Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Sie riß die Tür auf. Ihre Hand tastete automatisch nach dem Lichtschalter. Gleißende Helligkeit blendete sie für einen Moment. Aus der Box, in der Fender untergebracht war, ertönte ein Durcheinander aus Schnauben und Wiehern. Dabei schlug das Pferd mit den Hufen gegen die Holzwand. Conny stürzte zu ihm.
»Fender, was ist mit dir?« rief sie angstvoll.
Der Hengst lag am Boden, krampfhafte Zuckungen gingen durch seinen Körper. Vor dem Maul stand weißer Schaum.
Das Madel zögerte. Es war nicht ungefährlich, in die Box zu gehen. Die wild um sich schlagenden Hufe konnten sie treffen und schwer verletzen.
Der Tierarzt! schoß es ihr durch den Kopf. Sie mußte sofort Dr. Hardlinger benachrichtigen. Und natürlich Florian Vilsharder.
Das Telefon befand sich in einem kleinen Raum, der innerhalb des Stalles abgetrennt worden war. Hier saßen die Reiter, Pferdeknechte und alle die, die etwas mit dem Stall zu tun hatten. Conny Beerlach wollte gerade dorthin eilen, als es schlagartig dunkel wurde. Die angehende Pferdewirtin blieb wie gelähmt stehen. Jemand hatte das Licht ausgemacht.
Wieder die Unbekannte, die sie schon einmal überfallen hatte?
Das Madel kam nicht mehr dazu, weiter darüber nachzudenken. Es wurde zu Boden gerissen.
»Ich hatte dich gewarnt«, zischte dieselbe Stimme, die sie schon einmal vernommen hatte. »Was jetzt kommt, hast du dir selber zuzuschreiben.«
Verzweifelt rang Conny mit der Unbekannten, die sie an den Boden preßte und dabei den Mund zuhielt. Sie tastete nach der Hand auf ihrem Gesicht und bekam den Unterarm zu fassen. Es gab ein Geräusch, als sie den Arm wegstieß und dabei ein Kettchen zerriß, das die andere am Handgelenk getragen hatte. Conny gelang es, sich herumzuwälzen und die schwere Last abzuwerfen.
Plötzlich war der Spuk vorbei.
Das Madel hörte Schritte, die sich rasch entfernten. Wie betäubt blieb es liegen, erst Fenders Wiehern rief Conny in die Wirklichkeit zurück. Das Armband hatte sie immer noch in der Hand. Automatisch steckte sie es in die Hosentasche und beeilte sich, Licht zu machen. Dann lief sie zum Telefon. Hastig wählte sie die Nummer des Tierarztes. Trotz der späten Stunde war Dr. Hardlinger bereit, sofort zu kommen. Dann benachrichtigte Conny über die hauseigene Leitung Michael und Florian Vilsharder. Die beiden Männer kamen umgehend in den Stall. Sie beruhigten das Madel, das unter einem Schock stand. Conny zitterte am ganzen Körper. Hatte sie bisher auch einen kühlen Kopf bewahrt und die richtigen Schritte unternommen, so löste sich jetzt doch allmählich die ganze innere Anspannung und ließ sie im Nachhinein über das Geschehene schaudern. Erst als der Tierarzt auf den Hof fuhr, beruhigte sie sich etwas.
Dr. Hardlinger handelte sofort. In einem günstigen Moment sprangen Vater und Sohn Vilsharder in die Box. Fender hatte sich etwas beruhigt, so daß die beiden Männer die Beine des Hengstes halten konnten. Der Tierarzt gab ihm eine Spritze, die die Krämpfe lockern sollte. Conny kletterte ebenfalls in die Box und hockte sich neben Fenders Kopf. Unter ihren beruhigenden Worten schien es ihm nach kurzer Zeit besserzugehen.
»Was kann es denn gewesen sein, das diese fürchterlichen Krämpfe ausgelöst hat?« fragte Michael Vilsharder den Tierarzt.
»Da kann alles Mögliche in Frage kommen«, entgegnete Dr. Hardlinger. »Angefangen beim falschen Futter bis hin zu einem Gift, das Fender gefressen haben könnte.«
Gift!
