler, schön­ge­schnit­te­ner Zim­mer lag, war von un­auf­dring­li­cher Vor­nehm­heit und für einen Arzt wie ge­schaf­fen; im Erd­ge­schoss, das mir ge­hö­ren soll­te, wa­ren je­doch die Räu­me schlecht ver­teilt und er­man­gel­ten zu­meist des Lich­tes. Nur ein vor­tre­ten­der Gar­ten­sa­lon zur rech­ten Hand mit ho­hen Gla­stü­ren, über zwei Stu­fen er­höht, er­füll­te mei­ne Er­war­tung, soll­te je­doch we­gen der Nähe der Kü­che auch zum ge­mein­sa­men Spei­se­zim­mer für die Fa­mi­lie die­nen. Hin­ter der lan­gen Glas­hal­le des Mit­tel­stücks, die der dar­über lie­gen­den Ve­ran­da ent­sprach, lag ein großer Saal von glei­cher Län­ge, schön ge­formt, aber am Tage kaum zu ge­brau­chen, weil der ge­deck­te Raum da­vor ihm das Licht be­ein­träch­ti­ge. Mit ent­spre­chen­der Ein­rich­tung konn­te er je­doch ein herr­li­cher Empfangs­raum für abend­li­che Ge­sel­lig­keit wer­den. Im üb­ri­gen war schlecht für mich ge­sorgt: der lin­ke un­te­re Flü­gel ent­hielt nach der Gar­ten­sei­te nur zwei klei­ne Zim­mer, die wohl ur­sprüng­lich ei­nes ge­we­sen wa­ren, mit so un­ge­schick­ter Be­leuch­tung, dass das vor­de­re nur von ei­ner seit­lich ver­scho­be­nen Glas­tür nach dem Gar­ten, das an­sto­ßen­de von ei­nem in der Höhe an­ge­brach­ten vier­e­cki­gen Aus­schnitt Licht er­hielt. Da­hin­ter lag dann frei­lich noch ein großes Zim­mer, aber es hat­te sein Fens­ter ge­gen eine enge und lär­men­de Stra­ße, die Via San Ja­co­pi­no, denn die Vil­la war ein Eck­haus. Ich hat­te wohl mit Mama noch die zwei Zim­mer ei­nes Ober­stocks nach der Stra­ßen­sei­te zur Ver­fü­gung, der von dort sei­nen ei­ge­nen Ein­gang be­saß und mit der Gar­ten­vil­la nur durch eine frei­ste­hen­de Holz­trep­pe in Ver­bin­dung stand, aber die­se Räu­me hat­ten gleich­falls den Nach­teil des Lärms und Stra­ßen­staubs. Ein paar Mo­na­te spä­ter wur­de dann auch noch eine dar­über lie­gen­de, bis­her ver­mie­te­te Klein­woh­nung frei,

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