SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York. Ronald Malfi

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York - Ronald Malfi страница 14

Автор:
Серия:
Издательство:
SHAMROCK ALLEY - In den Gassen von New York - Ronald  Malfi

Скачать книгу

am Bett war der Urinbeutel mit dem Katheter befestigt, dazu ein Gewirr farbiger, ins Nirgendwo führende Drähte und ein hörbar atmender Kunststoffzylinder. All diese Gerätschaften funktionierten nicht lautlos – sie summten und piepten und sirrten und zischten und rasselten. Und in letzter Konsequenz waren sie lebendiger als der Mann, den sie am Leben erhielten.

      Für lange Zeit blieb John an der Tür stehen und beobachtete das Zimmer und seinen einzigen Bewohner mit passiver Distanz. Für einen Moment überlegte er, die Uhr des alten Mannes aufzuziehen – etwas an ihrem Ruhezustand irritierte ihn – musste aber feststellen, dass er nicht imstande war, sich zu bewegen, dass er sich nicht dazu bringen konnte, seine Augen von der steifen Topografie der Bettdecke seines Vaters zu lösen. Dass dieser alte Mann – dass sein Vater – auf diese Weise hier lag, fühlte sich unendlich traurig an.

      Er beschwor das gesunde Gesicht seines Vaters herauf, wie es gewesen war, bevor das Zauberkunststück der Krebserkrankung und die Magie des Todes seine Lebendigkeit verdorben hatten. Er sah ihn, wie fast alle Jungen ihre Väter sehen – groß und nachdenklich, dunkel und rätselhaft, im Besitz aller Dinge, die stark und mächtig und übermenschlich sind. Ein kleines Haus in einem armseligen Stadtviertel von Brooklyn mit abgewetzten Teppichen und rostigen Hämmern und Schraubenziehern in jeder Küchenschublade. Ein Baseballschläger und schlammige Turnschuhe auf der Terrasse. Ein Zuhause ohne Mutter, in dem die Abwesenheit dieser essenziellen weiblichen Energie wie etwas Physisches an jeder Wand, jedem Bett, jedem gewaschenen und ungewaschenen Kleidungsstück klebte; in dem der einzige Beweis, dass die Mutter jemals existiert hatte, ein Schwarz-Weiß-Foto am Ende der Treppe war, nur wenige Schritte von seinem eigenen Zimmer entfernt. Auf dem Foto lag eine Frau mit blasser Haut auf einem grasbewachsenen Hügel im Central Park, mit einem koketten Lächeln, das an ihren Mundwinkeln zog. Er sah, wie sein Vater durch die Hintertür in die Küche kam, Gesicht und Hemd mit Ruß bedeckt, die Stiefel schlammig, und als er sich einen frischen Kaffee machte, sagte er: »Das war ein Feuer heute Nacht, Johnny. Die Flammen sind bis hoch in den Himmel geschlagen.« Und John stellte sich die Flammen vor wie Wolkenkratzer, die sich in einem grellen Schauspiel in die Nacht brannten.

      Der alte Mann bewegte sich.

      »Dad«, sagte John.

      Es dauerte ein paar Minuten, bis das Bewusstsein des alten Mannes die Oberhand gewann.

      Als sich seine Augen öffneten, war für den Bruchteil einer Sekunde eine Verwirrtheit in seinem Blick, die fast kindlich wirkte. Seine rauen Hände wanderten über den Stoff der Bettdecke. Er sah aus wie jemand, der gerade wieder zum Leben erweckt wurde.

      »Dad«, wiederholte er.

      »Johnny.« Das Wort kam schleifend und unbequem aus seinem Mund und war langgezogen bis zur Unverständlichkeit. Der alte Mann fuhr sich mit der Zunge über seine rissigen Lippen und gab sich Mühe, klarer zu sprechen. »Du bist hier.«

      »Geht es dir gut?« Er blieb im Türrahmen stehen. Mit feuchter Hand schob er sich die Haare aus dem Gesicht.

      »Ist es spät?«

      »Spät? Nein, Dad. Brauchst du etwas? Ich kann eine Krankenschwester holen.«

      »Keine Krankenschwester.«

      »Wasser?«

      »Nichts.« Er vermochte kaum seine Augen offenzuhalten. Eine Nebenwirkung des Morphiums. »Katie, sie ist …«

      »Sie ist hier gewesen«, sagte John schnell.