Dieses Wort brannte sich in Conny ein. Jemand hatte versucht, Fender zu vergiften. Durfte sie da noch länger schweigen? Bisher war sie versucht gewesen, die Sache alleine durchzustehen. Sie war sogar bereit, mit Rob Schluß zu machen, um den Hengst zu schützen. Doch jetzt sah es aus, als würde die Unbekannte, die sie mit ihrem Haß verfolgte, jederzeit und noch härter zuschlagen. Dieser Haß mußte so groß sein, daß sie auch nicht davor zurückschreckte, sich an einem wehrlosen Tier zu vergreifen. Conny Beerlach ahnte, daß sie es nicht alleine schaffen konnte. Sie mußte sich offenbaren. Zumindest teilweise. Von Rob würde sie vorerst noch nichts erzählen.
*
»Das ist ja ein dolles Ding! Mensch, Madel, warum hast’ net gleich gesagt, daß dich eine Unbekannte bedroht?«
Michael Vilsharder schüttelte den Kopf. Sie saßen in dem Raum hinter dem Stall, und der Chef des Reiterhofes hatte auf den Schrecken hin erst einmal eine Runde Enzian ausgegeben.
»Du weißt, daß du durch dein Schweigen net nur dich, sondern auch Fender in Gefahr gebracht hast«, sagte Florian.
»Ich weiß«, nickte Conny. »Und es tut mir auch leid.«
»Schon gut«, wiegelte Florians Vater ab. »Der Hengst wird’s überstehen. Aber mit der Unbekannten, die dich überfallen hat, da müssen wir uns was einfallen lassen.«
»Am besten wird’s sein, wenn wir abwechselnd Wache halten. Wenn sie wieder zuschlägt, schnappen wir sie uns«, sagte der junge Pferdewirt.
»Schauen S’ mal, was ich gefunden hab’«, unterbrach der Tierarzt ihn.
Dr. Hardlinger hatte noch einmal nach Fender gesehen und kam jetzt zurück. In der Hand hielt er eine Pralinenschachtel.
»Likörpralinen. Die Attentäterin hat den Hengst die ganze Schachtel leerfressen lassen. Kein Wunder, daß es ihm so schlecht ging. Die Schachtel lag unter dem Stroh in Fenders Box.«
»Na, ich werd’ gleich am Morgen Max Trenker anrufen«, sagte Michael Vilsharder. »Vielleicht sind ja Fingerabdrücke auf der Schachtel.«
Er gähnte und schaute auf die Uhr.
»Schon drei. Es wird Zeit, daß wir noch eine Mütze Schlaf bekommen«, meinte er.
»Ich bleib bei Fender«, sagte Conny in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
»Na schön«, willigte ihr Chef ein. »Ich glaub net, daß die Unbekannte heut’ nacht noch einmal zurückkommt. Und der Hengst wird auch ruhiger sein, wenn du bei ihm bist.«
Das Pferd stand ruhig in seiner Box, als Conny mit einer Decke unter dem Arm hineinging. Sie schüttete etwas von dem Stroh auf dem Boden zurecht und baute damit ein Bett. Sie legte sich hin und zog die Decke über sich. Das große Licht im Stall hatte sie ausgeschaltet, aber neben ihrem Strohbett stand ein Handscheinwerfer.
In Gedanken ließ sie noch einmal alles Revue passieren, und plötzlich fiel ihr etwas ein, das sie in der ganzen Aufregung vergessen hatte. In ihrer Hosentasche steckte immer noch das Armband, das die Attentäterin während des Zweikampfes verloren hatte.
Conny holte es hervor und schaltete den Handscheinwerfer ein. In seinem Licht betrachtete sie das Kettchen genauer. Es war aus Gold und hatte in der Mitte eine schmale Platte mit einer Gravur darauf.
Das Madel bekam einen trockenen Hals, und ihr Herz klopfte rasend schnell, als sie die Widmung las.
In Liebe, Rob! stand darauf.
*
Als Nikki die Augen aufschlug, schien die Sonne in ihr Zimmer. Das Madel sprang aus dem Bett. Endlich Sonntag, dachte sie, der einzige Tag, an dem sie mit dem Papi frühstücken konnte. Sie freute sich die ganze Woche darauf. Natürlich