      »Sie ist … okay?«, beendete der alte Mann den Satz.

      »Äh, na klar. Ja, Dad, ihr geht es wirklich gut. Alles in Ordnung.«

      »Aus dem Baby wird einmal ein Boxer.«

      »Ist das so?«

      »Habe zwei Nächte hintereinander davon geträumt. Das bedeutet etwas, nicht wahr? Groß, ein starker Schwergewichtler. Wart's nur ab. Jetzt komm schon in das gottverdammte Zimmer, John.«

      Er betrat den Raum und ging schnell zum Tisch neben dem Bett seines Vaters. Um sich mit irgendetwas zu beschäftigen, nahm John die Taschenuhr und begann sie aufzuziehen. Er war so nah, dass er den Atem des alten Mannes rasseln hörte. Es war ein Geräusch der Verdammnis, ergänzt um den Geruch des nahenden Todes.

      »Du passt auf dich auf?«

      »Ja, Dad.«

      »Im Dienst …«

      »Ja.«

      »Hm. Du siehst gar nicht gut aus. Zu müde. Ich sehe dir an, dass du nicht genug schläfst. Schlaf ist wichtig. Du arbeitest zu lange und zu den falschen Zeiten. Gesund ist das nicht. Du solltest mehr schlafen.«

      »Es gibt viel zu tun«, versuchte John eine Erklärung. Und bereute sie sogleich.

      »Was du jetzt tun solltest, ist Zeit zu Hause zu verbringen. Das ist wichtig.«

      John legte die Uhr wieder auf den Nachttisch. »Hat sich Katie bei dir über mich beschwert?«, fragte er nur halb im Scherz.

      »Sie schmuggelt mir dein Abendessen herein, wenn du nicht zum Essen nach Hause gekommen bist. Kannst ruhig weiter so machen. Sie ist eine gute Köchin.« Der alte Mann lächelte, was die Krähenfüße an seinen Augen mit ihrer dünnen, faltigen und zerklüfteten Haut besonders sichtbar machte.

      John starrte auf das Kruzifix auf dem Nachttisch. Er konnte spüren, wie die Augen des Vaters auf ihm lagen. Das Morphium hatte nicht alle Sinne des alten Mannes betäubt. Wieder fühlte er sich wie ein Kind unter dem vor allen Wettern und Stürmen schützenden Schirm, der der Schatten seines Vaters war.

      »Das Baby wird bald da sein«, sagte der Vater. In seiner Stimme lag jetzt eine gewisse Schwere. »Du musst darüber nachdenken, was zu tun ist.« Nach einem Zögern fügte er hinzu: »Mit deinem Job.«

      »Dad«, sagte er und rieb sich den Nacken, während er seinen Kopf nach hinten streckte. »Wir haben so oft darüber geredet …«

      »Deine Arbeit … so kannst du kein Kind großziehen.«

      »Du hast es auch so gemacht.«

      »Du kannst es besser machen als ich.«

      »Mein Job hat nichts damit zu tun, wer ich zu Hause bin«, sagte er.

      Stille befiel das Zimmer. Eine gefühlte Ewigkeit stand John da, ohne ein Wort zu sagen, und fühlte sich wieder wie der unfähige kleine Junge, als der er sich im Angesicht seines Vaters immer gefühlt hatte.

      »Du musst nicht herkommen«, sagte sein Vater nach einer Weile mit einer Stimme, die so sehr sein altes Selbst war, dass sie John frösteln ließ. »Wenn du zu beschäftigt bist, verstehe ich das. Die Ärzte und Schwestern hier sind gut. Sie behalten mich im Auge. Du musst nicht kommen, wenn du zu beschäftigt bist.«

      »Erzähl keinen Quatsch.«

      »Du weißt, was ich meine. Du musst dich um deine Angelegenheiten kümmern, statt dir um einen alten Dummkopf in einem verdammten Krankenhaus Sorgen zu machen.«

      »Hör auf.«

      »Ich will nur, dass du weißt, dass ich Verständnis dafür habe.«

      »Sei

Скачать книгу